Vergesslichkeit oder die Sache mit der Ordnung
Geschrieben am 5. Oktober 2008 von KPBaumgardt
Wo die Regelmäßigkeit der Mahlzeiten ein Problem ist, ist vermutlich auch die Ordnung ein Problem. Jedenfalls: Irgend etwas ist nicht in Ordnung, wenn jemand unfreiwillig übergewichtig ist.
Das Messietum oder die Zerstreutheit ist hier bereits Thema gewesen, auch „ADHS vs. Depression“ und individuelles und gesellschaftliches Aufmerksamkeitsdefizit.
Unordnung könnte sich als Folge von Aufschieberitis (Prokrastination) erklären lassen – aus einem „will ich später wegräumen“ ergibt sich schnell ein Liegen-Lassen, und dadurch die Unordnung. So gesehen, kann die Unordnung eine Folge der falschen Zeiteinteilung angesehen werden; wird der Rhythmus nicht eingehalten, folgt die Dissonanz: Das Butterbrot ist zum Beispiel schon längst gegessen, aber die Butter steht noch auf der Arbeitsfläche und verhindert weiteres Wirken, oder ist einfach nur ein unharmonischer Eindruck.
Man könnte natürlich auch von mangelnder Aufmerksamkeit sprechen und nach „Hilfe bei ADHS“ suchen.
Hier stoßen wir schnell auf Werbung für Psychopharmaka:
ADHS – emotionale Stabilität statt Achterbahn der Gefühle
soll wohl das Wesen der Krankheit erklären und der Hinweis
Allgemein bekannt ist die Darstellung des Krankheitsbildes als „Zappelphilipp“, den der Frankfurter Arzt Heinrich Hoffmann 1845 sehr anschaulich im „Struwwelpeter“ beschrieb.
– dieser Hinweis soll uns vollends in die ärztliche Sprechstunde treiben und motivieren, um eine entsprechende Verordnung zu bitten. Nur – für Heinrich Hoffmann gab es auch noch den ungepflegten Struwelpeter, den bitterbösen Friederich mit der Peitsche, Paulinchen mit dem Feuerzeug, Ludewig, Kaspar und Wilhelm mit Fähnchen, Brezel und Reif, den verschlafenen Jäger, den ungehorsamen Daumenlutscher, Suppenkasper, Zappelphillip, Hans-Guck-in-die-Luft, den fliegenden Robert.
Allemal waren ihm Verwahrlosung, Sadismus, Pyromanie, Fremdenfeindlichkeit, Nachlässigkeit, Selbstbefriedigung/symbolische Kastration, Anorexie, erhöhter Bewegungsdrang und Ungehorsam, Unaufmerksamkeit und Missachtung von Gefahren praktisch bekannt und galten als erzieherisch beeinflussbare Phänomene.
Der Zappelphilipp kann schließlich – systemisch betrachtet – auch als familiärer Symptomträger gelten. In aller Ruhe hören wir uns darum die Geschichte an, und stellen fest: Er ist nicht gestörter als all die Anderen, bei denen – die Folgen zeigen es – etwas „nicht in Ordnung“ ist.
Sicher, Hoffmann hat mit Norm, Verängstigung, Moral und „Gewissensbildung“ gearbeitet. Aber er hat den Eltern auch nicht gesagt, dass sie kein Vorbild sein und einfach nur ein paar Pillen kaufen müssen.
„Mit Feuer spielt man nicht“, „längliche Metallgegenstände gehören nicht in die Steckdose“ und andere Regeln sollten nun mal verinnerlicht sein.
Was die Ordnung betrifft, sehnt so mancher Messie sich ja vielleicht nach ihr. In unserem Zusammenhang – einem einfachen Diätkurs – können wir leider keine komplette Ordnungsschulung durchführen.
Höchstens Ansätze bieten: Etwa den, bei der Zeiteinteilung auch Zeiten für das Aufräumen zu berücksichtigen. Die Ordnung im Kühlschrank – auch dieses Kapitel soll noch kommen.
Die Gefühle auf der Achterbahn; ein auf und ab von Wollen, Erwartungen und Versagen, Vorwärts und Rückwärts, Anziehung und Abstoßung: Das tritt ein, wenn Regeln und Orientierung fehlt, wenn nicht klar ist, was geht und was nicht geht, was erlaubt ist und was verboten, wo und wie es weitergeht.
Über Ordnung als Gegensatz von Chaos und Beliebigkeit wurde hier schon gesprochen, der Wert der Ordnung also herausgearbeitet.
Nun noch von System, Struktur (nach Kant: „Lage und Verbindung der Teile eines nach einheitlichem Zweck sich bildenden Organismus“) und Gestalt zu reden – das verschieben wir dann lieber doch noch einmal…
Abgelegt unter: abnehmen-systematisch, Gesundheit, Selbsthilfe | 4 Kommentare »
Frische Kommentare