Weight-Watchers-Zahlungsunfähigkeit und Suppenfasten
Geschrieben am 11. Mai 2025 von KPBaumgardt
Wenn Einer beim Anderen nix Gutes erkennt und wenn er die Geschäftszahlen des Anderen als Beleg für das “selbstverschuldete Scheitern” des Anderen nimmt, verkennt er die Realität der deutschen Geschäftsgründungen, die zu 90 Prozent scheitern, hauptsächlich, weil die Marktlücken klein und selten sind und die Konkurrenz groß ist. Schlagzeilen wie “ABNEHMEN – SO BRINGT ES DICH UM!” dokumentieren nicht das nötige Quantum an Rationalität, sondern – in der Diätenindustrie – das Geltungsbedürfnis der AutorInnen und Coaches.
Wird es nun noch nachhaltig und fleischarm, tritt ein ähnlicher Effekt wie bei manchen Hochglanzprospekten ein: Das Normale wird banal, Interesse entsteht für das unerreichbare Prestigeobjekt. Aufklärung zu Ernährung, Lebensstil und Gesundheit will offiziell niemand ausbremsen, beschleunigt wird hier aber auch nicht viel.
„Den Einfluss der Gemeinschaft auf uns soziale Wesen wie auch unser Einfluss auf die Gesellschaft ist weniger untersucht, als er es verdiente – das sollte uns jedoch nicht „zorniger, wütender oder trauriger machen“ als die Sache es wert ist. Zur Debatte steht der gesunde gegenseitige Umgang, das “Miteinander”. Es ist nicht gut, dass der Mensch alleine sei, und besonders nicht, daß er alleine arbeite; vielmehr bedarf er der Teilnahme und Anregung, wenn etwas gelingen soll.“
Quelle: Goethe, J. W., Gespräche. Mit Johann Peter Eckermann, 7. März 1830
Es ist demnach nicht unwahrscheinlich, dass jemand mit dem Versuch, ein Problem alleine und ohne Hilfe zu lösen, scheitert. Scheitern kann man auch mit Hilfe, mit einer “nur-so-Hilfe”, aber auch mit schlechten Vorbildern.
Auch große Organisationen können scheitern – Weight-Watchers haben gerade ihre Zahlungsunfähigkeit bekanntgegeben, die Zeiten des Abnehmens nach Punkten sind also vorbei.
Abnehm-Pillen und -Spritzen, neue Apps, modifizierte Fasten-Konzepte, modernere Essenspläne sind nun mal auch gratis zu bekommen – und dass Motivation immer noch vom Erfolg auf der Waage abhängt, können auch die Weight-Watchers nicht ändern.
Das emotionale Essen wird, von früheren Traumen befeuert, seine traurige Bedeutung behalten, wenn nicht tiefere Einsichten folgen.
Die Qualität der (Gemeinschafts-)Verpflegung zu erhalten und zu verbessern, wäre eigentlich eine Gemeinschaftsaufgabe – in Bremer KITAS werden gerade die “Frischküchen” geschlossen, weil das ein paar Euro spart – wenn diese Förderung von Lebensmittel-Caterern auch dem Kita-Betriebsklima nicht guttut und die Kids vom denkbar ursprünglichsten Bildungsweg ausschließt.
Die Frage, ob Erzieher’Innen gemeinsam mit den Kids und dienstlich am Mittagsmahl teilnehmen sollen, oder ob sie privat teilnehmen dürfen hat schon so manches Kleinteam gesprengt, und selten kommt die verborgene Komponente “Wunschgewicht” auf die Tagesordnung.
Wie erfolgreich die ww-Punkte-ZählerInnen durchschnittlich und objektiv erfolgreich waren, wird sich nicht mehr belegen lassen, und dabei könnte es sein, dass die Feinst-Verarbeitung unserer Kost mehr in Richtung Übergewicht steuert als die reine Kalorienzahl.

Den Einfluss der Gemeinschaft auf uns soziale Wesen wie auch unser Einfluss auf die Gesellschaft ist weniger untersucht, als er es verdiente – das sollte uns jedoch nicht „zorniger, wütender oder trauriger machen“ als die Sache es wert ist. Zur Debatte steht der gesunde gegenseitige Umgang, das „Miteinander“.„Es ist nicht gut, dass der Mensch alleine sei, und besonders nicht, daß er alleine arbeite; vielmehr bedarf er der Teilnahme und Anregung, wenn etwas gelingen soll.“
Dass eine eigene KITA-Küche ausbaufähige positive Aspekte mit sich bringt, die wir unterstützen und den Kids und dem Personal gönnen sollten ist aber eine Sichtweise, die von den „entscheidungsbefugten Laien“ nicht geteilt wird.
Die Vorlieben bei der Ernährung sind ohnehin breit gestreut und subtil manipuliert. Letztlich geht es beim Essen um Sicherheit und Geborgenheit – im folgenden Artikel um den Suppenfasten-Effekt ;-).
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