Geschrieben am 18. Juli 2008 von KPBaumgardt
Irgendwo ganz weit weg liegt Shangri-La, Ort der Glückseligkeit, an den die Deutschen bereits 1936 Expeditionen sandten – es hätte ja ein „Paradies von Übermenschen“ sein können.
Der Ort wurde Namensgeber für die „Shangri-La Diät“, die im Herbst 2007 in unseren Landen von sich reden machte und für die übliche Irritation sorgte.
Die Shangli La Diät sei mit geringen Kosten verbunden und ungefährlich. Während der Shangli La Diät solle man täglich zweimal einen Esslöffel Zucker in Wasser auflösen und trinken. Alternativ dürfe es auch ein Löffel Pflanzenöl sein. Danach, so wurde versprochen, hätten Heißhungerattacken keine weitere Chance und auch die Mahlzeiten fielen kleiner aus.
Der einzige „Beleg“ für die „Wirksamkeit“ der Shangri La Diät:
Seth Roberts behauptet, er hätte die Shangri-La Diät an sich selbst ausprobiert und es hätte funktioniert. „Ich musste während der Diät nicht ständig ans Essen denken, hatte weniger Hunger und nahm so natürlich ab.“ Wer Zweifel hat, solle es selbst ausprobieren. Abnehmwillige haben oft schon so viele „Diäterfahrungen“, dass eine („garantiert unschädliche“) mehr auch nicht schaden könne.
Fast zuviel des Guten ist da auch ein Artikel in der NZZ:
Roberts geht davon aus, dass der Körper lernte, einen bestimmten Geschmack mit einem bestimmten Nährwert zu verbinden. Je geschmackvoller ein kalorienreiches Nahrungsmittel, desto leichter entsteht diese Verbindung – und desto schneller wird in der Folge der Sollwert für den Fettanteil nach oben verschoben. Auf diese Weise wird heute, in einer Welt aus Hamburgern und Pommes frites, ständig mehr Hunger erzeugt.
Tja – wer das jetzt nicht versteht, hat ein Problem: Soll man zugeben, nichts verstanden zu haben oder lieber gar nichts zum Phänomen Shangri-La sagen?
Oder sich so wie in der Schule verhalten, und erst mal nachbeten, was unverständlich bleibt?:
„Das Zuckerwasser bzw Öl wird vom Gehirn als geschmacksneutral registriert. Trotzdem sinkt der Sollwert. Genaueres steht im Buch“
Aber tatsächlich ist diese „Argumentation“ ungefähr so nach- vollziehbar wie die Ergänzung der Körperbiologie durch homöopathisch verdünnte Salze:
Man bekommt ein Mittel an die Hand und ein, zwei Vorschriften – wer daran glaubt, darf sich der Wirksamkeit des Placebo-Effekts erfreuen. Wer mag, stellt einen Zusammenhang zur Studie des Einradfahrers Shuster her…
Für diese Aussage brauche ich keinen Selbstversuch und keine Studie. Es ist, wie bei jeder „Diät„:
Es kommt darauf an, was man daraus macht. Am Rande bemerkt sei nur, dass es Schilderungen vorgeblicher „Selbstversuche“ gibt, die den Regeln der „Shangrila-Diät“ vollkommen widersprechen:
Da wurde das Zuckerwasser mit zugehaltener Nase heruntergekippt – Eigentlich sollte es langsam, über eine halbe Stunde verteilt, aufgenommen werden, um einen „Insulinschock“ zu vermeiden.
Zu untersuchen, was Roberts geschrieben hat, dürfte vergleichbar sein mit der Besprechung von Carrs „Endlich Wunschgewicht„: Hier geht es nicht um einen wissenschaftlichen Diskurs, sondern um die Suggestion, wie man sich zu verhalten hat.
Funktioniert die Suggestion, ist das Buch wirksam. Tut sie es nicht, muss man seinen eigenen Verstand bemühen.
Scheinbar hat die Suggestion in weiten Teilen bereits gewirkt: Niemandem ist aufgefallen, dass ein Glas Zuckerwasser keinesfalls geschacklos, sondern süß schmeckt, und ein Esslöffel Öl, über eine halbe Stunde zu sich genommen, das Mundgefühl nachhaltig verändert.
Das sind doch durchaus Sinnesreize, die mit einem „Sinn“ verbunden werden und die Suggestion: „Jetzt tue ich etwas für mich“ begleiten und – manchmal – verstärken.
Neuere Studien stehen noch aus – wir können nach Belieben neue Diäten erfinden, oder Studien über den Zusammenhang von diesem, jenem und Gewichtsabnahme erstellen – ein Anfang ist mit der „Ideal-Diät“ bereits gemacht. Ein wenig Feintuning noch – dann ist sie fertig!.
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