Diät als Euphemismus und warum Abnehmen ohne „fressnet“ nichts wird
Geschrieben am 9. September 2007 von KPBaumgardt
So mancher Blog-Beitrag ist im weitesten Sinne eine Assoziationskette: Das kann mit „Diät“ anfangen. Wenn dann der zweite Einfall „Euphemismus“ ist, wäre das natürlich zu erklären: „Diät“ gehört zur Kategorie der
„Wörter oder Formulierungen, die einen Sachverhalt beschönigend, verhüllend oder verschleiernd darstellen.“
Das Wort „Diät“ ist eine Beschönigung in Hinblick auf das, was unterm Deckmäntelchen der Diät betrieben wird – Nahrungsmittelrestriktion, Dauervorschriften befolgen und übertreten im Wechsel, und ein großes Geschäft für „Scharlatane“, die „Dummköpfen“ ein X für ein U vormachen.
Eine sprachkritische Definition von „Diät“ lautet also:
Diät, die:
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Essstörung.
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Das eigene Fleisch kasteien, um den Fettanteil zu verringern. Vermutlich stammt dieser Brauch noch aus der urgeschichtlichen kannibalischen Phase der Menschheit und diente dazu, den eigenen Wohlgeschmack und die allgemeine Bekömmlichkeit zu erhöhen.
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Sich dünne machen.
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Billigere Gezeit der Fresssucht.
Somit ist enthült, wie sehr das Wort „Diät“ in einer beschönigenden Form verwendet wird,
vergleichbar einem „Entsorgungspark“, der nach dem Motto „aus den Augen, aus dem Sinn“ sprachlich recht nahe an einem Holiday-Park, von der Sache her aber unter- und oberirdisch vor sich herstrahlend die Sorgen lediglich sprachlich versteckt (eine Gemeinsamkeit mit der „Freistellung“ von Arbeitnehmern, deren Sorgen von der Befreiung von Arbeit so wenig gemindert werden wie die Übergewichtiger durch die „Diät“).
Dennoch gibt es Parks, in denen man sich wohl fühlt, im Idealfall öffentliche Räume, die – durch die abwechlungsreiche, naturnahe Gestaltung, heiter und sorglos stimmen.
Wir dürfen Parks auch weiterhin als Parks bezeichnen, wenn auch die Atomlobby unseren Sprachgebrauch steuern möchte. Welche Lobby im Fall von „Diät“ zugeschlagen hat, überlasse ich dem Urteil meiner Leser. Vielleicht gibt es hier auch nur einen kollektiven Denkfehler. Worin der bestehen dürfte, möchte ich im Folgenden ausführen:
Nach der ursprünglichen, eigentlichen Bedeutung ist „Diät“ nichts, das zu Sorgen führen müsste, und nichts, das sich nur auf die Ernährung bezieht, nach dem heutigen Sprachgebrauch kaum noch „ein Leben nach ärztlicher Vorschrift“, sondern ein Quatsch.
Ein „Leben ohne Diät“ als Ideal ist also nur sinnvoll, wenn wir uns dem allgemeinen, euphemistischen Sprachgebrauch anpassen – das lässt sich nicht immer umgehen, verursacht aber Kopf- oder Bauchschmerzen.
Allzu schnell ist die falsche Ernährung als das Grundübel ausgemacht, und der Zusammenhang eines Diätbereichs mit anderen Bereichen wird wegisoliert, ausgeklammert.
Nun noch, abschließend, einige Sätze zur zweiten Hälfte der Überschrift: Kultiviert leben (und essen), gesundheitsbewusst leben: Dafür soll „Fressnet“ im weitesten Sinne stehen.
Unter „Diät“ ist nicht zu verstehen, was daraus gemacht worden ist, sondern, was es ursprünglich bedeutet: Eine gesunde Lebensweise. Da es ungesund ist, an dem Ast, auf dem man sitzt, zu sägen, ist die auch nachhaltig.
Dass ich nicht dazu neige, ein „Leben ohne Diät“ zu propagieren, sondern eher zu der Aussage tendiere: „Kein Leben ohne Diät“, bedingt, dass ich das Buch von Horst Klier, auf das hier hinzuweisen ist, nur bedingt empfehlen kann:
Der Unterschied zwischen industriell hergestellter mit Farb-, Appetit-, Konsitenz- und Haltbarkeitsverstärkern und „ursprünglicher“ Nahrung ist natürlich riesig.
Was die Verwendung des Diätbegriffes betrifft, bin ich jedoch unzufrieden – und kann auch keine Patentlösung anbieten. Zwar habe ich auch schon selbst einen „sieben-Wochen-Diätplan“ erstellt – jedoch eher unter dem Aspekt, die Machbarkeit einer Ernährungsumstellung exemplarisch darzustellen.
Eine ausgewogene Lebensführung beinhaltet z.B. auch gesunde Strategien, mit Stress umzugehen, mit überhöhten Anforderungen, mit überzogenen oder untertriebenen Erwartungen.
(K)ein Leben ohne Diät – Dass das eine der Gegensatz des Anderen ist, aufgrund sprachlicher, semantischer/semiotischer Probleme, erscheint merkwürdig, ist aber auch nicht dramatisch: Hauptsache, man versteht, wie es gemeint ist.
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