Abnehmen beginnt im Kopf

… und ist nur eine Frage des Willens. Man muss also nur den berühmt-berüchtigten Schalter im Gehirn umlegen und denkt sich fortan schlank.

So ähnlich denken hierzulande 95 Prozent der Bevölkerung; bei Nachfrage kommen noch Ergänzungen wie

„allerdings braucht es noch Bewegung und Sport“, „einen starken Willen und Disziplin“, der Wunsch nach „Unterstützung durch den Partner“, die Aufforderung, „Ursachenforschung“ zu betreiben, „sich und seinen Körper zu schätzen und zu lieben wie er im Moment ist“, der nicht so beliebte Hinweis, das Essen oder Naschen könne ja auch eine Sucht sein – und rätselhafte Sätze wie „Nicht nur das Abnehmen, auch das Leben beginnt im Kopf“.

Schließlich fordern viele vom Kopf, sich für eine (bestimmte) Diät zu entscheiden und diese einzuhalten: „Den dauerhaften Erfolg hat man … nur, wenn man seine Ernährungsgewohnheiten Schritt für Schritt ändert. Das heißt, dass Sie Ihre Ernährung auf eine fettnormalisierte, kohlenhydratliberalisierte und ballaststoffreiche Kost umstellen sollten.“ Das lässt sich auch kürzer und besser formulieren, etwa mit der Empfehlung für eine vollwertige Ernährung.

Wir können diese These vom Abnehmen, das im Kopf beginnt, einmal „beim Wort nehmen“ und fragen, wie viel Energie denn das Gehirn braucht.

Der Kalorienbedarf des Gehirns liegt bei etwa 500 Kilokalorien, das entspricht etwa 130 Gramm Zucker pro Tag.
“ … graue Zellen von Dichtern und Denkern verbrauchen … ungleich weniger Energie als die … Muskeln der Holzfäller oder Bauarbeiter. Also: Intensives Denken braucht etwas mehr Energie als Nichtstun. Dieses Plus fällt aber nicht ins Gewicht.“

Kopf
Es könnte dennoch sein, dass intensives Denken sich lohnt (und ein wirklicher Denker macht sich über das Abnehmen die wenigsten Gedanken):

Wir brauchen auch einmal Abstand zu den eingefahrenen Denkgewohnheiten. Schließlich sind es selten bestimmte Gedanken, sondern bestimmte Gefühle, die Hunger und Sättigung regulieren:
Von der Evolution her betrachtet, sind die ersten Organismen wohl die Einzeller gewesen, die im Wesentlichen eine Zellhülle, einen Zellkern, einen „Eingang“, einen „Verdauungstrakt“ und einen „Ausgang“ haben.
Unser Gehirn ist im wesentlichen eine Weiterentwicklung des „Darmgehirns“, das selbst wiederum eine Weiterentwicklung erfahren hat: Darmzellen sind in der Lage, Tausende von Substanzen zu unterscheiden, um die entsprechenden Reaktionen einzuleiten, Giftstoffe durchzuschleusen, bei anderen Stoffen die erforderlichen Enzyme anzufordern, um sie verwertbar zu machen usw. .
Das Darmgehirn arbeitet vollkommen autonom, ohne Kopfsteuerung.

„Der Mensch denkt, der Bauch lenkt.“

Wir rechnen die Aussage „Das Abnehmen beginnt im Kopf“ also zu den Diätmythen. Damit ist nicht gesagt, dass die Aussage keine Wahrheit besäße, sondern lediglich, dass wir sie recht eingehend untersuchen müssen.

Nachtrag:

Bei niederen Organismen käme kein Mensch auf die Idee, dass die Regulation der Ernährung im Gehirn stattfände, und es gibt auch keine Überernährung.

Unsereins ist – „vom Kopf her“ – mit seinen Gedanken beschäftigt, und die wiederum werden von den Gefühlen beeinflusst: Es ist unmöglich, glücklich zu sein, wenn körperliche Schmerzen das Empfinden beherrschen, und ähnlich verhält es sich mit seelischen Unpässlichkeiten und Qualen.
Wir leiden unter Mangelzuständen (zum Beispiel Sehnsüchten), die sich unbewusst als Langeweile äußern können, leiden unter dem Gefühl der Unzulänglichkeit. Essen kann unter diesen Umständen zum Reflex geworden sein, der gar nicht mehr vom bewussten Denken gesteuert wird.

Was im Kopf beginne mag, ist eine Einsicht: Dass es so nicht mehr weitergehen kann und darf, und sich etwas ändern muss, wenn es anders werden soll. ,

„Nur wer sein Ziel kennt, findet den Weg.“

Laozi

Ob wir einen ausgeglichenen Gefühlshaushalt oder ein „Gemüt in Balance“ anstreben, ist das Gleiche, aber das Entscheidende. Die Emotionen werden indes nicht im Gehirn „produziert“, aber im Körper lokalisiert: Etwa, wenn uns eine Laus über die Leber gelaufen ist.
„Der Kopf“ (also der Verstand, den wir haben, weil wir vernunftbegabt sind) soll dann reagieren und das Beste aus der Situation machen.  Es kommt darauf an, nicht vor der Situation zu kapitulieren und Lösungen zu finden, die die Gefühle wieder regulieren.
Ohne Nachdenken ist „Essen“ immer wieder eine einfache Lösung: Es besänftigt und stellt ruhig.


Kreativität

Ein schöpferischer Mensch ist von seinem Werk geradezu besessen – derart, dass er für Gedanken wie „Ich muss jetzt etwas essen, um meinen Frust zu überwinden“ gar keine Zeit hat.
Essen aus Langeweile wird für ihn auch nicht in Frage kommen.
Das begonnene Bild, Buch, die Töpferarbeit, was auch immer – der schöperische Prozess ist heilsam.
Frustgedanken verschwinden, werden einfach unerheblich. Enttäuschende Beziehungen – pah.
„Der Kopf“ verarbeitet Eindrücke, Wissen, Erfahrungen, Gefühle – und macht etwas Neues daraus, holt sich von da seine Energie.

Kreatives Denken erlaubt keine Wiederholung des immer Gleichen, setzt auf neuartige Lösungen. Noch mehr lösungsorientiert ist das strategische Denken.

Ein „kühler Kopf“ wird auch keine utopischen Lösungen fordern, sondern letztlich den Weg des geringsten Widerstands gehen, um seine Ziele zu erreichen. Er weiß, dass „Abnehmen“ mehr ein Nebeneffekt ist, als das eigentliche Ziel, weiß aber zumindest, in welche Richtung „es“ gehen muss.
Notfalls Auch  nutzt der Kopf  sein kreatives Potential, um eine gesunde Mahlzeit auf den Tisch zu bringen.

Das Gehirn („den Kopf“)  fördern und fordern

Wenn Abnehmen im Kopf beginnen soll, kann dieser Vorgang auch gefördert werden:

… es ist längst nicht nur unser Körper, der unter Bewegungsmangel leidet, auch unserem Geist wird so Schaden zugefügt. Steigert doch bereits ein langer Spaziergang die regionale Gehirndurchblutung je nach Intensität zwischen 10 und 30 Prozent und Bewegung im Allgemeinen die Zahl der Nervenzellen merklich. Es sind also sämtliche Strukturen unseres Körpers vom Knorpel bis hin zum Gehirn, denen wir durch zu viel Bequemlichkeit und Komfort erheblich schaden. Denn ohne Belastung degeneriert unser Körper! Es sind schon geringe und seltene Reize bei Untrainierten, die notwendig sind, um erste Erfolge zu verzeichnen, Trainierte dagegen brauchen häufigere und intensivere Reize. Doch Aktivsein lohnt sich – denn wer sich keine Zeit für Bewegung nimmt, wird sich schon bald ganz viel Zeit für Krankheiten nehmen müssen. (Quelle)

Narzissmus und Diät
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5 Kommentare zu “Abnehmen beginnt im Kopf”

  1. […] der Rückschau auf einen Artikel mit der Überschrift “Abnehmen beginnt im Kopf” tauchte wieder der Satz “Der Mensch denkt, der Bauch lenkt” als eine noch zu […]

  2. […] dem Motto “Das Abnehmen beginnt im Kopf” gilt es, diesen […]

  3. […] tun, um dieses Bedürfnis (?) loszuwerden, ist in diesem Zusammenhang sicherlich angebracht. Der Kalorienbedarf des Gehirns, der nicht zu unterschätzen ist,  unterliegt einer komplizierten […]

  4. […] wichtig: Dein attraktives Wohlfühlgewicht liegt nur eine Erkenntnis weit von dir entfernt: Schlanksein beginnt im Kopf! Und zeigt sich dann im […]

  5. […] dürfte eine schlicht falsche Darstellung sein: Das Gehirn verbraucht im Ruhezustand und bei Belastung ungefähr gleich viel. Ein Gehirn, das in […]

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