Fernsehen und Abnehmen – das beißt sich noch
Geschrieben am 14. April 2010 von KPBaumgardt
“Ich habe bisher noch von keiner Diät gehört, die hält, was sie verspricht” – sagt Ingolf Bauer in der Anmoderation zum SWR-Beitrag: “Der Kopf entscheidet, ob wir abnehmen”. Dementsprechend
wird “die Psyche” im Fernsehbeitrag stärker berücksichtig – angeblich.
Tatsächlich kennt die Verhaltenstherapie, wie sie hier befürwortet wird, die Psyche im eigentlichen Sinne gar nicht; unter “Psychotherapie” wird eher Konditionierung als Beziehungsarbeit verstanden, ein teilnehmendes sich-einlassen auf die kindlichen Anteile im Übergewichtigen, ein echter zwischenmenschlicher Dialog: Fehlanzeige.
Zwar wird die Trostfunktion des Essens und seelische Dauerbelastung als Grund fürs Vielessen eingeräumt, und auch chronischer Stress, psychische Traumatisierung, Frust und Depression werden genannt – nur wird von hier aus allzu schnell die Verbindung zum veränderten Hirnstoffwechsel gezogen, und damit sind die Themen auch schon “abgehakt”.
Wenn es in der Folge nur noch darum geht, schlechte, gelernte Gewohnheiten wieder zu verlernen, bleiben Trauma, Frustration, Depression und Dauerbelastung außen vor, oder werden unter den Teppich gekehrt.
“In Belastungssituationen bekommt das Gehirn Probleme, seinen Energiebedarf aus den vorhandenen Körperreserven zu decken”.
Das dürfte eine schlicht falsche Darstellung sein: Das Gehirn verbraucht im Ruhezustand und bei Belastung ungefähr gleich viel. Ein Gehirn, das in Stress-Situationen Hungerhormone ausschüttet, könnte auch so zu erklären sein, dass es über den Ess-Impuls indirekt ein Fluchtverhalten, aus der belastenden Situation heraus, auslösen will.
“Wenn ich dieses seelische Verlangen habe, dann muss ich mich entscheiden, diesem Verlangen nicht nachzugeben”,
sagte Doris Wolf im Beitrag, und bezog sich unter anderem auf Gummibärchen. Frau Wolf, die eher mager wirkt, sollte wissen, welch’ seelisches Verlangen nach Befriedigung drängen kann. Das Gummibärchen-Verlangen könnte auch ein Ersatzverlangen sein, das nach einer Ersatzbefriedigung drängt.
Was Psychisches Verlangen ist, wissen wir oder erfahren es, wenn wir uns über die Namensgeberin, Psyche, informieren. Die bewegte sich im Spannungsfeld von neidischen Geschwistern, Amor, Libido und Olymp, und denkt nicht im Traum daran, auf irgendetwas zu verzichten, wegen dem Abnehmen.
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