Abnehmen, und worauf es ankommt: Sonderheft des UGB

“Ausbildung und Weiterbildung für Berater in Vollwert-Ernährung” ist der Titel der Startseite des Vereins für Unabhängige Gesundheitsberatung (UGB), und das Heft

“UGB-Forum spezial
Abnehmen – worauf es ankommt”

soll hier vorgestellt werden.

Meine Zustimmung hat das Heft bereits mit der Einleitung und dem Vorwort gefunden:

“Den Königsweg zum Abnehmen gibt es wohl nicht”. 

Und Summa Summarum

muss die Energiezufuhr sinken und der Energieverbrauch durch Bewegung steigen. Und fast wichtiger als das Abnehmen an sich ist, dass man aufhört, ständig ans Essen und die Waage zu denken, sondern ein ungezwungenes, gesundes Essverhalten findet. … Zu ein paar Pfunden mehr sollte man gerade in der zweiten Lebenshälfte ruhig stehen, denn das ist gesünder und realistischer”.

Mit den Gedanken an Essen, Waage und Idealvorstellungen allerdings sind viele Diäterfahrene derart in einer langjährigen Diätfalle verstrickt, dass die entscheidende Frage “Wie komme ich hier wieder heraus?” lauten müsste.

Die Themen des Hefts –

  • Was heißt hier zu dick?
  • Low-carb- und GLYX-Diäten: Weniger Kohlenhydrate – weniger Kilos?
  • GI – Ein Schlüssel zum Idealgewicht?
  • Schlank im Schlaf – bringt´s die Insulin-Trennkost?
  • Das Anti-Diät-Prinzip
  • Mit Fasten gelingt das Abnehmen
  • Sinn und Unsinn von Diäten
  • Das Abnehmprogramm "Genuss ohne Reue"
  • Ein dicker Bauch riskiert Diabetes
  • Gewicht halten mit Bewegung: Wenig Aufwand – große Wirkung
  • Abnehmen in Gruppen: Gemeinsam leichter

entsprechen dem, was man üblicherweise von einem “Abnehm-Special” erwartet.

Wir finden hier die Einteilung des idealen Body-Mass-Index nach Alter wieder, die von vielen Medien immer noch ignoriert wird. Bei der Vorstellung der diversen Diäten bleibt der Tenor scheinbar wohlwollend-neutral; “Vielen wird es … schwer fallen, diese Kost über einen längeren Zeitraum durchzuhalten” (Dr. Christiana Gerbracht zu SIS) lese ich persönlich jedoch als “taugt nur für die Wenigsten”.

Was das Fasten betrifft, vermisse ich bei der UGB klare Hinweise, wann das Fasten kontrainduziert ist; nicht immer gelingt das Abnehmen mit Fasten auf die lange Sicht. Aber irgendwie habe ich gelernt, dass Fasten und Fasten nicht das Gleiche ist; genauer gesagt: Fasten ist etwas anderes als Hungern.
Beispiele, in denen “die Sache mit dem Fasten” schief gelaufen sind, und die “schmierige” Werbung mancher Fasten-Kurs-Anbieter haben bei mir bisher für tiefe und tiefste Skepsis gesorgt.

Der Kern des Problems: “… wer Gewicht verlieren will, muss sich auch mit seinen Gefühlen auseinandersetzen” wird mit dem Anti-Diät-Prinzip” beschrieben. Das Blöde am “Anti-Diät-Prinzip” ist, dass es eigentlich “Anti-Diäten-Prinzip” heißen müsste, wollte man den Begriff “Diät” in seiner eigentlichen Bedeutung: “Gesunde Lebensweise” weiterhin ganzheitlich nutzen.
Ein gesundes Verständnis von Diätetik zu fordern ist wohl ähnlich aussichtsreich wie der Kampf gegen die Flügel einer Windmühle…
Dass Susie Orbach als Psychoanalytikerin zum tiefenpsychologischen Verständnis der Adipositas wesentlich beigetragen hätte, kann ich nicht sehen. Immerhin hat sie die männliche  Hälfte der Menschheit ausgeklammert, gleichzeitig die Vermischung von männlich und weiblich (prinzipiell weitgehend bisexuelle Veranlagung des Menschen bei erziehungsbedingtem Rollenerwerb) außen vor gelassen und auch die narzisstische Komponente nicht beim Namen genannt:
Den (nicht eingelösten) Anspruch auf bedingungslose Liebe, das Liebe-verdienen im doppelten Wortsinn von Anfang an und den ersatzweisen Rückzug auf die Selbstliebe, die zur Selbstzerstörung führen kann.
Das ändert ja nichts daran, dass immer noch – und mehr und mehr – überzogene Schönheitsideale und doofe Diätvorschriften (deshalb in den USA jetzt der Begriff “Fad Diet”) für viel Leid sorgen.

Schmerzlich vermisst habe ich einen perspektivischen Blick auf die Rolle der Selbsthilfe bei Übergewicht. Aber das ist verständlich: Wie sollten idealgewichtige, natürlich schlanke ErnährungsberaterInnen auch auf dieses Thema kommen?
Vielleicht durch die Frage aus der Rubrik “Chancen und Entwicklungen, für die man sich engagieren sollte”, wie viele Referenten wohl gebraucht werden, wenn es ein ausgebautes Netz von Selbsthilfegruppen gibt.

Das Heft ist sorgfältig redigiert, enthält auch viele interessante Kurzmeldungen und Wichtiges zu Sport und Bewegung. Gerade beim Thema Sport und Bewegung ist wohl in der Bevölkerung ein Wissensdefizit (oder auch Praxis-Defizit) zu bemängeln…

Wer langjährig übergewichtig ist und nicht von selbst weiterkommt, braucht Methoden, die helfen, aus der Falle herauszukommen. Die Umstellung der Ernährung hin zu gesunder Nahrung ist dabei so wichtig wie die kluge Wahl der Menge(n).
Die Portionsdiät ist leider erst nach Erscheinen des Heftes herausgekommen – wie die  UGB sie ansonsten bewertet hätte, kann von hier aus nicht gesagt werden.

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3 Kommentare zu “Abnehmen, und worauf es ankommt: Sonderheft des UGB”

  1. Hallo,
    einer der Kernaussagen, dass Abnehmen nur funktionieren kann wenn die Psyche mitspielt, kann ich vollends zustimmen.
    Die meisten Diätprogramme beinhaltet keine mentale oder problemorientierte Komponente, wobei die Arbeit an sich selber eine der wichtigsten Komponenten zum Erfolg zwingend darstellt. Ich glaube auch das solch ein Heft sicherlich nur dann funktionieren kann wenn andere Dinge im Leben bereits wieder stimmen ?! Guter Artikel…
    Gruß
    Dennis

  2. Hi, Dennis,

    Jetzt hast Du ganz viel auf einmal angesprochen:
    Psyche,
    Geist,
    Konflikte, Konfliktlösung,
    das Selbst,
    den Verstand.

    Alles psychologische Kategorien, und nach einer verbreiteten Lehrmeinung „hängt“ es beim Menschen, wenn der Affekt sozusagen eingeklemmt ist, Gefühle nicht „fließen“ oder die „Lebensenergie stockt“. Nun, das sind alles Umschreibungen für Situationen, die es gibt.
    „Seelische Störungen“ können wieder zu Denkstörungen führen, und zu Verhaltensstörungen. Aber auch von der Körperseite her entwickeln sich „gestörte“ Gefühle, wie jedes Schmerzerleben zeigt.

    Und bei Übergewicht ist der eigene Verstand fassungslos und kann die Vorgänghe nicht fassen/verstehen!

    Diäten helfen dem Verstand nicht viel, weil sie meist selbst irrational sind. Oder die Essbedürfnisse gesteigert, und der Bewegungsdrang gebremst…

    Also, wo ansetzen?

    Bis zu „Portionsdiät“ hast Du auch nicht weiter gelesen?

  3. […] braucht erst einmal einen gewissen Überblick, um auch aktuelle Publikationen auswerten zu können; Informationen lassen sich auf Twitter oder in der News-Suche unter den […]

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