Das Salz, der Bluthochdruck, mangelhafte Studien und nasse Socken
Geschrieben am 21. Juli 2009 von KPBaumgardt
Erwachsene, die mit der Nahrung weniger Kochsalz zu sich nehmen, können tatsächlich ihren Blutdruck mittelfristig etwas senken. Das ist das Ergebnis einer Meta-Studie des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). (Quelle) Bild: Dawn Endico cc
Ob Menschen mit dauerhaft erhöhtem Blutdruck auf diese Weise auch langfristig das Risiko für Folgeerkrankungen vermindern können oder weniger blutdrucksenkende Medikamente einnehmen müssen, bleibt laut IQWiG allerdings offen.
Schaut man dann in die Kurzfassung der Studie, findet sich versteckt aber diplomatisch-deutlich die Kritik am Quellenmaterial:
Insgesamt konnte nicht von einer uneingeschränkt hinreichenden methodischen Qualität sämtlicher Primärstudien ausgegangen werden.
Und die schließliche Aussage zum Verhältnis von Salz und Bluthochdruck:
„Die verfügbaren Daten lassen keine Aussagen zu Folgekomplikationen zu“, erklären die Autoren. Die Untersuchungen hätten jedoch durchgehend gezeigt, dass eine verminderte Kochsalzzufuhr helfen kann, den Blutdruck zu senken: „Die systolischen Werte sanken innerhalb von bis zu einem Jahr um durchschnittlich 3,6 bis 8 mmHg, die diastolischen Werte um durchschnittlich rund 2 bis 3 mmHg“, so das IQWiG. Dies gelte im Wesentlichen für Patienten, die keine zusätzlichen blutdrucksenkenden Medikamente einnahmen.
Das heißt, die eigentlich interessante Frage, ob chronische Bluthochdruckpatienten durch Einschränkung des Salzverbrauchs etwas positives tun können, ist im Wesentlichen unbeantwortet geblieben – wahrscheinlich nutzt es “nicht viel”, am Salz zu sparen.
Dann fand sich noch ein diskussionswürdiger Kommentar:
Kochsalz
Nach meinen Erfahrungen als holistische Gesundheitsberaterin kommt es nicht auf die Menge Salz an, die verzehrt wird, sondern auf die Qualität des Salzes.
Das, was 98% aller Bürger zu sich nehmen ist minderwertiges Salz, ohne jegliche Inhaltstoffe, das fast nur noch aus Rieselhilfen und sonstigen Zusatzstoffen besteht. Wird dieses Haushaltssalz gegen ein hochwertiges, unbehandeltes Salz ausgetauscht, hat der Körper jedoch ein hohes gesundheitliches Nutzen, da dieses Salz alle ursprünglichen Elemente besitzt.
Bluthochdruck hat mit einem hochwertigen Salz keine Chance.
Ob das jetzt die reine Wahrheit ist? Die interessantere Frage ist es allemal: Was hat die Rieselhilfe mit dem Bluthochdruck zu tun? Welche geschmacklichen Unterschiede gibt es zwischen “gutem” und “schlechtem” Salz?
Recht schnell finden sich auch weitere Hintergrundinformationen zum Salzverbrauch:
Während ein Sollwert von 6 Gramm pro Tag nicht überschritten werden sollte, liegt der tatsächliche tägliche Verbrauch bei etwa bei 12 – 14 Gramm. Es ist eine Tatsache, dass Kochsalz in den vergangenen Jahrtausenden regional sehr ungleichmäßig verfügbar war. Während es an der Küste in reichlicher Menge zur Verfügung stand, war es im Inland so rar, dass es mit Gold aufgewogen wurde. So stellte für breite Bevölkerungsschichten Kochsalz früher eine kostbare und begehrte Rarität dar. Aus diesem Grund gibt es in unserer Bevölkerung ca. 30% Menschen, die auf die übermäßige Kochsalzzufuhr mit Blutdruckerhöhung reagieren.
Andererseits ist Salz das Gewürz schlechthin. Selbst Süßspeisen werden geschmacklich abgerundet, wenn man ihnen Salz zusetzt. Der früher häufig bestehende Salzmangel scheint bewirkt zu haben, dass sich ein Sättigungsgefühl für zu viel Salz nicht entwickelt hat.
Beim Salz – wie beim Zucker – gibt es Gewöhnungseffekte, die zu einer einschleichenden Überdosierung führen; auch vom Geschmack her gilt eigentlich: “Weniger ist mehr”.
Bei der Kali-und Salzindustrie sieht man es so:
Die immer wieder ausgesprochene Empfehlung für die Allgemeinbevölkerung, den Salzverzehr auf 6 g/Tag zu beschränken, ist wissenschaftlich äußerst umstritten. Der durchschnittliche Salzverzehr liegt in Deutschland mit 8 g/Tag genau zwischen dem empfohlenen Wert von 6 g/Tag und der Obergrenze von 10 g/Tag, so dass es in Deutschland für die gesunde Allgemeinbevölkerung kein Salzproblem gibt.
In besonderen Fällen wie zum Beispiel bei Alten, Schwangeren, Spitzensportlern u.a. kann es unter Umständen zu einem Salzmangel mit einhergehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen kommen. Lediglich bei salzsensiblen Hypertonikern und Personen mit Nierenerkrankungen ist ein Salzüberschuss problematisch.
Bei Bluthochdruck hilft Abnehmen
Die Empfehlung, bei Bluthochdruck (Hypertonie) wenig Salz zu essen, stammt … aus den 50er Jahren. Man entdeckte damals, dass ein Indianerstamm in Brasilien sich völlig salzfrei ernährte und Bluthochdruck dort überhaupt nicht vorkam. Aus dieser Feststellung leiteten Forscher die These ab, dass Salzverzicht den Blutdruck senkt.
Andererseits sind beim Bluthochdruck viele Lebenseinflüsse von Bedeutung; selbst so genannte salzsensitive Patienten könnten ihren Blutdruck etwa durch Abnehmen wesentlich stärker senken als durch salzarme Ernährung.
Die These, dass Salz den Blutdruck erhöht, erklären Mediziner damit, dass Salz Wasser bindet. Wenn mehr Salz im Blut ist, steigt dadurch auch das Blutvolumen und drückt stärker auf die Wände der Blutgefäße. Der Hypertonie-Experte Walter Zidek von der Charité in Berlin erklärt: „Wenn man auf Salz verzichtet, nimmt die Flüssigkeitsmenge in den Gefäßen ab, und damit sinkt auch der Druck.“
Wie viel Salz braucht der Mensch?
Verstecktes Salz macht Verzicht schwer
„Kochsalz-Restriktion bringt auf jeden Fall etwas, sie ist nur schwer zu realisieren“, sagt der Arzt. Menschen in Deutschland konsumierten heute im Schnitt 15 Gramm Kochsalz pro Tag – in der Steinzeit sei es weniger als ein Gramm gewesen. „Da ist eine Rückführung ins Normale sinnvoll. Was wir machen, ist nämlich nicht normal“, sagt Zidek, nach dessen Schätzungen 50 Prozent der Bluthochdruck-Patienten salzsensitiv sind. (Quelle)
Die “Salzsensivität” macht sich dadurch bemerkbar, dass die Nieren das Salz “zurückhalten”, statt es gleich auszuscheiden. Das ist wohl recht oft der Fall, nicht nur bei Bluthochdruck.
Es kommt also – immer wieder einmal – auf den Einzelfall an, viele Menschen sind sich ähnlich, aber keiner ist gleich wie der Andere.
Die Diskussion “Salz und Bluthochdruck” kann man also führen – nur sollte man nicht sagen: Salzverzicht bringt nichts, und Bluthochdruck kann man damit nicht bekämpfen.
Natürlich gibt es noch einige andere Therapien gegen Bluthochdruck – aber welcher Hausarzt macht sich die Mühre, dieses Geflecht von ineinandergreifenden Maßnahmen mit dem Patienten zu besprechen?
Auf der Ernährungsseite wäre wohl zu nennen:
… seien zusammenfassend noch einmal einige Nahrungsmittel mit Inhaltsstoffen genannt, die für die Blutdruckregulierung vorteilhaft sind:
Magnesiumreich sind z.B. Nüsse, Sonnenblumenkerne, Weizenvollkorn und grünes Blattgemüse; kaliumreich sind weiße Bohnen, Linsen, Bananen, alle Gemüsesorten und Obstsäfte; antioxidantienreich sind Brokkoli, Grünkohl, Beeren, Kakaobohnen etc. Bezüglich der Öle ist zu sagen, dass besonders einfach ungesättigte Fettsäuren, wie z.B. die hierbei das Speiseöl erster Wahl. Auch Zwiebelgewächse, insbesondere der Bärlauch, haben blutdrucksenkende Effekte.
Auch aus der Kneipp-Medizin kommen Tipps:
Hier ist eine ganze Reihe regulierender Kneipp-Anwendungen nützlich. Wechseln Sie ab. Es sind Waschungen, kaltes Armbad oder Armguss (nicht bei Angina pectoris). Sauna ist ebenfalls eine gute Massnahme, nicht aber bei sehr hohem Blutdruck. Als blutdrucksenkende Anwendung ist der Knie- oder Schenkelguss, das Wassertreten, nasse Socken oder 1x wöchentlich der Lendenwickel zu empfehlen.
Auf Ernährung und Gewicht achten, Atem- und Entspannungsübungen, leichter Sport und genügend Ruhepausen sind ebenfalls angezeigt.
Informationen über weitere physikalische Therapien sind nur schwer aufzufinden – aber die kann man ja auch nicht in der Apotheke verkaufen.
Hier noch der Link zu einem ZEIT-Artikel zum gleichen Thema.
..
Weitere Artikel:
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Salz, Salzmühle, Salzfass, Esskultur
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