Zu wenig Adipositas-Chirurgie in Deutschland?
Geschrieben am 30. Juli 2009 von KPBaumgardt
Unter ökonomischen Gesichtspunkten wollte eine ARD-Plus-Minus-Sendung die Adipositas-Chirurgie betrachten:
Eine Investition die sich lohnt
Die Adipositas-Operation kostet 5000 bis 10.000 Euro. In Frage kommt sie für extrem Fettleibige mit einem Bodymass-Index über 40. Das sind mehr als eine Million Deutsche. Kurzfristig ein großer Ausgabeposten. Langfristig aber kostengünstiger, weiß Gesundheitsökonom Sauerland: „Bei diesen krankhaft Fettleibigen sind durch das enorme Ausmaß des Übergewichts eine ganze Reihe von Folgeerkrankungen vorprogrammiert. Diese Erkrankungen, gerade Diabetes, kosten in der Summe Milliarden von Euro.
Gerade mal zwei Fallbeispiele wurden vorgestellt, darunter auch eine Psychotherapeutin (?), die nach der OP wieder arbeiten konnte…
Und, ein wenig polemisch:
Deutschland: ein Entwicklungsland?
Constanze Liesches gesetzliche Krankenkasse, die AOK, lehnte den Antrag ab. Kein Kommentar. Dabei ist dies kein Einzelfall. Für den Ernährungsmediziner Winckler ist das trauriger Alltag. Ausgerechnet in Deutschland, mit den meisten Einwohnern und den meisten Fettleibigen in ganz Europa, gibt es die wenigsten Adipositas-Operationen, 1580 im Jahr 2006. In Österreich kommen auf zehnmal weniger Einwohner fast genauso viele Operationen: Selbst in der kleinen Schweiz operiert man pro Jahr 1284 mal. Und in Frankreich sogar zwölf Mal so oft wie bei uns.
Über Erfolge operativer Behandlungsmethoden forscht Gesundheitsökonom Stefan Sauerland. Dass schwer Übergewichtige hierzulande so selten operiert werden, hält er auch ökonomisch für falsch: „Langfristig führt die geringe Akzeptanz der Adipositaschirurgie dazu, dass wir in Deutschland im Gesundheitswesen sicherlich in einigen Bereichen Geld verschwenden.“ (Quelle)
Ein einigermassen populäres Beispiel dafür, dass es auch ohne Operation geht, lieferte dieser Tage Reiner Calmud.
Ähnlich berühmt und in Blogger-Kreisen bestens bekannt: Das Beispiel der Balschuweits 😉
Die Forderung nach mehr Adiposiats-Chirurgie beruht anscheinend auf einer soliden Unkenntnis der Ursachen des Übergewichts: Binge-Eating (anfallsartiger Nahrungsmittelkonsum) und andere Hintergründe (etwa Depressionen) sind nicht so leicht zu diagnostizieren und zu therapieren.
Über die Folgen und Nebenwirkungen der Adipositas-Chirurgie wird herzlich wenig berichtet. Was uns zu denken geben sollte: Gerade im Bereich der Adipositas-Selbsthilfe gibt es (einige) Gruppen, oft in einem Krankenhaus beheimatet, manchmal von einem eingetragenen Verein organisiert, der wiederum vom Chef-Chirurgen gegründet wurde.
Dort gibt es dann Informationen und Hilfestellungen, was Formulare und Anträge betrifft. Aber wenig zu den sogenannten “konservativen Therapien”, und vor allem wenig, was diese verbessern würde.
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