Magenband oder psychosomatische Behandlung?

Ein Artikel von Wolfram Schüffel an der Klinik für Psychosomatik an der Marburger Philipps-Universität ließ sich kürzlich nur noch im Cache der Suchmaschine finden. Warum es offenbar vom Server genommen wurde – darüber möchte ich nicht spekulieren.

Indirekt handelte der Artikel auch von der geradezu unglaublichen Autorität, die heute die Fachleute umgibt, was m.E. damit zusammenhängt, dass die Eltern ihre Autorität abgegeben haben.
Mit den Eltern hätten die ehemaligen Kinder, die Jugendlichen und jungen Erwachsenen, sich noch auseinandersetzen können, die Fachleute haben die für eine Diskussion, vertiefendes Nachfragen nötige Zeit, gar nicht mehr übrig – wodurch es erschwert wird, sich eine eigene Meinung zu bilden. Was Fachleute – Ärzte, Berater, Apotheker und Andere – sagen, hat so schnell den Charakter eines unumstößlichen Urteils.
Diagnosen werden so zu Glaubenssätzen. Symptome, denen psychische Ursachen zugrunde liegen, werden isoliert und als Grundlage für Diagnosen genommen.
Der Marbuger Magenband-Fall demonstiert das recht eindringlich.

Ein Patient hatte fünf Jahre lang kontinuierlich zugenommen und wollte nur noch das erlösende Magenband.
Dass er daneben noch einen nicht so ganz verheilten Beinbruch, diverse Hautkrankheiten, sehr hohen Blutdruck und vor allem eine lähmende Depression hatte, stand für ihn nicht im Vordergrund.

Fünf Jahre lang hatte er allerdings auch nicht über den Tod seines einzigen Sohnes gesprochen, schon gar nicht mit seinem Arzt.

Der Sohn war bei einem Motorradunfall ums Leben gekommen, auf dem Motorrad, das der Patient seinem Sohn geschenkt hatte.

Wenn der Wunsch nach einem Magenband vorherrschend ist, ohne dass die „Konflikte“ des wirklichen Lebens, die traumatischen Ereignisse, angesprochen werden, kann eine psychosomatische Behandlung die Operation ersetzen.

Wer das Leben nicht mehr im Griff hat, und durch eine einschnürende Massnahme wieder das Essverhalten regulieren will, bei dem ist die normale Regulationauf jeden Fall aus dem Ruder gelaufen. Zu viel Leid oder zu viel Verwöhnung – beides kann gleich schädlich sein, wenn das wirkliche Interesse an der eigenen Person und der Umwelt schwindet.
Ob das in früheren Zeiten noch recht übliche Korsett auch heute wieder seine Dienste leisten könnte, um die Nahrungsaufnahme zu begrenzen?

Manche brauchen offenkundig ein Korsett, innerlich oder äußerlich, oder symbolisch in Form einer Uniform oder einer Berufung. Bilder vom Magenband gibt es zuhauf, aber nicht hier; Fressnet.de stellt vor: Die Alternative zum Magenband:

Statt Magenband

Sicherlich gibt es erotischere Varianten eines Korsetts, aber hier geht es nur um die medizinischen Aspekte.
Mehr zu den psychischen Ursache des Übergewichts findest Du im Artikel „Übergewicht und Psyche“ sowie im Blog unter der Rubrik „Psyche„.

Nachtrag:

Zu den Risikenund Nebenwirkungen, sprich Komplikationen, die bei einer OP auftreten können, ist die Aufklärung der Patienten vorgeschrieben.

Ob die behandelnden Ärzte auch immer in der Lage sind, Alternativen zur Magenbandoperation vorzuschlagen,darf bezweifelt werden.

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2 Kommentare zu “Magenband oder psychosomatische Behandlung?”

  1. […] Ob Magenschrittmacher, Magenband oder Vagus-Blocker: In keinem Fall werden die Ursachen angegegangen, die häufig im psychosomatischen Bereich liegen könnten. […]

  2. […] Magenband oder psychosomatische Behandlung? […]

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  • Sabrina: Schön, dass du bei der Bilanz dabei bist! Mit Spirulina und Algen zu experimentieren,...
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