Abnehmen und Gewohnheiten, Veränderungen und Konstanz

Wer welche Gewohnheiten ablegen will, lässt sich natürlich nicht pauschal sagen – es gibt Raucher, die den Aufstieg zum Nichtraucher schaffen wollen, Sesselhocker, die zu einem bewegteren Lebensstil wechseln wollen, und so weiter.

Da kann vermutlich jeder ein paar Stichworte zusammenbringen, und zum Beispiel auf einer orangen Karteikarte (oder einem Arbeitsblatt) notieren…

Sicherlich gehört das Naschen, das seine angenehmen und seine unangenehmen Seiten hat,  dazu. Der Sog einer angebrochenen Packung scheint enorm zu sein.

Es liegt auf der Hand, dass die angebrochene Packung desto schneller geleert wird, ja mehr sie in Griffweite ist. Deshalb erfolgt auch oft der Rat, sich nur eine kleine Portion – auf einem Teller – zurechtzulegen.
(Das wäre das Prinzip der Rationierung.)

Generell scheint es sinnvoll, die allzu verlockenden Dinge außer Sichtweite zu haben; im Schrank, nötigenfalls im Keller. (Abstand herstellen).

Wer zum Beispiel der Meinung ist, zu viel Kaffee zu trinken, wird gut daran tun, für Ersatz zu sorgen, weil der Flüssigkeitsbedarf ja doch bleibt.

Ein klares Nein hat auch schon manchmal geholfen in Situationen, wo sich der Abstand nicht ohne Weiteres herstellen lässt, wie Konferenzen, bei denen aus unerfindlichen Gründen Plätzchen auf dem Tisch stehen „müssen“.

Statt zu den Plätzchen zu greifen, kann man unauffällig unterm Tisch die Faust ballen, anspannen und entspannen, anschließend zum Beispiel zum Stift greifen, diesen um seine eigene Achse drehen, eine Notiz mit mehr oder weniger Sinn machen… (Ersatzhandlung).

Raucher, die schon bei kleinen Anlässen zur Zigarette greifen, könnten sich für solche Fälle einen symbolischen Aschenbecher zulegen, in den die zerrupften Notizzettel wandern.

Ein oder zwei Minuten an etwas anderes oder gar nichts zu denken, schafft auch Abstand – Entspannungstechniken, die hier hilfreich sind, kann man lernen.

Dehnungen und Lockerungsübungen zwischendurch kann man als (neue) Gewohnheit einführen, Räkeln, Dehen, strecken, gähnen sind wohl angeborene Verhaltensweisen, die man im Großraumbüro nicht so ohne weiteres zulässt, aber vielleicht in einer sozial angepassten Form.

Ein „Gut gemacht“ muss man sich schon einmal selbst sagen – das Belohnungszentrum reagiert ja nicht nur auf chemische Reize.

Beim Essen aus Frust, Langeweile oder als Trost gelten die oben genannten Punkte natürlich auch; hier kommt es ganz besonders auf den jeweiligen Einzelfall an, ob der Rat, die persönliche Kreativität auszubauen, auch immer der richtige ist, kann hier nicht beurteilt werden.
Die „Kreativität fördern“ muss ja nicht unbedingt heißen, die Phantasie als Phantasie zu beflügeln, sondern sollte öfters auch der Auseinandersetzung mit der Realität dienen.

Wichtig ist auch das Bewusstsein über solche Prozesse. Es gibt keine wirkliche Naschsucht, die Theorie einer oralen Phase, die man nicht so ohne weiteres verlassen kann, gibt es zwar nicht, aber Sigmund Freud hatte ja auch zeitlebens mit der Zigarre posiert – hier ist also kein gutes Vorbild, sondern eine Ausrede, die sich immer wieder findet:

Es gibt immer Leute, die schädliche Gewohnheiten beibehalten. Im Fall der Zigarre war es wohl das Narkotikum, das die Theoriebildung begleiten „musste“.

Was die „orale Phase“ und die Fixierung auf Nahrungsaufnahme während dieser Zeit betrifft, wäre noch anzumerken, dass nicht das Trinken, sondern das Atmen das primäre Lebenszeichen nach der Geburt ist – und das Beachten der Atmung ist auch ganz wesentlicher Teil bei alten und modernen Entspannungstechniken, die mit Stichworten wie „awareness“ verknüpft sind.

Der Säugling ist keine Fressmaschine, sondern von Anfang an fähig, über die Mimik und die Stimme seine Befindlichkeit mitzuteilen, und nicht hauptsächlich auf die Nahrung, sondern auf ein empathisches
Umfeld, Ansprache, Akzeptanz angewiesen.

Daran ändert sich sich bis ins hohe Alter nichts. Allerdings entwickelt sich zwischenzeitlich die Fähigkeit zum Aufschub der Bedürfnisbefriedigung.

Fatal wäre es unter Umständen, in einer voreiligen Missinterpretation der psychischen Phasen jemanden als „oralen Charakter“ einzustufen und zu sagen: „Daran lässt sich nichts ändern“. Und in Klammern: Freud hat ja auch bis zu seinem Tod geraucht.

Nein, Sublimierung geht anders, und Genussfähigkeit auch. Jedenfalls nicht nur übers „orale“.

Mehr zum Thema: Vom Verlust schlechter Gewohnheiten

Übersicht: Wunschgewicht in 28 Schritten

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