Nachhaltigkeit und Diät: Nachhaltige Ernährung
Geschrieben am 17. Juni 2010 von KPBaumgardt
Nachhaltigkeit wird oft ausschließlich in ökologischer Hinsicht interpretiert, zunehmend setzt sich aber die Auffassung durch, dass zumindest von einem „Drei-Säulen-Modell“ ausgegangen werden muss,
d.h. dass Nachhaltigkeit neben ökologischen auch ökonomische und soziale Dimensionen umfasst und diese in ihrem Zusammenwirken, aber auch in ihren Konflikten zu berücksichtigen sind. In letzter Zeit werden Stimmen laut, die zusätzlich die eigenständige Berücksichtigung institutioneller und kultureller Dimensionen fordern.
Dieses Zitat findet sich im Text
Karl-Michael Brunner (Institut für Allgemeine Soziologie und Wirtschaftssoziologie)
Konsumprozesse und Nachhaltigkeit: Sind unsere Ernährungsmuster zukunftsfähig? [Internet/Quelle]
Wie im Zitat gesagt: Manchmal wird auch gefordert, an die kulturelle Nachhaltigkeit zu denken. Damit wäre wohl das Bewahren alten Wissens, Bewahrung bewährter Werte und Lehren gemeint, im weiteren Sinne auch die geistige Nahrung.
Um es einmal brutal abzukürzen: Märchen, Mythen, religiöse und spirituelle Überlieferung gelten inzwischen als vorwissenschaftlich, und als wissenschaftlich gilt nur noch das zähl- und messbare, das positiv darstellbare, weshalb diese vorherrschende Denkrichtung auch Positivismus genannt wird.
Die Wurzeln des Denkens der Menschheit liegen in der Vergangenheit, wie manche meinen: “Hinter uns” sei also unbedeutend, vorbei und vergessen.
Diese Art zu denken schafft dann wiederum Fakten, und man muss sich mühsam bemühen, eine moderne Ernährungslehre zu schaffen, wo es eine zeitlose gäbe.
Die Texte von Jesus von Sirach etwa waren zwar “nur” ein Zufallsfund, sind aber eine nähere Betrachtung wert: Eigentlich ganz modern, wenn auch mehrere tausend Jahre alt.
Und es geht hier, im alten Text zur gesunden Lebensführung, zwar auch um die Ernährungslehre, aber weit darüber hinaus um soziale Beziehungen, Freundschaft, Partnerschaft – den psycho-sozialen Bereich.
Innerhalb der zuständigen (?) Religionswissenschaft werden sie nur am Rande mitgeführt und nicht eingehend betrachtet, vielleicht, weil sie nicht heilig und religiös genug sind, zu wenig religiösen Dogmen (da geht es ja gerne um Vorschriften, wo eigentlich Empfehlungen gegeben werden: “Du solltest…”) entsprechen.
Die Reihe vergessener Weisheiten ließe sich fortführen, weil solches Wissen nicht mehr verwertbar, nicht lohnend ist und als Müll, den es nicht zu recyceln lohnt, verstanden wird, die Philosophie ist recht eigentlich ausgestorben, vielleicht gibt es noch ein paar Inseln, auf denen sie heimlich gepflegt wird.
Die Menschheit in ihrem globalen Dorf hat die Dinge beschleunigt, die Wurzel gekappt und sich dem technischen und wirtschaftlichen “Fortschritt” verschrieben.
Das ist oft mit mehr Naturzerstörung als mit Naturbeherrschung einhergegangen, vielleicht auch mit mehr Selbstzerstörung als Selbstbeherrschung, hat viel Energie verbraucht und viel CO2 freigesetzt.
Insofern schien es notwendig, eine Definition für nachhaltige Ernährung zu finden:
Unter Bezugnahme auf bisherige Definitionsversuche (BUND/ Misereor 1996; Koerber/Kretschmer 1999) kann nachhaltige Ernährung folgendermaßen charakterisiert werden:
Reduktion des Fleischkonsums, Verwendung von Produkten aus ökologischer Landwirtschaft, Bevorzugung von gering verarbeiteten Lebensmitteln, wenig Verpackung, saisonale und regionale Produkte, Produkte aus sozialverträglicher Produktion. (Quelle s.o.)
Die Forderung nach “nachhaltiger Ernährung” ist wegen des hohen Ressourcenverbrauchs entstanden: So kann es jedenfalls nicht weitergehen:
„20% der Weltbevölkerung in den Industrieländern verbrauchen mehr als die Hälfte der bereitgestellten Energie, 84% allen produzierten Papiers und besitzen 87% aller PKW weltweit. Ein weiterhin hohes Verbrauchsniveau in den Industrieländern sowie ein steigender Verbrauch in den Entwicklungs- und Transformationsländern verstärken den Druck auf die Natur und schaffen damit ein wachsendes globales Konfliktpotential“ (Hauchler et al. 2000, 295).
Zwar ist die Forderung an die Industrieländer, weniger ressourcenintensive Konsummuster zu entwickeln, inzwischen weit verbreitet. Wie die Umsetzung dieser Forderung vor sich gehen soll, ist allerdings sehr unklar.
Sicherlich hat die Lebensmittelproduktion einen erheblichen Anteil am Ressourcenverbrauch (Landschaft, Energie u.A.), zentral ist die Ernährung (“Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen”) aber auch für den Lebensstil, die Lebensführung, die Identität der Menschen.
Was die Identität betrifft, hat es sich mit dem Überfluss einhergehend ergeben, dass, grob gesagt, die Hälfte der Bevölkerung mehr oder weniger eine Identität als “Dickbauch” entwickelt hat, was sicherlich keine bewusste Opposition zu den herrschenden Leitbildern darstellt.
Es gibt also mehrere Gründe, sich nach einer nachhaltigen Diät umzusehen: Viele sehnen sich danach, abzunehmen, wissen aber nicht wie und scheitern immer wieder; gleichzeitig ist das Welternährungsproblem noch zu lösen, und bei alledem soll an der Natur kein Raubbau betrieben werden.
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