Späte Einsicht zur Namensgebung.

“Fressnet.de” ist offenbar nur für Menschen mit der Begabung zur Selbstironie geeignet:

Wir Menschen fressen nicht. Wir essen. Egal wie unser Essverhalten ist, wir haben Essanfaelle, und keine Fressanfaelle.

Dieses Zitat aus dem “dicken Forum” musste jetzt einfach sein – wenn ich es schon gefunden habe, passt es doch irgendwie zu “Fressnet.de”.

Aber so ganz politisch korrekt ist das lakonische Motto wohl doch nicht, denn:

Esssuechtige sind Menschen, und sie haben eigentlich gar nichts verbrochen, ausser dass sie Essanfaelle bekommen. Das ist menschlich, und sollte auch so bezeichnet werden.

Also heißt es korrekt “Essanfall” und nicht “Fressanfall”, “Essnet” und nicht “Fressnet”. Damit wird Fresssucht zu Esssucht (wenn die zur Esslust verwandelt, sublimiert werden kann ist alles gut); es ist ja nicht so, dass ich diesen Begriff total ablehne. Schließlich sollte man auch einen Trinker nicht “Säufer” schimpfen.

Wir können aber auch – neutraler (???) – von der Essstörung sprechen, oder von einer Orientierungsstörung -  wer in Zeit, Raum und Gesellschaft orientiert ist, orientiert sich nicht am Kühlschrank.

“Fressnet” zu sagen, gehört sich nicht – das ist höchsten mal im freundschaftlichen Gespräch und in Hessen erlaubt. Zu spät: Jetzt hat das Kind seinen Namen schon seit Jahren. Und spürt ganz deutlich, wie oft es wegen diesem Namen abgelehnt wird. Als

Frechheit!

und Zumutung, sogar als “Hänselei” hat es kürzlich ein Bekannter empfunden. Da kann ich oft sagen, dass es ja nicht bös’ gemeint ist, es nützt nichts. Ist der Leser erst mal von dem Titel gekränkt, kommt er auch nicht wieder. Da nutzen auch schräge Witze nichts:

Die Fresssack-Wette

Der Freßsack … behauptet, er könne hintereinander zehn Würste und zehn Brötchen aufessen. Man schließt mit ihm eine Wette. Der Freßsack bringt es aber nur auf zehn Brötchen und neun Würste. Wütend stiert er das zehnte Würstchen an und nuschelt:
"Hätt ich dich doch zuerst gegessen, dann wäre die Wette gewonnen." (Quelle)

Also, es hilft nichts: Die Namenswahl war nicht so gut, war einfach Pech.
Aber gute Ratschläge verpuffen sowieso, wenn die “Ratsuchenden” keinen Rat annehmen wollen; ob mit oder ohne Ironie:

“Nichts Neues” und “weißichdochschonlängst” oder auch “Portionsdiät? Kenn’ ich nicht, kann ich nicht”: So aufbauend, wie solche Äußerungen sind, sind auch die, von denen sie stammen.

Das Geheimnis der erfolgreichen Abnehmens ist

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Genau: Das ist ja bereits allgemein bekannt, und Ihr wisst es längst.

 

Glück ist

etwas anderes

Glück ist:
ein gutes Bankkonto
ein guter Koch
und eine gute Verdauung
Rousseau 1712-1778

Das Glück, nicht zu fressen, sondern zu essen: Das ist den Menschen vorbehalten.

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4 Kommentare zu “Späte Einsicht zur Namensgebung.”

  1. FRESSNET geht voll in Ordnung, ein schöner, ironischer Titel (nicht nur, weil ich auch Hesse bin).

    Und FRESS-Anfall geht auch in Ordnung, denn genau das ist es: Kein übermäßiges Essen, sondern Momente, in dem hemmungslos in sich hinein gestopft wird, was gerade da ist, Genau wie mein Hund das machen würde, wenn ich ihn unkontrolliert an die Ressource Futter ließe. Es hat mit essen nichts mehr zu tun.
    In meinem Blog werde ich dazu in Kürze Stellung nehmen, denn das ist mein größtes Problem. Ich fresse! Da hilft auch keine Portionsdiät.

  2. ich finde es auch degradierend, zu behaupten, „Fressen“ wie es tiere tun wäre etwas niederes, primitives, was verabscheuend ist.
    viele tiere sind bei der nahrungsaufnahme appetitlicher als Menschen, wenn man mal zb. einen mümmelnden hasen vergleicht mit einem menschen der gerade in einen burger beioßt, dann find ich den anblick des hasen deutlich angenehmer.

  3. Danke mausflaus für Deinen lieben Versuch, das Fressen wenigstens optisch ins rechte Licht zu rücken. Ich mümmele bei einem Fressanfall bestimmt genauso ästhetisch wie ein Hase, aber quantitativ eher wie bei einer Stopfgans. Und das in einem Affenzahn …

  4. @ hanswurst:

    Ich nehmen mal an, dass es nicht Deine Bestimmung ist, bis ans Ende Deiner Tage an Fressanfällen zu leiden, sondern dass sich bald etwas ändert: Das ist ja auch Dein Wunsch, wenn ich das richtig herausgelesen habe.

    Im Moment sehe ich das so: Du kannst “symptomatisch” vorgehen, also die “harten Sachen” aus dem Haushalt verbannen, als da wären Würstchen, Fettes, Zucker und vieles mehr…

    Wäre es nur das Kaninchen-Verhalten, Möhrchen zu knabbern – das hätte ja kaum Folgen. Auch niederkalorische Varianten wie ein Reis- oder Nudelsalat mit ganz viel Gemüse drin u. ohne Mayonnaise “stopft” ohne wesentliche Gewichtszunahme.

    Oder/und ursachenorientiert vorgehen: Mit der Frage “Warum", und bei Langeweile ein Hobby, bei Stress Entspannung und Abbau von zu hohen Erwartungen oder Leistungshemmnissen,  bei Ängsten Mut und Durchsetzung mobilisieren. Und eben diese Probleme zu besprechen.

    Bei Manchen ist es auch pure Gewohnheit, eine Art Verwöhnung, da ist dann, wie im Falle der Ersatzbefriedigung, Verzicht angesagt…

    Ist es eine Esssucht, ist wohl “Entzug” angesagt, und die Fähigkeit, dem Sog zu widerstehen.

    Letztlich ist ein Fressanfall ja auch eine Kränkung für das Ego, das Selbstbeherrschung und –Kontrolle anstrebt (die sind zumindest in der bürgerlichen Gesellschaft angesagt), das Ego ist grundsätzlich mit Verstand begabt und zur Einsicht fähig.

    Die “tiefen Einsichten”, die bis zu den kindlichen Prägungen zurückgehen, sind vielleicht ein bissl kompliziert.

    Es geht aber auch Vieles im Hier und Jetzt, es gibt Übungen, die ausgleichend wirken und sogar welche, die den Stoffwechsel aktivieren und Hungergefühle wieder regulieren (z.B. im Qi-Gong).

     

    @ Mausflaus: Ich hatte mal einen ganz netten Kanarienvogel. Der konnte sogar mit Messer und Gabel essen 😉

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