Das paradoxe Verbot der Verbote in der Diät und beim Abnehmen

“Verbote sind verboten” – das war einmal Leitsatz in einem Ernährungs-Umstellungs-Training, das das Abnehmen mit Genuss, Sport und Entspannung erreichen wollte. Wie immer bei solchen Programmen, mit mäßigem Erfolg. Da gibt es tatsächlich “Maßnahmen”, die aus “öffentlichen Töpfen” gezahlt werden und die “Gemaßregelten” nur verwirren können, und der gedankliche Irrwitz entwickelt Tradition: “Verbote sind verboten” heißt es immer wieder; die Wort- und Sinnverdreher halten an ihren Ammenmärchen fest.

Verbote sind verboten. Untersagt eine Diät bestimmte Lebensmittel komplett, dann ist die Gefahr groß, dass Sie es irgendwann nicht mehr aushalten und umso heftiger zuschlagen.

Dieser Satz mag zwar irgendwie noch einen geringen Sinn- und Wahrheitsgehalt haben, ist aber letztlich mehr falsch als wahr:
Es gibt durchaus “Lebensmittel”, eigentlich meist Genussmittel, um die man beim Abnehmen einen großen Bogen zu machen hat, die “tabu” sind (wie Kristallzucker) – und manche, die unter strikter Beachtung gewisser Höchstmengen erlaubt sind.

“Du darfst mir nichts verbieten” konnten nach der “antiautoritären Welle” die kleinen Quälgeister ihren pädagogischen Bezugspersonen (als hätte man “Lehrer” und “Erzieher” abgeschafft) entgegenhalten, und machten, was sie wollten, bzw. was sie nicht sollten.

Sie sollten ihrer Intuition folgen, ihrem Bauchgefühl, ihren Neigungen, und aus Einsicht handeln. Das war ganz schön viel verlangt von den kleinen Knirpsen.

Ständig mussten sie entscheiden, was sie wollten, und für das, was sie sollten, ganz sensible Antennen entwickeln.

Und irgendwie sollte man es auch ohne Autorität schaffen, eine Gruppe Kinder heil über die Straße zu bringen.

Wenn Verbote verboten sind, sind auch Gebote verboten und Regeln nutzlos. “Grenzen sind zum Überschreiten da” ist als dauerhafte Einstellung etwas heikel.

Ein eingeschränktes Verbot – also aussagelogisch “kein Verbot” kann für Süßigkeiten verhängt werden, und auch die Beschränkung auf eine gewisse Höchstmenge an Fett ist fast ein Verbot.

Wenn Verbote sinnvoll sein können – warum sollten sie verboten sein?

Dass “komplett verbotene Lebensmittel” um so begehrenswerter erscheinen, ist zudem komplett falsch. Wenn ein Trinker sich, um seine Sucht zu zügeln, an Höchstmengen orientiert und sich hochprozentigen Alkohol verbietet, erleichtert er sich doch eher den Verzicht.

Zudem prägt sich dieses “Verbote sind verboten” wie eine schlechte Werbebotschaft viel zu gut ein, leitet viel zu schnell über zum ebenso unsinnigen “belohn’ Dich doch mal wieder” oder “man gönnt sich ja sonst nichts”.

Die “verbotenen Kirschen” in Nachbars Garten sind dann eher sinnbildlich zu verstehen – und die zu pflücken, ist schwieriger und anspruchsvoller, als Verbote zu verbieten 😉

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9 Kommentare zu “Das paradoxe Verbot der Verbote in der Diät und beim Abnehmen”

  1. genau! Ist doch sogar eher logisch als paradox, … ich würde auch lieber verbieten, Verbote zu verbieten … oder …, ich sag einfach mal: extreme Ausschläge sind auf Dauer immer schädlich, egal ob es um „Verbote verbieten“ geht oder um „Raffinadezucker“.
    Verbote nehmen immer ein Stück Selbstverantwortung weg und gerade dieses selber Ausbalancieren gehört zum Leben und Reifen dazu, macht das Leben interessant und kantig.
    Übrigens: komplette Verbote haben aber dennoch ihren Reiz, zum Glück auch. Sonst wären wir, bei allen Unglücken, die daraus auch resultieren können, bestimmt schon ausgestorben
    Zum Reiz: Ich selbst bin Nichtraucherin, aber diese Raucherhetze geht mir sowas von auf den Zeiger, dass ich am liebsten anfangen würde … oder nehmen wir die Zeit der Prohibition.
    Was einmal gedacht, was einmal in der Welt ist, das lässt sich durch Verbote nicht unterkriegen, sondern nur durch Weisheit besiegen.

    -> mal so sichtbar dazu-gedacht, nachmittags 14:55 in Norddeutschland
    und einen Gruß obendrauf 🙂
    Konstanze

  2. Sorry, aber genau die Aufhebung des strikt Verbotenen hat mir sehr geholfen. Dabei habe ich mir allerdings trotzdem einiges selber wieder gestrichen: Süßstoff z.B. Statt dessen benutze ich wieder Kristallzucker (oder Honig, wo es der Geschmack zulässt). Und ich gönne mir ab und zu wieder meinen geliebten fetten Schwartenmagen. Ich fühle mich stark, weil ich es wirklich begrenzen kann.
    Verbote erzeugen beim Ignorieren nur Minderwertigkeitsgefühle, die zu erneuten Fressattacken führen können. Seit ich wieder essen „darf“, was ich will, esse ich vernünftiger als vorher. Und nehme ab. Ach ja, es gibt doch noch ein Verbot: Nicht mehr faul rumhängen! Ohne Sport geht nämlich gar nichts.

    LG Hanswurst

  3. @ Konstanze: Gar nicht schlecht: Das Verbot, Verbote zu verbieten – also doch Verbote erlauben (sinnvolle!) ?
    Man kann ja immer noch flexibel bleiben, wie bei dem Stoppschild. Und an der Ampel hält man halt bei Rot – drüberfahren geht bloß an die Nerven.
    Selbstverantwortung und Balance: Trifft zu. Je nach Sprachweise auch „Ich-Gehorsam“. Dahin muss man erst mal kommen…
    Was Du zur Prohibition sagst, stimmt auch wieder: Und doch tut der Süchtige besser daran, sich aus Einsicht zu beschränken.
    Und all diese Einsichten in die Praxis zu übernehmen…

    @ Hanswurst:
    Das Beispiel mit dem Schwartenmagen kann ich gut nachvollziehen – und hier hat die Beschränkung mit Stärke zu tun.
    Wenn das Verbot von Außen kommt, vielleicht sinnlos oder grausam ist, fühlt man sich vielleicht wirklich wie ein kleines Kind, oder ausgeschlossen oder ähnlich: „Andere dürfen doch auch“.
    Und ein Verbot zu übertreten erzeugt Schuldgefühle..
    http://fressnet.de/blog/?p=3301

    Irgendwann kommen wir zum Lob des Maß-Haltens, und der Satz mit dem Verbot des Verbots ist logisch unhaltbar, ein rhetorisches Paradox.
    Damit überfordern die Medienfritzen und Ernährungs-Psycho-Professoren aber nur die armen Abnehmwilligen statt ihnen zu helfen.

    Man kann es laut Wikipedia auch so sagen:

    Je mehr Käse, desto mehr Löcher; je mehr Löcher, desto weniger Käse. → Je mehr Käse, desto weniger Käse

    Und wenn das Alle sagen, bleibt ga kein Käse mehr übrig 😉

    Aber gut: Es gibt auch den Spruch „Weniger ist mehr“, der aussagelogisch auch falsch ist, und jeder weiß, was gemeint ist.

  4. Verbote hin, Gebote her, das macht einen ja kirre und die Orientierung ist dahin. Die Medien tragen kräftig dazu bei, nein mehr noch: sie sind maßgeblich. Wo bleibt die innere Mitte? Mit richtiger Ernährung hat das alles nix zu tun…

  5. @ Hennii; Das ist ein böses Verwirrspiel, zu dem die Medien viel Schaum schlagen, während jeder Einzelne, der abnehmen muss, die ganze Arbeit selbst zu leisten hat, weil es kein Rezept, das für alle gilt, gibt: Jeder braucht seine eigenen Lösungen, Umstellungen.
    Hilfe gibt es von kompetenter Seite längst nicht genug – letzlich bräuchten wir mehr Selbsthilfe, die aber nicht aus dem Nichts entstehen kann.

  6. Stimmt, jeder für sich selbst verantwortlich. Wie heißt es: hilf dir selbst, sonst hilft dir keiner. Oder, liebe dich selbst dann lieben dich auch die anderen. Uusw. Hilfe gibt’s genug, ob sie kompetent ist, wage ich zu bezweifeln. Die aufdringlichen Medien jedenfalls nicht. Du hast recht, jeder braucht seine eigene Lösungen und die kann man nur bei sich selbst finden.

  7. “hilf dir selbst, sonst hilft dir keiner” – das erinnert mich an das “Wie man sich bettet, so liegt man”; das allerdings noch seine Fortsetzung hat: “- es deckt einen keiner mehr zu. Und wenn einer tritt, dann bin ich das, und wird wer getreten, bist das Du”.

    Zu diesen Zeilen von Berthold BRECHT  hab’ ich aber auch etwas Tröstliches gefunden:

    “Diese Dreigroschen-Philosophie: »Wie man sich bettet, so liegt man«, diese sorgsam panierte Roheit, diese messerscharf berechneten Goldgräberflüche … so ist das Leben ja gar nicht.”

    Bei Selbsthilfe hatte ich mehr an die Selbsthilfe in Selbsthilfegruppen gedacht.

    Ich kenne da noch das christliche (?) “Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst”, das ja auf eine gewisse Ausgewogenheit zielt.

    Dass man seine eigenen Lösungen nur (bei sich) selbst finden kann erspart so manchen “Ratgeber” 😉

    Zu der Logik dahinter gehört ja auch, dass jeder eine ureigene Geschichte und damit Problematik hat, und damit nur individuelle Lösungen möglich sind.

    Und, gäbe es das Wissen um die jeweilige Problemlösung zum Beispiel in flüssiger Form: Wie sollte man es in das jeweilige Hirn eintrichtern?

  8. […] mitausgelöst zu haben; die “Pfundskur” kam ja schon mit so lustigen Sprüchen daher wie “Verbote sind verboten!” und “Wir setzen … auf die flexible […]

  9. […] Das paradoxe Verbot der Verbote in der Diät und beim Abnehmen […]

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