Verbote in der Diät – Du darfst, Du musst, das Nein
Geschrieben am 29. November 2009 von KPBaumgardt
Wer diese oder jene Diät beginnt, hat sich an gewisse Gebote und Verbote zu halten – mehr oder weniger, wird oft gleich angefügt, und damit wäre der Grundgedanke auch schon verwässert.
Regeln, die von außen “aufgesetzt” sind, zu befolgen, fällt nun einmal schwer.
Der Hintergrund könnte sein, dass hier der Entschluss, sich an keine Regeln zu halten, besteht.
Was dann wieder eine Regel wäre: “Ich halte mich an keine Regeln.”
Wir hatten dieses Prinzip schon einmal bei den Essenszeiten besprochen; sinnvoll ist es nicht.
Grundsätzlich muss also das “Nein” sinnvoll gehandhabt werden. Das gilt auch fürs Naschen, das zunimmt, wenn das Denken an die Süßigkeiten unterdrückt wird. Besser ist es, die Gedanken sehr wohl zuzulassen und ihnen ein bewusstes “Nein” entgegenzusetzen.
Wer nicht Nein sagen kann, sollte es vielleicht lernen- “Ja, ich will nicht” ist ja irgendwie doof.
Normalerweise wird das “Nein” im Alter von ca. 18 Monaten erlernt; dabei handelt es sich nicht nur um das Anerkennen von Verboten, sondern auch um den Umgang mit dem “Nein” als Ausdruck der zunehmenden Eigenständigkeit; man spricht hier auch von der Trotzphase.
Eine Annäherung an die Probleme, die sich ergeben, wenn Elemente aus dieser Phase bis in die Gegenwart herüberreichen, ist hier im Artikel zum “Diättrotz” versucht worden.
Eine Lösung für dieses Dilemma sieht Thomas Ellrott darin, Kompetenzen für eine flexible Kontrolle zu erlangen:
Man sollte Ernährung als Summe vieler Essentscheidungen sehen und über einen längeren Zeitraum – eine Woche oder einen Monat – betrachten. Es ist überhaupt nicht nötig, bei jeder Mahlzeit den Regeln der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zu folgen. Wichtig ist die Gesamtauswahl der Lebensmittel. Aus diesem Grund ist auch die Einteilung in »gesunde« und »ungesunde« Lebensmittel so unsinnig. Anstatt sich vermeintliche Sünden komplett zu versagen, ist es viel klüger, sich ein Limit zu setzen, nach dem Motto: Zwei Tafeln Schokolade in der Woche sind okay.
Damit ist aber immer noch nichts darüber gesagt, wie das “flexible Nein” zu erwerben wäre.
Das ist doch ein unerträglicher Zustand, zumal dieser Knotenpunkt im menschlichen Leben durchaus wissenschaftlich erforscht und beschrieben ist.
Die Ernährungspsychologie tastet sich blind voran, und kommt, mit geschlossenen Augen, natürlich kaum voran. Was im Prinzip jede Kindergärtnerin gelernt hat: Dass es “psychische Organisatoren” gibt, ist allgemein noch immer nicht verstanden.
Kurzes Zitat aus der US-Wikipedia:
Ego development
Spitz noted three organising principles in the psychological development of the child:
- the smiling response, which appears at around three months old in the presence of an unspecified person;
- anxiety in the presence of a stranger, around the eighth month;
- semantic communication, in which the child learns how to be obstinate, which the psychoanalysts connect to the obsessional neurosis.
Ich bin sicher, dass 98,5 % der Ernährungsberater und Ernährungspsychologen ins Schleudern kommen, wenn sie mehr als die drei oder vier Standard- Erklärungen zum sozialen Lächeln, zum Fremdeln und zur “semantischen Geste des Nein” sagen sollten.
Aber diese “Stationen der Ich-Entwicklung” sind grundlegend wichtig. Vertrauen, Unterscheidung von “Zugehörig” und “Fremd”, “erlaubt und verboten” oder “Zustimmung/Ablehnung”.
Sicherlich gibt es noch weitere psychische Organisatoren, aber zunächst einmal gilt es, diese drei Punkte zu verstehen, um sich selbst zu verstehen.
Wer sich selbständig diesem Problem annähern möchte, schaue einmal bei:
Angeboren oder erworben?: Die Zwillinge Rosy und Cathy – eine Naturgeschichte der menschlichen Persönlichkeit und ihrer Entwicklung
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Abgelegt unter: Wissenschaft und Forschung | 3 Kommentare »
fleißig, fleißig,
Vielen Dank für heute.
Gute Nacht
Andrea
[…] wenn wir schon dabei sind: Das “Fremdeln” ist normal, auch wenn es in den Schläfenlappen […]
[…] Und dessen Job ist sicher nicht, Medikamente zu empfehlen. Vermutlich hat er nicht gelernt, “Nein” zu sagen. Wie will er es dann […]