Notrufsystem bei Heißhunger
Geschrieben am 27. Mai 2010 von KPBaumgardt
Als die nette Dame mir gestern im Auftrag eines sozialen Dienstleisters das neue Notrufsystem vorstellen wollte, mit dem ich bei Notfällen per Knopfdruck Hilfe herbeiholen könnte, musste ich sie erst mal um eine Pause bitten, bis ich mein Hörgerät lauter gestellt hätte.
Sie erzählte mit etwas von einem elektrischen Engel; aber ich war immer noch “schwerhörig”: “Was für ein elektrischer Bengel ist das?”, wollte ich wissen, und sie fing das Erklären an.
Nun wollte ich nicht gemein sein und die Posse allzu sehr in die Länge ziehen; aber die kurze Komödie hatte beiden Spaß gemacht, und sie meldet sich in zwanzig Jahren noch einmal wegen dem Senioren-Notruf, wenn sie dann den Job noch macht.
Wenn bei Heißhunger Tabletten empfohlen werden, ist das eigentlich kein Spaß mehr: Man sollte nicht einerseits seelische Ursachen des Übergewichts annehmen und parallel mit Placebos arbeiten; Wenn die Not seelischer Natur ist, empfiehlt es sich doch eher, darüber zu reden. Dass Fressanfälle meist in der Einsamkeitssituation stattfinden, liegt ja vielleicht schlicht und einfach am fehlenden Gesprächspartner.
Üblicherweise wird in solchen Situation geschwiegen – die Alternative wäre vielleicht, zu jammern, und das gilt als verpönt, und niemand will es sich wirklich anhören. In anderen Ländern hat man Klagemauern eingerichtet, hierzulande bleibt man in der durchschnittlich elenden Situation ohne offenes Ohr. Die Hilfe auf Knopfdruck, wie sie für Senioren angeboten wird, muss es ja nicht gleich sein. Aber so ein niedrigschwelliges Jammertelefon könnte – statt Fressanfall – ganz nützlich sein: Wer will schon gleich die Telefonseelsorge anrufen? Ob Abnehmpartner diese Funktion erfüllen können, ob es professionelle Gesprächspartner braucht, oder (geschulte) Mitglieder einer Selbsthilfegruppe diese Funktion erfüllen können, wäre wohl noch zu überprüfen – oder gibt es hierzu schon eine Studie? Gekonnt jammern (“Mir geht es soo schlecht, und ich bin ein Jammerlappen…”) sollte doch zumindest eine entlastende Wirkung haben. Sich im Anschluss den eigentlichen Problemen zu widmen, wäre auch eine Idee. |
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