Ein Jahr Verzehrsstudie – und nix dazugelernt

Einigermassen verstört, aber für die Brisanz des Materials sehr gedämpft hat vor einem Jahr die Öffentlichkeit auf die gesamtdeutsche (nationale)  «Verzehrsstudie» von 2008 reagiert,

die wir heute im „Kalenderblatt“ finden:

2008 – Die meisten Deutschen sind zu dick, jeder Fünfte ist sogar fettleibig. Das geht aus der ersten gesamtdeutschen «Verzehrsstudie» hervor, die Bundesverbraucherminister Horst Seehofer (CSU) vorstellt.

Recherchieren wir weiter, finden wir die schöne Meldung, dass Seehofer daran denkt, seine Memoiren zu schreiben – dort finden wir sicherlich seinen Lieblings-Rat-Schlag für Dicke: „Gehen Sie nicht hungrig einkaufen“.

Die schwere Krankheit, von der ein Fünftel der Bevölkerung befallen ist, ist leicht zu diagnostizieren, aber schwer zu behandeln, hatte in dem einen Jahr nicht einmal eine nationale Ernährungsumstellung zur Folge, und auch die dümmliche Diskussion: „Sind Dumme dicker“ ist noch nirgends revidiert worden, obwohl die Antwort ganz einfach wäre: „Unter ungünstigen Lebensbedingungen  ist es schwierig, gesund zu leben“.

Was in dem einen Jahr seit Vorstellung der Studie geschehen ist? Von Konsequenzen ist nichts zu spüren, die Politik verdrängt das Problem, und die Betroffenen tun das Gleiche, von Ausnahmen abgesehen, finden aber keine Hilfe und keine organisierte Selbsthilfe.

„Ganz interessant“, also halbwegs interessant, ist für die Medien manchmal noch die Inszenierung eines „Abspeckwettbewerbs“ – man will kurzfristige Erfolge feiern und sucht Vorzeigeobjekte. Nochmals:

Das Ergebnis: 66 % der Männer und 51 % der Frauen im Alter zwischen 18 und 80 Jahren wiegen zuviel, 20 % aller Deutschen sind als fettleibig (adipös) zu bezeichnen – sie gehen ein hohes Risiko für Folgekrankheiten wie Diabetes mellitus, Fettstoffwechselstörungen und Bluthochdruck ein. Auch unter den jüngsten Teilnehmern zwischen 14 und 18 Jahren gehören schon 7 bis 11 % zur Gruppe der Adipösen.

Wer – als Betroffener – überhaupt erst einmal zu einer Krankheitseinsicht gelangt, hat ein arges Problem:

Die Krankheit ist nämlich nicht als Krankheit anerkannt. Man darf sich, umgeben von wahnwitzigen Experten, die sich zum Beispiel mit dem Rat zu einer Yoghurt-Diät zynische Spässe erlauben dürfen, sein eigenes Konzept entwickeln, soll sich, anders gesagt, an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen.

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Ein Kommentar zu “Ein Jahr Verzehrsstudie – und nix dazugelernt”

  1. Wo ist der Link zur NVS? Bei mir… 😉

    http://www.pimp-yourself.com/article-27316449.html

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  • Sabrina: Schön, dass du bei der Bilanz dabei bist! Mit Spirulina und Algen zu experimentieren,...
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