Eine Tierwohlwoche im Jahr reicht nicht!

So kann es gehen: Wenn die FAZ titelt:

Am liebsten immer noch Sauerbraten

– und sich dabei auf die Vorlieben des „Landwirtschaftsministers“, der in Berlin, heimatverbunden, wahrscheinlich zum Heimweh neigt, bezieht und eine „Ernährungsstudie“ bespricht, in deren Zusammenhang auch „Tierschutz light“ propagiert wird,

ist nun viel vom „Tierwohl“ zu lesen; Wir Konsumenten wären mehrheitlich bereit, dafür auch zu zahlen, so steht es im Ernährungsreport, der mit mehr Medienwirksamkeit, als ihm eigentlich zusteht, feierlich enthüllt worden ist: Genau wie bei Dinner for One, jedes Jahr die gleiche Prozedur.

Wie daraufhin Julia Löhr, die FAZ-Autorin, beherzt in die Tasten gegriffen hat, ist allerdings lesenswert:

„… Fleischersatz aus Roter Bete und allerlei Algen: Glaubt man Trendforschern und Food-Bloggern, dann kommt bei uns in diesem Jahr jede Menge gesundes neumodisches Essen auf den Teller. Fleisch ist in diesen Kreisen … verpönt, … . Der moderne Mensch ernährt sich von Pflanzen und schont damit Tier und Umwelt, heißt es.“

In einem Atemzug werden Trendforscher und Food-Blogger genannt – und tatsächlich eignet sich Food-Bloggen hervorragend zum Food-Trend-Forschen; ich kann also sagen: Den Trend zu Vegan und Vegetarisch gibt es nicht wirklich.

Es gibt zwar Bestrebungen, mit weniger Fleisch, folglich weniger Pflanzen für die Tiermast und mehr Nahrungsmitteln für Menschen den Welthunger zu bekämpfen, es gab 2016 das „UNO-Jahr der Hülsenfrüchte“, aber wenig öffentliches Interesse an Linsensuppe

Eine „nationale Verzehrsstudie“ per stichprobenartiger, vielleicht auch „repräsentativer“ Befragung durchzuführen, dürfte ohnehin nicht mehr Stand der Technik sein – die Analysten bei Aldi, aber auch Google kennen ihre Pappenheimer bis ins Detail, und wissen, wovon wir träumen.

Schmidt träumt angeblich vom Tierwohl, und das propagiert er, wenn auch niemand dem neuen Label vertraut.

Bei der tierwohl-konformen Herkunftsbezeichnung von Fleisch sollte man es knapp, kurz und schmerzlos so halten, wie es die Agrarexpertin Katrin Wenz vom BUND formuliert:

„In der wachsenden Nachfrage nach umwelt- und tiergerecht hergestellten Pro­dukten liegt ein wichtiger Hebel zum Umbau der Tierhaltung. Wir brauchen eine verbindliche staatliche Haltungskennzeichnung. Die Kennzeichnung 0 bis 3, wie beim Ei ist dafür am besten geeignet. Diese Kennzeichnung hat zu einem geschärften Bewusstsein bei Verbrauchern geführt und infolgedessen auch dazu, dass Eier aus Käfighaltung ausgelistet wurden.

Beim Fleisch könnte sich die Einstufung an die existierenden Standards orientieren, wie beispiels­weise 0 für Bio und 1 für die Kriterien des Neuland-Siegels. Stufe 2 müsste erheblich besser sein als der gesetzliche Standard und zumindest Stroh vorschreiben sowie deutlich mehr Platz garantieren. Und Stufe 3 wäre das, was heute die Mehrzahl der Tiere erleiden muss: der gesetzliche Standard.“

Zu „fleischarmer Ernährung“ – der Ausdruck hat zu Recht und zu Unrecht etwas von „Arme-Leute-Essen“ – finden sich unter #reductarian passable Ansichten – hier müsste ich zunächst noch zurückkommen auf ein Rezept mit Linsen und Kürbis, das im vorhergehenden Artikel angesprochen ist.

Der Artikel Gemüse als Hauptgericht entsprach wohl der Idee, dass Fleisch in der Ernährung nicht das vorschriftsmäßig-zwingend zu Vermeidende, sondern einfach das nicht so Wichtige sein sollte.
Einer vegetarischen (oder auch „fleischarmen“) Ernährung zu unterstellen, es ginge hier um ein neuartiges Statussymbol, ist kein Zeichen besonderer geistiger Klarheit. Nach wie vor ist „wenig Fleisch“ eine der wenigen Möglichkeiten, beim Essen Geld zu sparen.

Der Hinweis der Stuttgarter Zeitung auf die Diskrepanzen im Ernährungsbericht ist begründet – beim möglichen Koalitionspartner gibt es scheinbar keine Meinung hierzu, und auch das „Tierwohl“ könnte in der Partei, die sich eigentlich hatte runderneuern wollen, vor die Hunde gehen.

Beim eingangs erwähnten „Fleischersatz auf Algenbasis“ war der FAZ-Journalistin ein Irrtum unterlaufen, denn die Algenbasis dient zur Herstellung eines vollwertigen Fischersatzes – die Fisch-Fettsäuren stammen nämlich von Algen und sind ungemein wirksam.

Langsam sollte sich herumgesprochen haben, dass beim Essen nicht allein entscheidend ist, was auf den Teller kommt, sondern auch, in welcher Umgebung der Teller steht. Trotzdem – die Stiftung Warentest „berät“ uns hier sehr eindimensional:

„Taugt fleisch­lose Ernährung zum Abnehmen?

Im Prinzip ja: Gemüse und Obst haben eine geringe Energiedichte, sie machen mit wenig Kalorien schneller satt als etwa ein Brot mit fetter Salami.“

Und mit Marzipan, selbst wenn es in vegane Schokolade gehüllt ist, kann man sich kalorienmäßig erschießen…

Es wird auch selten bedacht, was „vegan“ für die Haustiere bedeutet: Die dürfen vielleicht zu Anschauungszwecken in lokalen Streichelzoos überleben, aber nur in kleinen „Stückzahlen“, ansonsten werden sie abgeschafft.

Politiker haben schon wegen einem „Veggie-Tag“ pro Woche heftig gestritten – der „Gemüsetag“ war der Mehrheit zu viel Bevormundung.

Schweine so halten zu sollen, dass die sich wohlfühlen, ist doch auch irgendwie Bevormundung? Und wo sind eigentlich die Verhaltensbiologen an Tierwohlentscheidungen beteiligt? Gibt es Politiker, die sich mit der Psychologie des Schweins auskennen, mit der Weltsicht des Huhns, der sanftmütigen Psyche des Rinds? Politische Pferdeflüsterer? Ist ein Gänseleben ganz ohne potentiellen Räuber, wie ihn das Volkslied besingt, noch der Tier-Würde angemessen?

Insofern – auch wenn es eigentlich beschämend ist, dass ein Tierwohl-Prädikat (was ja auf der anderen Seite bedeutet, dass alles ohne Prädikat in die Kategorie „Tierunwohl“ fällt) nötig ist:

Schon mit einer Tierwohl-Woche können wir die Lebenssituation der Haustiere deutlich verbessern – natürlich reicht sie nicht, aber es wäre ein Anfang!

 

Morgen oder übermorgen gibt es hier ein Rezept:

Überbackene Kürbis-Linsen-Maultaschen in Tomatensauce

Geschmeckt hat es schon, wie die Fotos geworden sind, habe ich noch nicht im Detail geschaut, bin also gespannt.

Das hat nichts mit der momentanen Diät-Hysterie zu tun, innerhalb derer selbst die Verbraucherzentrale Bayern ihre Beratungsaufgabe damit erfüllen will, zu erklären, was eine 5:2-Diät ist. Ich sage mal: Das ist doch gleichgültig,
Nicht egal ist die Frage nach dem „Sinn des Ganzen“, denn Diät ist eigentlich ein gesunder, ausgewogener „Lebenswandel“, eine gesunde Lebensweise.

Dazu gehört auch, Freude zu empfinden, und dazu will das Miniatur-Wunderland Hamburg, wenn es sein muss, auch kostenlos verhelfen – wenigstens Etwas, das das Weitererzählen lohnt. Also – bildet Fahrgemeinschaften!

 

 

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  • Sabrina: Schön, dass du bei der Bilanz dabei bist! Mit Spirulina und Algen zu experimentieren,...
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  • Julia: Da hast du recht, was das Fermentieren angeht, bin ich Spätzünderin 😂
  • Ulrike: Nachhaltigkeit und Produkte aus der Umgebung sind wichtig, da bin ich ganz bei dir. Alles...
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