Trends von gestern, Auswirkungen heute: Wirtschaftskrise und neue Ethik

Gerade entdeckt: Der Klappentext zu einem vor zehn Jahren erschienenem Buch:

Reimer Gronemeyer

Überdruss am Überfluss:

Der Asket – Das heimliche Ideal des Wohlstandbürgers.

Den Gürtel sollen wir enger schnallen. Viele tun´s, weil ihnen gar nichts anderes übrigbleibt.

… Das Bedürfnis nach Differenz und Exklusivität läßt sich offenbar im Konsum nicht mehr befriedigen. Der Asket wird zum heimlichen Ideal des Wohlstandsbürgers: Nicht im Außen, sondern im Innen, nicht in den Waren, sondern im Wahren sucht er sein Heil. Klosterurlaube sind ausgebucht, Fastenkurse und Meditationsangebote heiß begehrt. Versenkung, Reinigung und Horizonterweiterung heißen die neuen Praktiken einer luxurierten Askese. Der Aschermittwoch der Wohlstandsgesellschaft scheint angebrochen, dem jahrzehntelangen Karneval will nun eine Fastenzeit folgen. … Und Fitneßgerät und Null-Diät mögen vielleicht von der Schwere des Körpers befreien – doch alle Anstrengungen und Enthaltsamkeit mündet nicht in die ersehnte Leichtigkeit des seins.
Reimer Gronemeyer beschreibt ein durchaus zwiespältiges Phänomen: Ein asketisches Nein zu all dem Plunder kann zum Trend degenerieren, zu einer Modeerscheinung im Wettlauf der Lebensstile. Es kann zum unbegriffenen Echo auf die verordnete neue Sparsamkeit verkommen.

Aber es kann auch dem Turbo-Kapitalismus seine Dynamik rauben: Souveräner Verzicht, genießerische Langsamkeit, selbstbewußte Gelassenheit könnten der Auflösung der Gesellschaft entgegenwirken.

Reimer Gronemeyer: Die neue Lust an der Askese hat 200 Seiten, ist Ende März 1998 im Rowohlt-Verlag Berlin erschienen [ISBN 3 87134 320 X] und kostet 34,- DM.

Das Buch ist offenbar nicht mehr im Handel erhältlich…

Mittlerweile, so scheint es, hat Zurückhaltung beim Konsum nicht mehr nur mit „Lust an der Askese“ zu tun. Der Absatzrückgang bei Automobilen hat auch mit den Produkten zu tun – mittlerweile ist überdeutlich, dass sie den Anforderungen der Zeit (Funktionalität, Langlebigkeit, Sparsamkeit, Umweltverträglichkeit) nicht mehr entsprechen.

Konsumverzicht und Sparsamkeit werden noch viel stärker ins Bewusstsein rücken, wenn wir uns klar machen, dass der Preis unserer Konsumgüter mit den Hungerlöhnen, die bei der Produktion gezahlt werden, zusammenhängt und „billig“ nicht billig bleiben kann.

Mit ein wenig Vernunft wird dann auch der Trend zu den „Fasten-Kuren“ als billiger Ramsch erkannt, das Streben nach Spiritualität mag andauern…

Narzissmus und Diät

Alles im Lot?

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3 Kommentare zu “Trends von gestern, Auswirkungen heute: Wirtschaftskrise und neue Ethik”

  1. Gerade bei den Autos frage ich mich schon lange, wer das noch zahlen will. Zum Beispiel einer 3er BMW bekommst du unter 35000 EUR gar nicht mehr. Wer verdient soviel das er sich das neben Wohnung, Urlaub und steigenden Kosten leisten kann.

  2. – Man kann es jedenfalls kaum glauben, dass die auch mal Kleinwagen gebaut haben.

    Der Preis und der Gebrauchswert stehen in keinem Verhältnis mehr. Teuere Krücken fürs Ego. Letztlich zahlen wir aber alle, z.B. wenn einer „sein Geld“ für die Luxuskarosse mit spekulation verdient hat.

  3. Das Buch gibts übrigens noch bei ZVAB. Und danke für den Hinweis.

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