Selbstmitleid und Übergewicht

Es gibt viele gute Gründe, sich zu bedauern, wenn etwas nicht ist, wie man es sich wünscht.

Man hat zum Beispiel das falsche Gewicht, den falschen Beruf, die falschen oder keine Freunde oder Verwandten. Wie soll man da zufrieden sein, wo es doch so viele Gründe zum Jammern gibt, und das sich-beklagen eine Gewohnheit ist, und wirklich nichts, aber überhaupt nichts zum Besten steht? 

Wer an der Wehleidigkeit leidet, tut gut daran, dies mitzuteilen und auf die Tränendrüse zu drücken: Vielleicht findet sich ja jemand, der seine Mitschuld einsieht.
Direkte Vorwürfe haben sich, solange sie möglichst pauschal sind, durchaus bewährt:  „Immer muss ich die unangenehmen Hausarbeiten machen“.

Indirekte Vorwürfe bieten sich bei einem größeren Publikum an, kann man so doch vermeiden, den wirklich selbstmitleidigen Gedanken: „Niemand mag mich“ zu offenbaren.
Rührselig bloggen heißt zum Beispiel, ein freundliches „Im Übrigen findet mein Blog nicht die ihm zustehende Aufmerksamtkeit“ in die Runde zu werfen. Ist hiermit das Nicht-Erscheinen des Blogs auf der Titelseite des Spiegel gemeint, illustriert dies sehr schön den Zusammenhang von überhöhter Erwartungshaltung und Frustrationswahrscheinlichkeit.

Allerdings gibt es auch die  Schein-Selbstmitleidigkeit, wie wir sie von den schlauen Bauern kennen, deren Ernte nie wirklich „gut“ ist, und wenn sie es ist, sind die Preise schlecht: Nur bei „schlechter“ Ertragslage fließen die Subventionen.

Alternativ ziemt sich die Aussage „Du beachtest mich doch gar nicht mehr, ich bin für Dich doch nur noch eine Gewohnheit“, die aber mit Vorsicht zu gebrauchen ist, da sie mittlerweile als emotionale Erpressung erkennbar ist. (Und was ist an Gewohnheiten, die keine falschen sind, auszusetzen?)

Um ein larmoyantes Milieu aufrechtzuerhalten, hat sich die Prokrastionation, das ständige Aufschieben, hervorragend bewährt, wie auch  Dinge anzufangen, aber noch mindestens einen Teil der Arbeit liegen zu lassen. 

Ein häufiges Phänomen ist, dass dem Selbstmitleider seine Selbstmitleidigkeit vorgeworfen wird; es sei belastend, mit ansehen zu müssen, wie wenig er in Gang komme, wenig erfreulich, die ständigen Klagen über die böse Welt anzuhören, weltfremd, zu denken, es seien nur die anderen schuld an der Misere, und in Wirklichkeit hätten doch nur die Anderen unter dem Selbstmitleider zu leiden, und nicht umgekehrt.

Dem echten Selbstmitleider wird bei einer solch forschen Herangehensweise etwas fehlen. Wir wissen nicht, ob er bedauert werden will – aber sicherlich möchte er, dass man sich für ihn interessiert.  Die Misere, die Unzufriedenheit, bietet da doch wunderbare Anknüpfungspunkte.

Gewiefte Bemitleider können mit einem aufrichtigen „Ja, da tust Du mir aber wirklich leid“ das seelische Tief ausloten und erweitern. Auch ein freundlich geäußertes „Nee. lass mal, Dein Psycho-Müll ist mir doch allzu belastend“ ist eine verfeinerte Form der Abwehr, Grenzziehung im Zeichen der Ignoranz.

Statistisch gesehen, ergäbe sich auch eine hohe Trefferquote, lenkte man das Gespräch auf die Fragestellung „sexuelle Zufriedenheit und Larmoyanz“ – die bleibt selbstverständlich nur charakterlich gefestigten Persönlichkeiten vorbehalten.

Non-direktiver Optimismus plus eine ordentliche Portion Humor und eine unverkrampfte Herangehensweise  (optimale KGE) sind das beste Rezept im Umgang mit „den Jammerlappen“.

 … nicht jammern – machen…!

Wer nun noch versteht, was an dieser Stelle der Link zur Spülbürste zu bedeuten hat, ist zu mindestens 80% larmoyanzfrei. Glückwunsch!

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2 Kommentare zu “Selbstmitleid und Übergewicht”

  1. […] oder  Chaos ist die Frage von Progression oder Regression – die wäre noch über Trotz und Wehleidigkeit hinaus zu […]

  2. […] eigentlich – aber im Falle des Herrn Bartels hat es sich so ergeben, dass er seinen  selbstmitleidigen Erguss für den STERN zu Papier bringen durfte, um sich stellvertretend (und beispielhaft?)  […]

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  • Sabrina: Schön, dass du bei der Bilanz dabei bist! Mit Spirulina und Algen zu experimentieren,...
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