Selbsthilfegruppen bei Übergewicht – real und virtuell

 

In einem nicht sehr motivierenden Artikel  im Mannheimer Morgen wurde kürzlich eine Selbsthilfegruppe vorgestellt. Eine Teilnehmerin berichtete von einem traumatischen Ereignis:

Damals wog die Vorsitzende der Selbsthilfegruppe Adipositas 300 Kilo und konnte sich nur noch mit einem Rollator vorwärtsbewegen. „Eine Frau spuckte mir ins Gesicht und sagte, dass ihr schlecht werde, wenn sie so etwas wie mich sehe.“ … „Ich war verzweifelt. Dann bin ich zur Bank gegangen, habe 500 Mark abgehoben und sie verfressen.“ Die anderen Mitglieder … nicken wissend.

Wir wissen nicht, welchen Gesichtsausdruck der Reporter bei dieser Aussage hatte, aber anzunehmen ist, dass er nicht gefragt hat:
„Und warum erzählen Sie hier von einem Ereignis, das längst der Vergangenheit angehört hat, warum erzählen Sie nicht von Ihren aktuellen Kämpfen um bessere Verhältnisse?“

Die erlittene Kränkung ist unbestreitbar, aber doch ist sie mit Sicherheit nicht die einzige, und mit hoher Wahrscheinlichkeit kommen täglich neue Kränkungen hinzu, und sei es nur die Kränkung, sich in einem Teufelskreis aus Abnehmbemühungen, -Willen und „Rückfall“ zu befinden.

Andererseits: In einer „Selbsthilfegruppe“, die auf Magenoperationen setzt, gibt es nicht mehr viel Hoffnung auf andere Alternativen.

Gerade heute erschien eine kurze Schilderung von Hartmut über seine Eindrücke von einer Selbsthilfegruppe:

Übrigens war die Selbsthilfegruppe eine herbe Enttäuschung. Es kamen gerade einmal drei übergewichtige Damen und ich kam mir vor, als wäre ich beim Kaffeekränzchen – so nach den Song von Udo Jürgens “Aber bitte mit Sahne”. Fehlten nur noch die Torten.

Manchen Gruppen mangelt es schlicht und einfach an einem Konzept; von multimodalem Konzept wird zwar gesprochen, ist jedoch erst recht nichts zu bemerken – wir könnten die bestehenden Gruppen auch mit potemkinschen Dörfern vergleichen: Von weitem sieht es nach solider Bauweise aus, aus der Nähe erst erkennt man, dass es nur Fassaden sind.

Gibt es eine „Virtuelle Selbthilfegruppe“?

Dabei zeigen die Erfahrungen in der Bloggosphäre, dass Erfahrungsaustausch und gegenseitige Unterstützung beim Abnehmen unendlich wichtig sein können, und bei den „Abnehmbloggern“  wollen 10 von 23 einem definierten Programm folgen, 2 sich an bestimmte Diäten halten und 10 mal ist „Eigenregie“ vorgesehen.

„Eigenregie mit Austausch“ wäre auch eine ganz gute Umschreibung für „Selbthilfe in der Gruppe“; wobei das Bloggen ja auch der Selbstdarstellung und dem Austausch dient – vermutlich sind die Bedürfnisse allgemein in dieser Reihenfolge.

Interessant wäre mal, zu erfahren, wie groß der Bedarf an realen, nicht-virtuellen Selbsthilfegruppen ist…

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Ein Kommentar zu “Selbsthilfegruppen bei Übergewicht – real und virtuell”

  1. […] Selbsthilfegruppe in Mannheim – Zeitungsbericht […]

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  • Sabrina: Schön, dass du bei der Bilanz dabei bist! Mit Spirulina und Algen zu experimentieren,...
  • ClaudiaBerlin: Mit all meiner fortgeschrittenen Lebenserfahrung kann ich sagen, dass das mit den...
  • Julia: Da hast du recht, was das Fermentieren angeht, bin ich Spätzünderin 😂
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