Verhaltenstherapie bei Adipositas und vom Sinn des Schlankheitsideals
Geschrieben am 1. Juli 2010 von KPBaumgardt
“Vom Leben im Überfluss und seinen Gefahren” – so war 2002 ein Editorial in der Zeitschrift “Verhaltenstherapie” der Deutschen Gesellschaft für Verhaltensmedizin und Verhaltensmodifikation überschrieben. Darin fand sich eine hoch spekulative These:
Aus anthropologisch-evolutionärer Sicht ist anzunehmen, dass Übergewicht in westlichen Industrieländern bei dem bestehenden Nahrungsüberfluss noch weit verbreiteter wäre, wenn keine Gegenregulation mit Breitenwirkung bestünde. Nach einer anthropologischen Theorie [Brown und Konner, 1987] kann durch die gegenregulierende Kraft des Schlankheitsideals auf soziokultureller Ebene die Häufigkeit von schwerer Adipositas und deren Folgeerkrankungen und Risiken (Hypertension, kardiovaskuläre Erkrankungen, Diabetes, bestimmte Krebsfomen) vermindert werden.
Essstörungen wie Magersucht und Bulimie wären aus dieser Sicht der Preis, der für die Verminderung von Gesundheitsrisiken durch Adipositas gesamtgesellschaftlich zu zahlen ist. (Quelle)
Hatte also ein Schönheitsideal, wie wir es bei Rubens finden, auch eine “gegenregulierende Kraft” gehabt, oder entspricht das herrschende Schönheitsideal einfach nur dem Lebensstil, den die besser gestellten Schichten sich leisten können?
Eine Zusammenfassung der Artikel
Benecke A: Verhaltenstherapie bei Adipositas. Verhaltenstherapie 2002; 12: 297–309.
und
Wilhelm M, Strütt-Neeb P, Opielka C, Cuntz U: Verhaltenstherapeutische Ernährungstherapie für Adipositaspatienten. Verhaltenstherapie 2002; 12: 311–318.
findet sich hier. So erfahren wir auch, dass
der Fokus auf dem Selbstmanagement, das die Patienten dazu ermächtigen soll, sich selbst ein Leben lang in Bezug auf ihr Gewicht helfen zu können [liegt].
Zu den wesentlichen Elementen dieser Therapiestrategie gehören im Vorfeld
- Selbstbeobachtung,
- Informationsvermittlung,
- Motivationsförderung,
- Stimuluskontrolle und
- Verhaltensanalyse.
Zu den wichtigsten Verfahren zählen
- Kognitive Umstrukturierung,
- Stressmanagement und
- Soziales Kompetenztraining.
Ergänzende Elemente sind die soziale Unterstützung beziehungsweise der Aufbau eines unterstützenden Netzwerks und die Rückfallprophylaxe.
Wobei, ein paar Jahre später, noch zu fragen bleibt, was aus dem beschriebenen Projekt geworden ist, und wo es umgesetzt wird, gerade, was den Aufbau des “unterstützenden Netzwerks” bzw. “der unterstützenden Netzwerke” betrifft.
Ein Netzwerk “Selbsthilfe Übergewicht” aufzubauen ist doch eine echte Aufgabe, und auch die Rückfallprophylaxe, wider den Jo-Jo-Effekt, noch immer ein weites Feld.
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