Essstörungen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie
Geschrieben am 3. Mai 2010 von KPBaumgardt
Im Lehrbuch der Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie – Psychische Störungen bei Kindern und Jugendlichen von Hans-Christoph Steinhausen ist auch den Essstörungen und der Adipositas ein umfangreiches Kapitel gewidmet, und wer sich dafür sehr interessiert, kann sich hier noch weiter informieren.
Recht aufschlussreich, wie hier die Set-Point-Theorie akzeptiert wird: Sie |
"trägt den oft erfolglosen therapeutischen Bemühungen um eine Gewichtsreduzierung Rechnung. Sie nimmt ein individuell … ideales biologisches Gewicht an, das vom Körper … wie ein Thermostat reguliert wird. Entsprechend wehrt der Körper Gewichtsveränderungen ab. … Diese Theorie hat bereits im Verbund mit einer Neubewertung der sekundären körperlichen Schäden dazu geführt, dass die Behandlungsbedürftigkeit der Adipositas eher auf eine enger definierte Extremgruppe eingeschränkt wird.”
Indirekt wird hier ausgedrückt, dass die Aufregung um die Adipositas (Schlankheitswahn usw.) hysterischen Charakter hat.
Ausgeschlossen ist bei H.-C. Steinhausen offenbar, dass ein (unbewusst) empfundener Mangel beim Zu-viel-Essen beteiligt sein könnte:
Andere psychologische sowie endokrine Funktionsveränderungen bei der Adipositas sind Folge des Übergewichts … .
Weiterführend sind auch diese Überlegungen:
Das Verhältnis von Inaktivität und Übergewicht ist schwer zu bestimmen, weil beide einander wechselseitig bedingen können. … Für die Theoriebildung ist aber unklar, ob Inaktivität eine Ursache oder eine Folge der Adipositas ist.
Die Unklarheiten bei der Theoriebildung – könnte die Inaktivität/Passivität/Behäbigkeit auch Ursache und Folge zugleich sein? – sind jedoch bei der Praxis der Gewichtsreduktion nicht mehr relevant; hier geht es dann um mehrdimensionale Behandlungen, oder auch eine Änderung der Arbeitsweise: Die Folgen einer sitzenden Tätigkeit für bestimmte Berufsgruppen haben sich sprachlich in dem umgangssprachlichen Ausdruck “Beamtenarsch” abgebildet und werden so auch in der bildenden Kunst sowie der Musikwissenschaft reflektiert.
Textauszüge unter google-books
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