Set-point-Theorie

Mit der Set-Point-Theorie soll die Regulation des Körpergewichts erklärt werden. Sie gibt vor, dass es ein „optimales“ Körpergewicht gibt („Set point“), das vom Stoffwechsel eingepegelt wird. Dieses Gewichts sei angeboren und könne nicht wesentlich beeinflusst werden, ohne dass gesundheitliche Schwierigkeiten auftreten.

Beim (kurzfistigen)  Abnehmen unter das Set-Point-Gewicht würde das Gewicht wieder zum „Set-point“ hin zurückreguliert.

Kritik an der Set-Point-Theorie:

Überbetonung der Genetik.

  1. Ein Säugling kommt nicht mit einer angeborenen Vorstellung über seine Mutter zur Welt. Er (Sie) lernt aber innerhalb weniger Tage, die Mutter (den  Vater) an Stimme und Geruch zu erkennen.
  2. Die Vorstellungen über den eigenen Körper sind nicht angeboren, sondern erlernt. Das sieht man selbst am Beispiel junger Katzen, die lange Zeit damit verbringen, ihre Körperbeherrschung zu üben.
  3. Die Vorstellungen von Hunger und Sättigung bilden sich im sozialen Kontext, sind ebenfalls nicht angeboren. Authentische Empfindungen können durch ungünstige äußere Umstände korrumpiert werden.
  4. Das Körperschema mag „von innen“ reguliert werden, dennoch wirkt die Umwelt ein, indem Vorgaben, an denen die Vorstellung des eigenen Körpers  abgeglichen werden, durch Mitmenschen und seit einigen Jahrzehnten verstärkt MAssen-Medien geliefert werden. Das kann oder muss zu Unzufriedenheit führen.
  5. Wo das „Gestalt-Ideal“ der „Kräftige Körperbau“ ist, kann man auch unbekümmert zunehmen.
  6. Unrealistische Erfolgsversprechungen, die für wechselnde „Diäten“ permanent verbreitet werden, einerseits und das offensiv vorgetragene Warenangebot mit seinen Glücksversprechungen andererseits erzeugen eine permanente Verführungssituation, die schlecht für die Psychohygiene ist und nur
  7. das Gefühl, „Diätversager“ zu sein, erzeugt. Natürlich müssen auch diese Schuld- und  Schamgefühle im Kreislauf der Gewichtsregulation ihren Niederschlag finden.
  8. Damit gerät Ernährung, Naschen, Genuss des Essens mehr und mehr in einen moralistischen Sumpf, in dem authentische Empfindungen kaum noch möglich sind, und Fragen wie „Darf ich“ oder „Leiste ich mir etwas verbotenes“ weit mehr Gewicht bekommen, als ihnen zusteht.
  9. Die Set-Point-Theorie der Selbstregulation des Metabolismus lässt sich letztlich auf ein ganz einfaches Physikalisches Modell zurückführen:
    Dabei hat der Körper die Aufgabe, ein bestimmtes Aktivitäts- bzw. Temperaturniveau aufrechtzuerhalten, vergleichbar einem Teekessel, der über einem Feuer hängt: Erhöht man die Verbrennung zu stark, führt das Zuviel an Hitze dazu, dass das Wasser übersprudelt und das Feuer erlischt. Heizt man zu wenig, wird das Wasser nicht heiß. Um das Wasser konstant knapp unter dem Siedepunkt zu halten, ist eine permanente Regulierung nötig.
    Wir sehen an diesem einfachen Beispiel, dass die menschliche Regulation des Metabolismus wesentlich mehr Faktoren umfasst, als die Wissenschaft erfasst hat.
  10. Wir müssen beim „gestörten Körpergewicht“ auch die Funktion, die es für das Befinden hat, berücksichtigen, sei dies Die Herstellung von Abstand zu anderen, Beruhigung (das Vorurteil von den „gemütlichen Dicken“ muss auch seinen wahren Kern haben) oder eine Signalfunktion.
  11. Dabei dürfte Selbstwahrnehmung und Körperschema über weite Strecken gestört sein. Ist das „dicke Körperschema“ erst einmal als das „wirkliche Körperschema“ halbwegs akzeptiert, können genau die Mechanismen, die für die Beibehaltung eines konstanten Gewichts sorgen, greifen.
  12. Es gibt unzählige soziale Faktoren und Umweltfaktoren, dies das Gewicht beeinflussen und von der Set-Point-Theorie auße vor gelassen werden. Die – relativ gesehen massenhafte – Gewichtszunahme weiter Bevölkerungskreise im In- und Ausland spricht gegen die allgemeine genetische Vorherbestimmung – es sei denn, die gleiche  Mutation wäre gleichzeitig und weltweit aufgetreten. Nun, auch das ist nicht auszuschließen, aber keine veröffentlichte wissenschaftlich abgesicherte Erkenntnis.

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Ein Kommentar zu “Set-point-Theorie”

  1. […] aufschlussreich, wie hier die Set-Point-Theorie akzeptiert wird: […]

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  • Sabrina: Schön, dass du bei der Bilanz dabei bist! Mit Spirulina und Algen zu experimentieren,...
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