Essstörungen: Guter Rat ist teuer, und Nachsorge unverzichtbar

Immer wieder finden wir in „Ratgebern“ kurze Textabschnitte,  die in knappen Sätzen ein scheinbar einfaches und selbstverständliches „How-to“ vermitteln, wenn es um die Bewältigung von Adipositas geht:

„Es kann sein, dass der Hausarzt mit den Klagen über die Fressattacken nichts anfangen kann“, sagt Georg Ernst Jacoby, Chefarzt der Spezialklinik für Essstörungen, Klinik am Korso in Bad Oeynhausen. … „Als erster Schritt empfiehlt es sich, eine Beratungsstelle für Essstörungen aufzusuchen“, sagt Jacoby. Als zweiter Schritt ist die Suche nach einer Selbsthilfegruppe ratsam. Das Gespräch mit anderen Betroffenen kann Patienten helfen, die sich mit ihrem Problem allein fühlen.

Da fragt man sich doch, welch wundersame Ratschläge hier erteilt werden: Die Suche nach einer Selbsthilfegruppe, die es überhaupt nicht gibt, ist „ratsam“.

Und, schauen wir mal im Forum für ehemalige Patienten der Fachklinik für Essstörungen, finden sich nach der Suche: „Selbsthilfegruppe„, die nur ein Ergebnis lieferte,  Aussagen wie:

Alle Versuch hier in meiner Region Fuß zu fassen und eine Gruppe zu finden sind zunächst gescheitert und hat auch neue Entäuschungen gebracht. Die Folge ist, dass ich mich isoliert habe und den Frustfraß erst richtig begann….

– wobei unter „zunächst“ auch „bis heute“ zu verstehen sein könnte; Oder auch

ja, ich schaffe es auch einfach nicht alleine, mit meinen Problemen fertig zu werden und ich war schon oft drauf und dran, wieder eine stationäre Therapie zu beantragen.

… und wir finden noch einen interessanten Aspekt, was das Krankheitsbild betrifft, der so selten berücksichtigt wird:

Da musste ich damals auch schlucken. Mir hatte auch die Therapeutin in der Klinik gesagt, dass bei Adipositas die Rückfallquote am höchsten ist.

Auch von Therapien ist die Rede:

Meine Therapuetin, die ich über 2 Jahre hatte, hat mich als „geheilt“ entlassen, wenn man sowas überhaupt sagen kann. Es ist nur komisch, daß ich immer noch meine Probleme versuche mit Essen zu bekämpfen, was natürlich nach hinten losgeht und Depressionen sind vorprogrammiert.

– aber nicht von einer organisierten permanenten Nachsorge.

Hier, also bei der „sekundären Prävention„, liegt offensichtlich ein schwerwiegendes Defizit vor, da die Betroffenen mit hoher Wahrscheinlichkeit noch über eine lange Zeit mit der Krankheit zu kämpfen haben, und damit, auf sich allein gestellt, auch überfordert sein können.

Was können wir eigentlich aus dem Klinikslogan

Uns liegt am Herzen, dass die Patienten einen Ort finden, an dem sie ihr Leben ändern können

ableiten?

Doch nur, dass es um eine tiefgreifende Änderung des Lebensstils, die nicht ohne (auch heftige) Konflikte sein kann.

Von daher wäre ein Bedarf an „Begleitung durch die Permakrise“ durchaus festzustellen – wird er aber gesehen und auch realisiert? Hinzu kommt, dass die Klinik-Patienten vielleicht nur die Spitze des Eisbergs darstellen.

Eine strukturierte Selbsthilfe im Bereich Übergewicht/Adipositas könnte funktionieren, was aber offenbar nicht funktioniert, ist der Aufbau der dafür nötigen Strukturen durch die Betroffenen/Erkrankten selbst.

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