Gewohnheit, Konditionierung, Sucht

Die Freiheit, zu tun und zu lassen, was man will, dürfte von Gewohnheiten wohl am wenigsten beeinträchtigt sein: Das Wort leitet sich ab von „wohnen“, ist also in Verbindung mit dem Ort, der – zum Beispiel als Höhle – für die Urmenschen einen Rückzugsort mit relativ hoher Sicherheit gegenüber der (feindlichen?) Umwelt dargestellt hat.

Dementsprechend bilden sich Gewohnheiten heraus; die Sippenmitglieder haben ihren Schlafplatz, vielleicht ein eigenes Fell, um sich zuzudecken usw. .

Man gewöhnt sich an bestimmte – auch veränderte – Umstände, etwas oder jemand wird zur Gewohnheit; verliert so den Charakter des Außergewöhnlichen.

Wenig Rücksicht auf die Würde des Hundes wurde bei dieser Apparatur genommen, mit der man den Hund dazu bringen konnte, bestimmte Reflexe zu entwickeln – etwas Speichelfluss (bedeutet Appetit oder „Hunger“) als Reaktion auf bestimmte Reize zu entwickeln.

Wird zum Beispiel ein akustisches Signal mit dem Erscheinen des Futters verbunden, fließt der Speichel später auch beim akustischen Signal allein. Das arme Tier entwickelt Hunger beim Klang eines Glöckchens!

Ähnliches kann man auch mit Menschen machen: Zu jeder Pause gibt es eine bestimmte Limonade, und später entwickelt der Mensch bei dem Bedürfnis nach einer Pause Appetit auf diese Limonade.

Damit der zahlende, ausgebeutete Kunde diesen Blödsinn nicht verlernt, berieselt man ihn ständig mit Botschaften der Art „Mach mal Pause, trink xy!“

Schließlich trinkt der konditionierte Mensch nur noch die Brause und lässt die Pause; enthält die Brause aber Zucker und Koffein, fühlt der Brausetrinker sich vielleicht wirklich erfrischt, oder wacher als vorher – bis Blutzucker – und Koffeinspiegel wieder sinken.

Mit Pause, „abschalten“ und kleinen Fluchten aus dem Alltag hat die Werbung auch schon mal Zigaretten verknüpft; wir sollten deshalb bei der „Nikotinentwöhnung“ nicht vom Aufgeben schlechter Gewohnheiten reden, sondern genauer von Dekonditionierung, wie immer das funktionieren mag – schließlich geht es um „künstliche Reflexe“: Der Hund kann den Speichelfluss beim Glöckchenklang ja auch nicht unterdrücken. Aber mit der Zeit verliert das Klingeln die Bedeutung, wenn es nicht mehr mit dem „Futter“ gekoppelt ist, wird es bedeutungslos.

Lieb gewordene Gewohnheiten aufzugeben, ist völlig überflüssig, und schlechte Gewohnheiten aufzugeben, ist ein anderes Kapitel, bei dem wir mit den Lehren aus dem Bereich der Hundedressur nicht allzu weit kommen – wenn es auch immer wieder auf diese Art versucht wird.

An die Macht des Suchtmittels zu glauben, ist auch eine häufige Gewohnheit, die selbst wiederum Fakten schafft. Der Teufelskreis der Sucht entspricht einer gedanklichen Endlosschleife, die auf der Vernunftebene schnell als unsinnig erkannt ist. Allerdings verkehrt das Unbewusste schon einmal Ursache und Wirkung, so dass wir bei der Fresssucht eine gedankliches  Hin- und -Herfluten zwischen „Ich fresse, weil ich dick bin“ und „ich bin dick, weil ich fresse“ beobachten können.

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Ein Kommentar zu “Gewohnheit, Konditionierung, Sucht”

  1. […] Es kann also das “immer Hunger-haben” von Außenreizen verursacht werden, bestimmte Signale bewirken Appetitt. […]

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