Die Sucht nach Zucker

Eine Meldung vom 26.09.08:

„Wissenschaftler der Universität Princeton haben Ratten täglich mit Zucker gefüttert, die Portionen kontinuierlich gesteigert und dann den Zucker ganz weggelassen. Die Tiere zeigten daraufhin ähnliche Entzugserscheinungen wie Morphiumsüchtige. „

Die Meldung wurde eifrig weiter verbreitet. Im gleichen Atemzug wurde erzählt, dass mittlerweile jeder Deutsche im Schnitt über 34 kg Zucker pro Jahr verzehrt,  bei  78 kg liege der US-Pro-Kopf-Verbrauch.

„Die Hersteller von Big Mac & Co., die damit den Geschmack ihrer Brötchen, Hackbuletten und Hühnchenstücke perfektionieren, lösen durch die Kombination von Zucker und Glutamat im Gehirn eine Art kulinarischen Orgasmus aus.“

Es handelt sich bei dieser Meldung um eine Pressemitteilung von Gruner  Jahr, die auf das Erscheinen von „Wunderwelt Wissen“ hinweisen sollte. Bei wissenschaft.de hat es die Überschrift

Ratten-Studie bringt Beweis für „Zucker-Abhängigkeit“

allerdings schon im Juni 2001 gegeben…
Nichts Neues also an der „Zuckerfront“, aber das Aufwärmen alter Meldung, frisch dekoriert, scheint lukrativ.

Wer auch immer den Artikel zusammengeschrieben hat: Irgendeine Ahnung muss er gehabt haben. Sogar den Ausdruck „alimentärer Orgasmus“ gibt es, in der Psychoanalytischen Neurosenlehre, seit 1926:

„Normale Entwicklung: Lustvolle orale Befriedigung beim Stillen und bei der Pflege. Entwicklung der Fähigkeit, sich etwas zu nehmen und zu genießen. RADO: alimentärer Orgasmus.“

Es handelt sich um die Orale Phase (FREUD: Entwicklung von sexuellen Empfindungen über den Mund)… 

Die pseudo-Kritik an den Hamburger-Brätern, die uns da so hinterrücks zu Kopf-Orgasmen verhelfen, geht voll an der Sache vorbei: Natürlich ist Essen (fast) immer mit Befriedigung verbunden – auch, wenn es gesund ist…

Ansonsten sollten wir den Zuckerkonsum doch lieber nicht so abstrakt diskutieren, sondern praktisch verringern.

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7 Kommentare zu “Die Sucht nach Zucker”

  1. Danke. Ich glaube die aktuelle Meldung kommt durch irgendwas in Richtung Apotheken- oder Krankenkassen-Zeitschrift. Ganz sicher bin ich aber nicht, den Ursprung habe ich auch nicht rausgefunden. Aber in einer alten Doku von 2001/2002 wird darauf schon eingegangen: http://www.spirit-tv.de/extvideo.php?id=20

    PS: Neues Design? Neuer Blog-Titel? 😎

  2. Die Reihe der Alltagsdrogen würde man heute noch erweitern.
    Der Artikel, auf den ich hier Bezug nehme, war in einem reinen Werbe-Blog veröffentlicht worden und dann häufig kopiert, eben um die neue Zeitschrift zu bewerben.

    Zum PS: Dasoptische  ist mal eine vorläufige Änderung; der Titel „Wunschgewicht mit Fressnet-Diät“ hat sich erst mal erledigt…

     

  3. […] Horst: Danke. Ich glaube die aktuelle Meldung kommt durch irgendwas in Richtung Apotheken- oder… […]

  4. […] amerikanische Ernährung hat, kurz gesagt, einfach zu viel Zucker, und Zucker macht süchtig, so ähnlich steht das hier auch […]

  5. […] Zuckersucht […]

  6. […] posts:Die Sucht nach ZuckerZucker, Sucht und AbhängigkeitBildung: Zucker in der Schule: Zucker ist süßNichts dazu gelernt: […]

  7. […] die Gier zur Sucht wird – die Übergänge sind fließend – und sich der Teufelskreis schließt, spielt die […]

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