Narzissmus – nicht unbedingt gesund, aber auch nicht direkt krank, aber sprechen wir lieber nicht darüber…

Die Diagnose: “Narzisstische Persönlichkeitsstörung” jedenfalls wird es ab 2013 in den USA nicht mehr geben: Im Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders — “DSM 5” ist “Narzissmus” gestrichen.
Vielleicht ist es auch besser so: Kommt es doch bei Begriffen, die seelische Zustände bezeichnen sollen, darauf an, was darunter zu verstehen ist – und der Begriff “Narzissmus” wird auch schon einmal überfrachtet:

Narzissmus als Persönlichkeits(de)formation hat viele Gesichter. Er zeigt sich … in der steigenden Abhängigkeit von der Wertschätzung und Aufmerksamkeit anderer. Narzisstisch ist die Betonung von Autonomie in all unseren Beziehungen, bei gleichzeitiger Angst vor Abhängigkeit. Narzisstisch ist die nur mühsam gezügelte Aggressivität, wenn uns jemand „dumm kommt“ oder unsere Ansprüche infrage stellt. Narzisstische Symptome sind das Gefühl innerer Leere, die extremen Schwankungen des Selbstwertgefühls und die ausgeprägten oralen Süchte – Essen, Rauchen, Trinken. Und narzisstisch ist die Verdrängung von Alter, Schwäche und Tod als Teil des Lebens. (Quelle)

Solche Diagnosen helfen natürlich nur, wenn es zur Störung auch die passenden Therapeuten gibt, und die wären, nach der schwammingen Beschreibung “übersteigertes Gefühl der eigenen Wichtigkeit” und “Bedürfnis nach ständiger Aufmerksamkeit”  selbst vom “Narzissmus” betroffen, selbst, wenn sie über “Narzissmus” dozieren. (“Orale Süchte” – ist das nicht ein eigenes Problem für sich??)

Insofern – “Sind wir nicht alle ein bisschen bluna?” – ist es richtig, “Narzissmus” nicht mehr zur Diagnostik zu verwenden; es ist ja etwas ganz normales.

Geltungssucht ist ungefähr so normal wie Habsucht und Dummheit, und Dummheit gehört bestraft. Das hat die Menschheit “schon immer” gewusst und Mittel und Wege gefunden, Kinder zu erziehen, zum Beispiel, indem man sich Geschichten erzählt hat:

Wie die Götter mit unangemessenem Verhalten umgehen.

Da gibt es die Geschichte von König Midas, und wie er zu seinen Eselsohren gekommen war: Die Götter strafen unangemessenes Verhalten ab, und sie lachen über die dummen Menschen. Narziss wurde bestraft, weil er die, die ihn liebten, täuschte.

Verständlicherweise  hat noch kein Psychiater von Bedeutung den “Midasismus” eingeführt; aber das könnte noch kommen, wenn die entsprechenden Pillen zur Behandlung auf dem Markt sind – der wäre riesig (aber die Krankheitseinsicht gering).

Bei der “Einführung des Narzissmus” war den  Göttern noch gar nicht zum Lachen zumute – aber jetzt haben sie, glaube ich, mal wieder gekichert:

Narziss (und Echo!) – das ist nur eine Episode unter hunderten in den Metamorphosen, zwar wichtig, aber nicht mehr oder weniger als andere Szenen in der Überlieferung auch, und da gab es “Gelehrte”, die die antike Menschenkenntnis übertreffen wollten…

Die Kommentare zur Meldung

Narcissism No Longer a Psychiatric Disorder

waren jedenfalls ganz amüsant…

So now when confronted with such people, you can inform them that they have no psychiatric disorder. They are simply self-centered, attention seeking, grandiose bastards!

“Narcissistic personality disorder” isn’t the first entity to get bumped from the DSM. In 1973 homosexuality was deleted after years of debate. It finally happened when enough gay psychiatrists came out, causing their straight colleagues to observe, “Gee, I know those people and they seem fine. So maybe they’re normal.”

If you’re mystified by the decision to drop NPD, take a look at Facebook, where hundreds of your “friends” can’t wait to tell you they bought a jar of Skippy this morning. Take a look at television, where people ache so much for their fifteen minutes of attention that they compete to make fools or felons of themselves. Notice that we gaze into one another’s eyes less than at our cell phone screen’s display of messages, messages to US.

Yup, narcissism’s getting relieved of its “disorder” burden because a significant number of psychiatrists have had the courage to admit that they, too, have become navel-gazers. Narcissism is now officially normal. What’s next?

Related posts:

  1. Narzissmus: Isolation, Befreiung und Dialog
  2. Nikotin als Narkotikum? – Mehrfachabhängigkeiten
  3. Also wirklich: Nieder mit den Pfunden!
  4. Wie pflanzlich ist der Zeitgeist? Klimatraumatische Belastungsstörungen
  5. Geben & Abgrenzen. Toxisch oder Ermutigend. Kulturstreaming, Sozialforschung, Habecks Räte

Ein Kommentar zu “Narzissmus – nicht unbedingt gesund, aber auch nicht direkt krank, aber sprechen wir lieber nicht darüber…”

  1. […] gepflegte Esslust zu entwickeln.  Welche Entscheidungsfreiheit haben wir, wenn es um Hochmut (Geltungssucht) und Stolz […]

Hast Du eine Anregung, Frage, Kritik oder ein Lob? Dann
Gib doch einen Kommentar ab!
(Aber keinen Quatsch schreiben!)

Frische Kommentare

  • Sabrina: Schön, dass du bei der Bilanz dabei bist! Mit Spirulina und Algen zu experimentieren,...
  • ClaudiaBerlin: Mit all meiner fortgeschrittenen Lebenserfahrung kann ich sagen, dass das mit den...
  • Julia: Da hast du recht, was das Fermentieren angeht, bin ich Spätzünderin 😂
  • Ulrike: Nachhaltigkeit und Produkte aus der Umgebung sind wichtig, da bin ich ganz bei dir. Alles...
  • Bine: Lieber Klaus-Peter, ich bin über die Foodblogbilanz2021 auf Deinem Blog gelandet und...

Rubriken

Archive

Motivation