Wie pflanzlich ist der Zeitgeist? Klimatraumatische Belastungsstörungen
Geschrieben am 12. Oktober 2019 von KPBaumgardt
Als ich neulich in einem US-amerikanischen Text (der kommt noch dran, später) bei dem Wort „Zeitgeist“ ziemlich genau wusste, was gemeint ist, hatte ich es mit so einem „deutschen Exportartikel“ zu tun, den die Welt braucht, um sich zu verständigen, ähnlich wie bei dem Wort „Kindergarten“ – sprachlich exportieren wir wenig, importieren stattdessen unseren halben Wortschatz und könnten auch re-importieren, zum Beispiel „zeitgeisty“, das heißt: „dem Zeitgeist entsprechend“.
Zeitgeisty Konversationen über „The spirit of age“ führen meist dazu, dass sich mehrere Erzählungen kreuzen oder überschneiden; momentan hat der Zeitgeist das Kürzel „XR“, „Extinction Rebellion“ und lässt sich einfach nicht einfangen, doch viele versuchen, von ihm zu erzählen: „Leise rieselt die Sanduhr, viel Zeit bleibt nicht, bis alle Arten ausgerottet sind“.
Hier „symbolisiert“ das X die Sanduhr und die Sanduhr die beschränkte Zeit – in der Mathematik ist X eine unbekannte Variable, eine gesuchte Größe, eine offene Frage. Kann die Frage sich überhaupt auf eine Zukunft beziehen, wenn wir keine haben? Die Lösung, die Loslösung aus der Depression, in die zweiflerisches Grübeln führen würde, heißt „Rebellion“.
Noch ein Logo mit „X“ – „Gewicht reduzieren durch die Portionsdiät“ und Link zur Portionsdiät-Story
Wo die einen noch fragen „Was soll ich heute kochen?“ fragen die XR-Aktivisten vielleicht „Wo gehe ich in drei Tagen essen, wenn die freundlichen Polizist*innen mich wieder laufen lassen?“
Hundertprozentige Klimaaktivisten fahren ja gar nicht Auto, oder höchstens ein Tretauto und essen gar nichts vom Tier, oder höchstens ein viertel Ei am Tag. Kichererbsen-Bratlinge (weichgekochte Kichererbsen, mit Gabel zerdrückt, Ei, Weckmehl, Zwiebel, viel Curcuma, Salz) langsam in reichlich Öl gebraten plus Halbfertig-Krautsalat (Industrie-Krautsalat duchspülen, und mit eigener Gewürzessig-Olivenöl-Salatsauce nachbehandeln) sind ökologisch und hedonistisch vertretbar 😉 Den Krautsalat hatte ich aus Gründen der Bequemlichkeit fertig (und mit Mindesthaltbarkeitsdatum-bedingtem Rabatt) erstanden, später festgestellt, dass er nicht nur frei von Konservierungs- und Farbstoffen ist, sondern auch voller Zucker. So hätte es bei der Lebensmittel-Ampel höchstens zu einem „gelb“ oder „orange“ gereicht.Wie wir sehen, sind wichtige Dinge nicht reguliert in unserem Staat; in Ernährungsfragen und überhaupt:
„Ohne eine durchgreifende, übergeordnete Klimapolitik ist der Einzelne zu etwas verurteilt, was er nicht bewältigen kann: Zu privatem Heroismus.“
So ist es zu lesen bei Bernd Ulrich, „Alles wird anders – Das Zeitalter der Ökologie„. Die Klimakrise ist eine politische, gesellschaftliche und individuelle Herausforderung. Machen wir was draus!
Berlin, 08.10.2019: An der Siegessäule wird die Straße „geräumt“, die Polizei trägt Demonstrantinnen und Demonstranten, Heldinnen und Helden der Rebellion weg, nicht jedoch ihre Forderungen, die sind jetzt in der Berliner Luft 😉
Die Regierung, an die die Forderungen gerichtet werden, empfindet das wie eine Legitimation: Könnte man doch meinen, sie hätte die Macht, wesentliche Änderungen zu veranlassen und verweigere sich bloß.
Gehen wir mal davon aus, dass die Regierenden zum Teil mit der Erfüllung von Lobbyinteressen beschäftigt sind, zum Teil ihre Klientel, die Wohlstand und Bequemlichkeit erwartet, bedienen muss (wegen der Wiederwahl), und häufig gar nicht weiß, was zu tun ist. Als neulich unsere voraussichtliche Kanzlerinnen-Nachfolgerin das Wort „Agroforstwirtschaft“ gebrauchte, war das fast schon elektrisierend. Später allerdings deutete sich an, dass der Text aus einer fremden Feder stammt/stammen müsste.
Hinweis für jugendliche Klimaheld*innen:
„Agroforstwirtschaft“ oder auch „Agroforestry“ ist ein global angewandtes Verfahren, bei dem Bäume und Gemüse oder Obst, manchmal auch noch Nutztiere auf dem gleichen Grundstück gedeihen (sollen). Es ist gut für die Humusschicht und in der Lage, relativ viel Co2 aus der Luft zu binden.
Wenn Ihr etwas für Euch, die Umwelt und Eure Kinder und Kindeskinder tun wollt, kümmert Euch weniger um Germanistik und Linguistik und mehr um Umweltwissenschaften, Umwelthandwerk & Technologien!
Wenn Greta in ihrem jugendlichen Optimismus meint, mit ‚“Unite behind Science“ das Patentrezept gefunden zu haben, ist sie vielleicht einem „Hide behind Science“ bedrohlich nahe: Es geht bei Jugendlichen/Adoleszenten darum, allmählich selbst einen wissenschaftlichen Standpunkt einzunehmen. Sehr jung ist die Wissenschaft, mit Wurzeln in Astronomie, Magie, Zauberei, Musik, Traum, Ur-Religion, der alles in der Umwelt als beseelt galt, Naturbeobachtung.
Wissenschaft selbst ist weitgehend unerforscht und wenig hinterfragt, aber von den Machtverhältnissen und Wirtschaftsinteressen eingeengt.
Politiker sind Allroundtalente und selektiv begabt, vor allem aber sehr gern sehr beliebt.
Wir stehen vor praktischen Fragen wie
- „Wie hilfreich oder risikobehaftet sind genmanipulierte Nahrungsmittel, etwa ein „goldener Reis“?
- Mit welcher Software kann die Bahn zumindest reservierte Sitzplätze unkomliziert, narrensicher und zuverlässig zuweisen?
- Welche Perspektiven ergeben sich bei der Verwendung einer „Supererde“ namens Terra Preta?
- Menschenrechte, Gleichberechtigung der Geschlechter
- Chancengleichheit & soziale Gerechtigkeit
- Treibhauseffekte…
Die Nächsten, bitte!
Schön wäre es aber, wenn die, die heute die Umwelt bewahren wollen, diese Einstellung auch morgen noch haben.
Nötig ist es auch, dass diejenigen, denen heute noch ihr kurzfristiger Genuss aus umweltschädlichem Verhalten (Vollgas, Dosenbier, Flugmangos…) hilft, ihr Leben zu „pimpen“, sich umorientieren.
Deshalb brauchen wir allgemeinverbindlich die Anerkennung als Person, nicht primär des Aussehens, nicht der Konsumgüter.
Champignons mit Kartoffel-Süßkartoffelstampf.
Zwischenmenschliche Gemeinheiten
Eine „Influencerin erwähnt ihre „… Nachbarin, die nicht anstatt einer Mahlzeit, zusätzlich zu jeder Mahlzeit einen Almased-Shake getrunken und damit binnen 14 Tagen 5 Kilo ZU-, statt 10 Kilo abgenommen hat.“
So bekommt sie die Lacher auf ihre Seite und bekräftigt die Vorurteile, die auch ihre Follower fleißig schüren.
Dabei ist die Diskriminierung Anderer aufgrund von Körpermerkmalen wie Haar-, Augen-, Hautfarbe oder Körpergröße oder -Umfang „reinrassiger Rassismus“ und keine gutmütige Spöttelei, wird aber gerne im Rudel betrieben.
Wie sollen Menschen, die so schlecht mit Menschen umgehen, sich mit denen solidarisieren, um gemeinsam die Welt zu retten?
Bei solchen Fragen sieht man wieder, wie mangel-behaftet die Wissenschaft ist, die jeweils ein Spezialgebiet abdeckt, nicht aber den Zusammenhang – wobei die Sozialwissenschaft selbst ein Spezialgebiet ist, dessen sie sich dringend mal annehmen müsste.
Häufiger, als Frauen sich selbst als „Bitch“ bezeichnen, werden sie von „Rappern“ so genannt – das mag Slang oder „Jargon“ sein, doch auch die charmante Weiblichkeit kann austeilen:
Sicher gibt es eine Wissenschaft, die eine Erklärung für solche Konstellationen von „Schlampe und Mistkerl“ findet, die könnte sich gleich um das Problem kümmern, dass viele Jugendliche den Gang auf die Straße scheuen, ihre Zukunfts-Interessen kaum vertreten, vielleicht denken: „Was soll ich bei all den tollen Klima-Helden, die nur sich selbst im Fokus haben? Die sind so toll, dass ich gar nicht mehr wahrgenommen werde!“
Auch solche Fragen dürfen kein Tabu sein, könnten vor der Einrichtung von Arbeitsgruppen, die sich mit „denrichtigen Sachfragen“ im Zuge des Systemwandels auseinandersetzen, geklärt werden.
Längst knirscht es im Getriebe der Warenwelt – daran hängt die Zukunft der Arbeit, hier können Versorgungsengpässe und Krisen entstehen, unkultiviert und wahnhaft-boshaft-projektiv gesagt: „Wenn die Lichter ausgehen, hat Greta uns da, wo sie uns haben wollte!“
„Es ist offen, ob das Auto im Zuge dieses Wandels seinen Charakter als Statussymbol erhalten kann, für das man viel Geld ausgibt – oder ob es nicht schlicht zum auswechselbaren Fortbewegungsmittel wird…“
Man könnte, vereinfacht gesagt, aus dem ohnehin angesagten, notwendigen „…ökologischen Umbau der Weltwirtschaft…“ ein kombiniertes Konjunktur- und Modernisierungsprogramm machen. So etwas geht aber nur mit mindstens halbwegs befähigten Planer*Innen und solider Kalkulation, nicht mit einem Interessenkonglomerat, bei dem am Ende ein paar Immobilien-Haie überhaupt nicht mehr wissen, wofür sie ihre wundersam verdienten („erspekulierten“) Milliarden noch ausgeben sollen.
Ich hatte eingangs die „Agro-Forstwirtschaft“ nicht aus reinem Zufall angesprochen. Der Architekt, Visionär und Konstrukteur Fuller hat mit seinen „Glaskuppeln“ eine enorm ressourcenschondende Konstruktionsform geschaffen, die – wie Rechteck, Quadrat und Kugel – natürlich ihre „Gültigkeit“ behält:
Dafür ließen sich die Scheiben von Fenstern, die bei Gebäudesanierungen ausgetauscht werden, recyceln, so dass mit fast beliebigem (ebenfalls als Recyling-Lösung) Material für die Rahmen sehr preiswert und mit vertretbarem Aufwand ganze Gewächshaus-Landschaften machbar sind.
Wenn man bei der Gewächshaus-Entlüftung der Abluft noch die Feuchtigkeit entzieht, vermindert das den Bedarf an Frischwasser zur Bewässerung…
Gerade, wenn man Ernteausfällen wegen Trockenheit, Starkregen oder Hagel verhindern will, gibt es so wahrscheinlich eine Möglichkeit, vorzubeugen – neben der Verlängerung der Vegetationsperiode ein weiterer Vorteil.
Ein paar nette Impressionen zu Fuller, dem wissenschaftler und Designer, der von Synergien nicht nur geredet hat, findet Ihr in einem kurzen Ausschnitt aus einer älteren „CBS-morning-show“.
„Das ist Vergangenheit – sollte noch Zukunft werden“
sagt da ein Bewohner eines der seltenen „geodäsischen Häuser“…
Fragen an eine KI und deren Antworten
Der „Economist“ richtete an „die Jugend“ die Frage, welche ökonomischen und politischen Veränderungen nötig wären, um dem Klimawandel effektiv entgegenzutreten oder nicht. Es gab eine Vorgabe hinsichtlich des Umfangs und eine Jury, um die Antworten zu bewerten; einer der anonymen Teilnehmer war ein Computer, der sich künstlicher Intelligenz bediente.
Question: What fundamental economic and political change, if any, is needed for an effective response to climate change?
Es handelte sich um einen Artikel mit rund 1.000 Wörtern, in dem es zu vielen Wiederholungen und umständlichen Formulierungen kam; in der Essenz sind die wichtigsten Punkte jedoch ganz interessant:
- bessere Energieeffizienz
- berücksichtigen, dass parallel zu Energie-Einsparungen auf der einen Seite in anderen Ländern die Emissionen noch steigen
- Stehen wir vor der Alternative „Klimawandel bekämpfen“ oder „Anpassung an Klimawandel“?
- Der IPCC-Bericht beruht auf unvollständigen Bewertungen (assessments), insofern sind die Empfehlungen unvollständig, und als „möglich“ betrachtete Probleme werden sehr real.
- Für die Verringerung der Emissionen in einem „kostenneutralen und nachhaltigen Modus“ sind die USA auf fremde Hilfe angewiesen.
- Global werden die Auswirkungen der Erderwärmung ärger und größer, können wie in einem Teufelskreis weitere Umweltzerstörung bedingen/begünstigen.
- Während Weltbevölkerung und Wohlstand wachsen, soll gleichzeitig der Resssourcenverbrauch vermindert werden – bei immer mehr selbstverursachten „Naturkatstrophen“ und erschwerter Gesundheitssituation (Seuchen, Hungerkatastrophen).
- Die immense Produktivität der Ressourcen der Welt ist nur mit massiven, und zwar sofortigen Verbesserungen der gängigen Techniken zu nutzen.
- „Landflucht“ und Verstäderung führen zu schlechteren Lebensbedingungen
- Wir dürfen diese Risiken für die menschliche Zivilisation nicht verdrängen und müssen jetzt handeln, die Herausforderung annehmen.
Der (Super-) Computer hat recht vorsichtig formuliert – so hätte er bei 10.) statt „Risiken“ auch „Killer-Faktoren“ einsetzen können. Um die Zivilisation (noch ein wenig) aufrechtzuerhalten, sollen wir es aufgeben, zu verdrängen; „Verdrängung“ wird hier verboten, was selbst FREUD kaum für realistisch halten würde – wir müssten also für mehr Effizienz unserer Bemühungen auch mit Psychoanalytikern und Sozialwissenschaftlern kooperieren und überhaupt mehr kooperieren… Ein ganz kurzer Beitrag der Harvard T.H. Chan School of Public Health verdeutlicht, dass ein Zusammenhang von Klimakrise und geistiger Gesundheit eigentlich nicht zu leugnen ist – wobei auch die (relative) narzisstische Kränkung durch die Veränderungen der Lebensbedingungen berücksichtigt werden muss.
Die „gelähmte“ Psyche ist ein wichtiges Moment und gefährdet begreiflichewrweise unsere angemessenen Reaktionen – wir haben keinen Grund, unbesorgt zu sein und stehen unter Stress, so dass schon die Rede von der „vortraumatischen Belastungsstörung“ („Pre-traumatic stress disorder„) ist, die bei genauerem Hinsehen weniger als Störung, denn als „Condition“, also Verfasstheit, Befindlichkeit erscheint.
Junge Leute belastet die potentielle Zukunftslosigkeit offenbar mehr als ältere, die das Erdenleben bälder hinter sich haben.
Als mögliche Therapie kommt hier nur in Frage, zusammenzuarbeiten, Wissen auszutauschen, im Interesse des Fortschritts:
In der „menschlichen Zivilisation“ hat es schon immer Wendungen und Veränderungen gegeben, mal als Fortschritt, mal als Rückschritt in der einen oder anderen Hinsicht. Aktuell wird eine Transformation in technischer Hinsicht gefordert, nicht mehr das Aussteigen aus der Atomkraft, sondern aus der Kohlenstoff-Verbrennung – und anderen Prozessen, die Co2 freisetzen. Das ist „zeitgeisty“-modern, kann sich als öffentlicher Zusammenschluss vollziehen und entspricht keinem egoistischen Bestreben, sondern der Zeit.
Die Prämisse ist ganz einfach: Wenn Menschen gemeinsam essen gehen,entscheiden die Veganer oder Vegetarier über die Wahl des Lokals. Insofern gibt es große wirtschaftliche Riskien für Restaurants, sofern sie nicht genug attraktive Menüs anbieten. In den USA gibt es dazu auch „schon“ Beratung und Consulting, unter „theveganizers.com„.
Das heißt, wichtige Informationen werden „monetarisiert“ und fließen nicht frei im Wirtschaftsraum, einfaches Wissen verwandelt sich in „Kapital“.
Dieser Einkauf von Consulting sei nötig, weil die Konsumenten sich atypisch verhalten – in Abstimmung mit ihren Werten und denen von Instagram.
„Zeitgeistrelevanz“ beschränkt sich nicht auf gebratenes Gemüse, so die Argumentation.
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