Die Flaschen auf dem Parteitag, und Spass mit Sass

SPD: Es ist besser falsch zu regieren, als gar nicht zu regieren. #spdbpt18

Wer twittert denn sowas? Ganz einfach: Berufssatiriker, die nicht schweigen können, drei Extra-Spassvögel, die doch nicht an die Qualität des Originalzitas heranreichen. Die krankhafte Beredsamkeit teilen sie mit manchen Politikern – einen richtig großen Auftritt hatte aber keine(r) auf dem gestrigen Parteitag.

Die Krux der auf vermarktete Bedürfnisbefriedigung ausgerichteten Gesellschaft ist, dass mehr Konsum fast immer auf mehr Umweltbelastung herausläuft. Wer aus Luxus-, Prestige- oder Gewohnheitssgründen seinen Durst nicht mit Leitungswasser stillt, sondern sich Mineralwasser in Flaschen servieren lässt, hat damit ein Produkt vor sich stehen, für das Energie aufgewendet worden ist, Kohlendioxyd ausgstoßen wurde, dessen Verpackung einstmals Erdöl gewesen ist.

Im Luftbild von Gerolsteiner sehen wir – als wäre es symbolisch so beabsichtigt – eine lange Reihe von Lastwagen, die brauchen zur Fortbewegung und zum Parken mit Asphalt versiegelte Flächen, schaffen aber Arbeitsplätze, die sie schon lange bei der Bahn reduziert haben. Dass die sich aus dem Güterverkehr hat himausdrängen lassen, war (solche Gerüchte gibt es) politisch gewollt.

Jedenfalls ist belegt, dass die in Ehren ergrauten oder ergrauenden Partei-Ehrengäste Plastikflaschen vor sich stehen hatten – ohne dagegen zu protestieren.

Nachhaltige Klimaziele sind besser als solche, die nicht gelebt werden – in der Polit-Tretmühle kommt man nicht auf den Gedanken der persönlichen Konsequenz in diesen Fragen.

Stattdessen: Verhaltener Applaus. Die Jusos waren immerhin deszent genug, „Groko“ nicht mit „Großes Kotzen“ zu übersetzen, ein bescheidenes „lasst uns gemeinsam einen neuen Anfang wagen“ wurde jedoch mit der Retourkutsche der Älteren „Wir sind doch kein Selbstfindungsverein, der vier therapeutische Regenerationsjahre braucht“ beantwortet.

Die Flaschen, die wir hier sehen, sind durchweg Einwegflaschen, werden trotz Pfand nicht wiederbefüllt und sind, wie die im Hintergrund zu sehenden Einweg-Kaffeebecher, eigentlich eine Umweltsünde.

Die “Deutsche Umwelthilfe” bietet vielleicht auch für Genossinnen und Genossen den Schnellkurs „Becherhelden“ an – wenn eine parteiinterne Schulung nicht machbar ist, müssen eben externe Fachleute herbei. Für „Leitungswasser trinken und CO2 sparen“ ist von Amts wegen eher das Sozialministerium(?)  zuständig, das den Sozialfällen im Land eben das empfiehlt.

Schokokefir: 1 Glas Kefir, 25 gr. fein geriebene Vollmilchschokolade, 2 gestr. Tl. Kakaopulver miteinander pürieren
 

Mit so einem Getränk sind wir schon im Grenzbereich zwischen Essen und Trinken – nahrhaft ist es wie eine Suppe, wenn auch nicht heiß. „Nachhaltig-regional“ ist mit Kefir ganz einfach, wenn er direkt hinter der eigenen Haustür gebraut wird.

Heiß war die folgende Suppe:

Mit all den versprochenen Steuererleichterungen können sich bald viele alleinerziehende Mütter so etwas leisten – jedenfalls, wenn sie Glück haben und wegen erreichtem Mindesthaltbarkeitsdatum die Markklösschen mit Rabatt bekommen.
 

„Billige Lebensmittel, und zwar reichlich“: Das ist eine opportune politische Forderung, das vermeidet Unruhen, kann aber in passives Konsumieren münden.
Die abgebildeten Semmelknödel mit Ruccola, Meerettich-Sahnesauce und ein paar Brocken Rindfleisch machen Arbeit, sind aber preiswert.

 

Wer gemeinsam singt („Wann wir schreiten Seit‘ an Seit‘ …) soll auch gemeinsam essen. Selbstbewusst und brüderlich, gerecht vom Topf in die Teller verteilt, zu solidarischen Preisen. Gesund soll es dabei zugehen, unbelastet – das propagieren immer mehr Fernsehköche, neulich Melzer, jetzt ein gewisser „Sass“:

 

Die Sasssche Bratpfanne

In Norddeutschland hat ein Koch namens „Sass“ es doch tatsächlich samt seiner quengelnden, näselndeln, plattelnden Artikulation geschafft, Fernsehkoch zu werden. Und er bringt es fertig, mit einer gestandenen Hauswirtschaftslehrerin den Unterricht im Frikadellen-Machen zu faken. Er meint, für eine komplette Mahlzeit mit weniger als einem Euro auszukommen (wobei „Bio“ und „tierwohlwollende Aufzucht außen vor bleiben), und dass folglich ein Leben an der Armutsgrenze oder in Armut doch gar nicht schlimm sein kann, werden – oder könnten – die Zuschauer selbst folgern.

Würden die Deutschen so viel Meerrettich essen, wie dessen Verwendungsmöglichkeiten und einfache Zubereitungsoptionen zulassen, wäre Meerrettich ständig ausverkauft. Der andauernde Verlust an Arbeitsplätzen im Agrarsektor könnte gewendet werden – das ist „nur“ eine Frage der Politik, dort aber keine Forderung, folglich kein Punkt beim Nachverhandeln.

 

Sass hat bei seiner Vorführung diesen Halbsatz fallen lassen:

„… und immer mit einer beschichteten Pfanne … !“

Gut – führen wir den Satz zu Ende:

„… oder auch mit einer unbeschichteten, braten, nicht aber zwischen die Sassschen Ohren hauen – das würde zu derart irreparablen Schäden führen, dass man von Sass keinerlei Spass mehr erwarten kann…“

Wahrscheinlich hat Sass auch unbehauen eine Trägheit des Denkens – Majestätsbeleidigung liegt mir fern, Hassrede auch – nur, im gleichen „Funkhaus“ kommen Meldungen über Plastik-verunreinigtes Meersalz heraus, die bringen ihn nicht ins Grübeln, und Vorbilder prägen die Gesellschaft, seien sie auch noch so inszeniert.

Beschichtete Pfannen müssen ständig ausgetauscht werden , weil die Beschichtung sich löst. Die schon in der Herstellung problematische Beschichtung landet in letzter Konsequenz in der Umwelt. Heute noch beschichtete Pfannen, die mal ein profitables Geschäft waren, und wohl immer noch sind, zu befürworten, ist unverantwortlich.

Die Alternative aus Gusseisen hält ewig, ist aber in der Anschaffung teuer, also eine Zukunftsinvestition, genau das Richtige für umweltbewusste Genossen, Grüne, die nicht nur Rohkost essen, Konservative, die am Bewährten festhalten, Alternativ-Deutsche, wenn sie einen nationalen Hersteller auftun, und Linke, wenn sie so eine 4-5-Kilo-Pfanne mit links halten können, während die rechte Hand vielleicht die Frikadelle wendet.

In gewisser Weise sind wir doch Alle dem „Global-Eating“ ausgesetzt – und „Shitake“ ist garantiert keine deutsche Erfindung.

Nun haben wir – neben all den sozialen Fragen – sicherlich kein globales Shitake-Problem, aber globale Umweltprobleme, dabei das hier angesprochene mit dem Plastik, das vorhersehbar war und allenthalben verdrängt wird. Vielleicht müssen wir unsere Art, zu denken, „im laufenden Betrieb“ ändern.

Wenn vor einem halben Jahrvon medizinischer Seite gewarnt wurde,

„… dass etwa 500.000 Kinder in Deutschland regelmäßig nicht ausreichend ernährt werden und immer wieder Hunger leiden«, sagte der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Wolfram Hartmann anlässlich des Welternährungstages, der am kommenden Sonntag (16. Oktober) begangen wird. (Quelle)

– warum kommt dann keinerlei Korrektur von der „Steuerpolitik„?

 

 

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