Diät halten als Verhaltensstörung?

So sieht es jedenfalls Hertha Mayr, Leiterin der Tagesklinik für Psychosomatik in der Landesnervenklinik, Wien. Im Interview sagte  die Fachfrau:

Für eine Essstörung müssen … mehrere Komponenten zusammenkommen wie etwa eine genetische Disposition, geringer Selbstwert, Selbstabwertung, die Unfähigkeit, Gefühle angemessen auszudrücken und zu verarbeiten. Auch extremes Leistungsdenken kommt dazu.

Gefährdete Frauen haben das Gefühl, wenn sie dünner wären, würden sie mehr Anerkennung und Zuwendung bekommen. Dicke Menschen gelten landläufig als träge, weniger einsatzfreudig und würden laut Studien weniger Karriere machen. Schlanke Menschen werden eher mit positiven Eigenschaften in Verbindung gebracht.

OÖN: Wie ist Ihre Einstellung zum Thema Diät?

Mayr: Diäten sind seitens Essstörungsexperten nicht vertretbar, denn jede Diät ist eine Essverhaltensstörung, wenn auch noch keine Krankheit. Es gibt von der Expertenseite keine verbotenen Nahrungsmittel, auch Schokolade und fettes Fleisch sind erlaubt. Es kommt immer auf den Umgang und das Maß an. Ich bin gegen das Auslassen von Mahlzeiten und plädiere für ausgewogenes Essen zu regelmäßigen Zeiten. Keinesfalls soll das Thema Essen zum Lebensmittelpunkt werden. Wenn sich alle Gedanken um das Essen drehen, zeigt das eine Essstörung.

Was die genetische Disposition betrifft – das verwundert immer wieder. Andererseits ist hier auch an die Epigenetik zu denken; diesen Ansatz verständlich – “populärwissenschaftlich” aufzubereiten, steht allerdings noch aus…

Der Begriff “Essverhaltensstörung” ist für “Diäten” ist gar nicht übel: So manches “Diät-Buch” würde schon im Titel verraten, was es bewirkt; ”Die einfachste Essverhaltensstörung der Welt”.

Zur Entstehung von schwerem Übergewicht sagte Herta Mayr unter Anderem:

Ein Mensch mit schwerem Übergewicht sammelt Abwertung und bekommt manchmal wenig Wertschätzung. Hat er keinen gesunden Selbstwert und nimmt Sticheleien persönlich, kompensiert er seinen Frust in dem er Süßes in sich hineinstopft. … Mancher isst stundenlang dahin. Ist er satt, ist er zufrieden und getröstet; kurzfristig, weil dann sofort Schuldgefühle und Selbstabwertung kommen.

Hier fällt eine Parallele zu süchtigem Verhalten auf:

Das ist ein Teufelskreis. Schwer Übergewichtige kommen selten in Therapie, wenn doch, wird am Selbstwert gearbeitet.

Bei der Gelegenheit: Der letzte Fressnet-Artikel mit dem Stichwort “Selbstwert” hatte den Titel: “… Diät mit neuer Formel” 😉

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2 Kommentare zu “Diät halten als Verhaltensstörung?”

  1. […] eben ihre zwei Seiten. Immerhin illustriert der (Einzel(???))-Fall sehr deutlich, wie hinter der Essverhaltensstörung andere Motive und Momente wirken, hier das der (Selbst-) Abwertung, eine gewisse Geltungssucht und […]

  2. […] eben ihre zwei Seiten. Immerhin illustriert der (Einzel(???))-Fall sehr deutlich, wie hinter der Essverhaltensstörung andere Motive und Momente wirken, hier das der (Selbst-) Abwertung, eine gewisse Geltungssucht und […]

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