Gärten, Ideen, Dialoge; den halben Planeten der Bioökonomie!

„Mut zum Experiment“ und „Freude am Entdecken“ als Motivation beim  gemeinsamen Wirtschaften für eine nachhaltige Ernährungsversorgung: Das wäre nett, doch die „Gemeinschaftsgärten mit Jedermann-Beteiligung“ sind mehr Mythos als Realität.

Unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit wären z. B. städtische Nachbarschaftsgärten zu begrüßen, doch ist es Aufgabe der Kommunalpolitik,  so etwas in die Stadtplanung zu integrieren. Die Stadtplanung leidet an Home-Office, damit funktioniert keine Gartenplanung.
Seitens der Bürger*innen könnten aus eigener Initiative überall Ernährungsräte gegründet werden – wer erwartet hatte, dass die bestehenden sich exponentiell vermehren würden, dürfte bis dato enttäuscht worden sein.

Enttäuschend ist m. E. das Verhältnis der Ernährungsfachkräfte zu Tempeh, wo keinerlei  wachsende Begeisterung zu verzeichnen ist. Ohne  „Mut zum Experiment“  sind in dem Sektor auch keine Veränderungen zu erwarten.

 

Als die TAZ kürzlich „Ideen reichen nicht“ schrieb und die Autorin Ruth Lang Fuentes zu den Chancen der sich mehr ökologisch orientierenden Linken lakonisch anmerkte „… eine Klimabewegung an Haustüren und Werkstoren heißt noch lange nicht, dass sich die Menschen dahinter dieser anschließen werden. Wie man sie dazu bekommt, das ist die wahre Challenge“, hatte ich das als richtig empfunden, vielleicht auch, weil Prospektchen-Verteilen vor Werkstoren auf keiner der beiden Seiten wirklich beliebt sein kann – wann und wo die Menschen ansprechen, ist doch eine wichtige Frage.

Eine beliebte Frage ist auch: „Womit die Leute ansprechen?“ Das ist beim Essen wie im richtigen Leben: „Etwas Verpacktes, dazu eine rote Sauce„.

Bei einer ganz anders geformten „Maultaschen“-Variante stellte sich heraus: Das ist weniger Aufwand als gedacht…

 

Den Bürgern und Mitbürgerinnen ein Plenum anzubieten, wäre auch so eine Möglichkeit. Sie um Stellungnahme zu bitten, um ihre Expertise, mit Zeit, Aufmerksamkeit  und Geduld allen zuhören, nicht nur den penetranten, lautesten, schnellsten, geübtesten Mit- und Leitbürger*innen.

So ein gemischtes Bürgerkommitee würde sich in Ernährungsfragen zum Beispiel fragen, was denn überhaupt noch gut und gesund ist, denn was gut und günstig ist, wisse man ja schon lange, so ungefähr.

Nicht nur auf die Einkäufe als solche, den Inhalt, sondern auch auf die Verpackung sollten die Konsumenten Einfluss haben.

Es gibt da nämlich ein großes Problem, „a large waste problem„, das sich in den Metropolen besonders grass darstellt, aber wenn Mexico City’s 22 Millionen Einwohner mit dem Verbot von Einweg-Plastikverpackungen leben können, sollte das doch auch in einem 80-Millionen Industrieland, einem fortschrittlichen dazu, machbar sein, aber schnell!

 

Lammrücken zu essen, kann ein Erlebnis sein, und sei die Portion auch noch so klein. In diesem Fall als Schmorbraten Neu-Seeländischer Herkunft (nicht nur verpackt, sondern verschweißt) , mit hier heimischem Gemüse und selbst gemachten Bandnudeln aus italienischem Hartweizengrieß.

 

Beim Fleischverzehr kann es heute passieren, dass man Botschaften wie „Erfahren Sie, warum industrielle Viehhaltung unsere natürlichen Ressourcen erschöpft – und warum große Umweltschutzorganisationen das Problem zu ignorieren scheinen“ erhält.  Es hat da mal einen Film „Cowspiracy“ gegeben, dessen Aussage bestimmt nicht als Unterhaltung gedacht war, der aber auch als schwere Kost nicht ernst genommen wurde, wegen erfundener Zahlen.

Der Film liegt heute noch im digitalen Filmarchiv, auf einer Seite mit Trailern gab es gleichzeitig einen „Universaltrailer“ mit Schreckensbildern, die, wie sie suggerieren, erst der Anfang sind:

Vielleicht haben wir immer so eine unbewusste Vorstellung, dass, egal was passiert, es noch schlimmer kommen könnte, und machen die Ahnung gleich wieder ungeschehen, indem wir kommenden Katastrophen das Prädikat „unwahrscheinlich, nicht so relevant“ verpassen.

Bei Filmen, die abstürzende Aufzüge zum Gegenstand haben, ist das „Abtun der vorgestellten Katastrophe“ auch  angebracht, der kunstvoll inszenierte Fahrstuhl-Absturz ist technisch unmöglich.

Schleichende Katastrophen dauern etwas länger…

Es wird richtig sein, in der Vulkaneifel Seismographen zu betreiben und Katastrophenpläne bereitzuhalten – dazu gehört aber auch die entsprechende Katastrophenbereitschaft. Und Vorsorge und Vorsicht im Vorfeld sind immer sinnvoller als z. B. Untersuchungsausschüsse nach der Flutkatastrophe, die niemanden mehr lebendig machen.

 

Fische, Algen, Schönheit

Die grundfalsche Annahme, wir könnten uns gesunderhalten, indem wir nur das Richtige essen und dürften uns dazu hemmungslos bei der Natur bedienen, kann zerstörerische Effekte hervorbringen: Zum Einen bestiehlt die industrielle (Raub-) Fischerei in Westafrika die einheimische Bevölkerung, der damit die „natürliche Nahrung“ fehlt. Zum anderen zerstört die Überfischung auch natürliche Nahrungsketten, und Seevögeln, oder auch Walen, wird die Existenzgrundlage genommen.

Mit Fischmehl werden Schweine und Hühner gemästet, aus „Abfällen“ wird Fischöl extrahiert, das, in Kapseln verpackt, als Nahrungsergänzungsmittel Gewinn bringt, dabei ranzig und „nicht gut“ schmecken kann, bei zweifelhafter Wirksamkeit – aber es gibt ja keinen Lebertran mehr, und zu diesem Kapitel der Ernährungskunde fehlen eindeutige Angaben.

Kosmetik und Schönheitspflege sind nicht das Gleiche. Wenn sich Mikroplastik in Kosmetika versteckt, ist das nach dem Abwaschen Umweltverschmutzung – und zehntausende Tonnen Feinstplastik, jährlich in die Ozeane eingespült, sind wohl relevanter als Homöopathie.

 

Wird die kommende, schon begonnene „Bioökonomie rund um Mikroalgen“ helfen, den Kurs zu ändern?

Pflanzenöl sei besser als tierisches, am wichtigsten aber sei eine richtige Fisch-Mahlzeit pro Woche, so die orthodoxe Ernährungslehre, nämlich weil wir nur so an das nur so das jungbrunnengleiche „Omega-3-Fett“ kommen. Das  wiederum hat nur ein Fisch, der Algen frisst, denn Fisch braucht Algenöl und lagert es in Haut und Fleisch ein. In der Hinsicht gibt es noch einen breiten Erklärungsbedarf und immer reichlich Forschungsbedarf, was aber manche Landwirte und sonstige Investoren nicht hindert, sich als  „Algenbauer“ zu versuchen, oder als Algenbäuerin die Startchancen, die sich mittels nutzbarem Landbesitz ergeben, wahrzunehmen.

Es geht hierbei um Nahrungsergänzungsmittel, die einen relevanten Markt darstellen:

  •  Laut dem Informationsdienst IQVIA wurden im Jahr 2020 deutschlandweit rund 2,3 Milliarden Euro mit Nahrungsergänzungsmitteln umgesetzt
  • Dem Marktforschungsunternehmen Mintel zufolge ist der Umsatz des deutschen Nahrungsergänzungsmittelmarkts von 1,27 Mrd. € in 2019 im …

Wahrscheinlich finden sich noch mehr Ergebnisse, die durch schlechte Statistik zu erklären sind, das fängt sicher schon bei der Unterscheidung Nahrung/Ergänzung an und ist ein Schandfleck in einer Gesellschaft des Informationszeitalters.

Wie  auch immer – es geht um gigantische Märkte bei den Gesundheitsversprechungen, die gleichzeitig, nach dem Motto „Wahre Schönheit kommt von innen“ Attraktivität verheißen.

Was da – ohne die Meere zu überfischen – noch helfen kann, wäre eine Fischmahlzeit mit einem Fisch, der noch nie das Meer gesehen hat:

Rezept: Knoblauch-Belugalinsentempehfisch-Krautroulade mit getönten Salzkartoffeln an Tomaten-Tamarindensauce

Oder ein grüner Spinat, in den Pulver von der fettreichen Chlorella-Alge eingerührt ist – das könnte so aussehen:

Bei dieser „Algen-Angelegenheit“, deren Dimension noch wenig verstanden wird, geht es nicht nur um „das bisschen Flugbenzin der Qualitätsstufe „klimaneutral““, sondern um  andere Dimensionen, nämlich – so kann und sollte man es auch sehen – um das Überleben der Menschheit…

 

Combining land-based organic and landless food production: a concept for a circular and sustainable food chain for Africa in 2100

Den Hinweis  auf einen Artikel, der sich mit „kombinierten Nahrungs(mittel)erzeugung„, mit und ohne Acker oder Feld, in einem nachhaltigen Kreislaufsystem befasst, findet man nicht unbedingt automatisch. Man darf sich auch von dem  Fokus auf „Afrika, südlich der Sahara“ und von einer Zukunftsperspektive, die außerhalb dessen liegt, was wir erleben werden, nicht abschrecken lassen.

 

Es geht um Ernährungssicherheit mit Plan, um abgestimmte Maßnahmen zur „Schaffung nachhaltiger, zirkulärer und lokaler Ernährungssysteme, … um eine Weltbevölkerung von 11,2 bis 16,6 Milliarden Menschen im Jahr 2100 zu ernähren.“

Es geht darum, hochwertige Biomasse mittels Algenbioreaktoren platzsparend und effizient zu erzeugen, um auf der damit „frei verfügbaren“ Fläche

„unter Verwendung moderner „ökologischer Landwirtschaftsstrategien“ … genügend gesunde und erschwingliche Lebensmittel für alle Menschen auf der Erde zur Verfügung [zu stellen]“.

 

Bandnudelsalat in einem Artikel mit Bandwurmsätzen, aber vegan! Die Zutatenliste wäre lang, darauf unter anderem alter Zitronengras-Dill-Essig, fermentierte Frühlingszwiebel, Salzgurke, getrocknete Tomate regionaler Produktion, Essigbohnen, Sauerkraut vom Chinakohl, Olivenöl aus der Türkei.

 

 

Landwirtschaft hier und heute:

„Für viele, gerade kleinere Landwirtschaftsbetriebe, wie sie gerade in den deutschen Mittelgebirgen kulturlandschaftsprägend sind, zählen die Subventionen durch die öffentlichen Hände mit einem Anteil von bis zu 90 Prozent zu den Haupteinnahmequellen, die ein Überleben dieser Betriebe sichern sollen.“

 

„Die Landwirtschaft“ soll ja reformiert ewrden. Mehr Tierwohl müsse her, wegen des Mitgefühls, aber mehr „Bio“ macht die Lebensmittel teurer – das große Knieschlottern setzt bei der puren Vorstellung ein, bei den Leuten, die nicht wissen, was ein halbe3s Pfund Butter so kostet.

Gleichzeit neutralisiert die Frage nach der Qualität, wird sie bewusst gestellt, das Schreckgespenst von den unbezahlbaren Lebensmitteln nahezu vollständig:

„Was wäre Dir lieber:

  • Ein halbes Brathähnchen bester Qualität, vielleicht von einem Freilandtier, das seine Beine noch zum Laufen genutzt hat, also eine bessere Fleischstruktur hat, und auch das eine oder andere frische Kräutlein auf seiner Auslaufwiese fand,
  • oder ein ganzes Hühnchen, das mit einer Blitzdiät zur Schlachtreife gemästet wurde  und bewegungsarm im Massenhaltungs-Stall der Farm vegetieren musste – zwar fett und wässrig, aber  eher geschmacklos;  vom Gewicht her doppelt so viel fettes Labberfleisch zum gleichen Preis wie beim ersten?“

Und auch die „fleischlosen Mahlzeiten“ verlieren ihre Schrecken:

Fein gewürfelte Zwiebel und gehobelte Rote Beete verkochen leicht in einem Eintopf, wirken sich aber geschmacklich und  optisch durchaus aus. Dabei auch rote und gelbe Paprika, Kartoffel, Rote-Bohnen-Tempeh, in reichlich Olivenöl kurz angebraten. Dazu ein Döschen gestückte Tomaten, „original Italien“ und eine Gewürzpaste nordafrikanischer Herkunft. Die Zubereitung natürlich zeit- und energiesparend im Multicooker

 

Kürzlich ist bei Nature.com ein Nachruf auf  Professor Edward O. Wilson, der am 26. Dezember 2021 im Alter von 92 Jahren verstarb, erschienen. Seine Feststellung

„Der entscheidende Faktor für Leben und Tod einer Art ist die Größe des Lebensraums, der ihr zur Verfügung steht“

war die wissenschaftliche Basis für die Forderung, die Hälfte des Planeten als Naturschutzgebiet auszuweisen bzw.  ganz von menschlicher Nutzung freizuhalten.

Die Landschaften mit Zäunen und Straßen zu zerschneiden, ist also ökologisch widersinnig, aber Praxis. Und noch nicht einmal das Trostpflästerchen, der Natur „kleinere Nischen“ (wo immer möglich) zu schaffen, gönnen wir uns.

 

 

 

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  • Sabrina: Schön, dass du bei der Bilanz dabei bist! Mit Spirulina und Algen zu experimentieren,...
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