Feste-Reste retten mit Käse-Semmelknödeln, Koch-Medien-Schwemme und die Kultur des Nahrhaften

Schlechte Nachrichten. Wir sollen uns physisch isolieren, was aber vielen unmöglich ist, und dass Pfleger, Lehrer, Kassierer und Kolleginnen sich infiziert haben, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sie etwas weitergegeben haben. Und dann wünschen wir noch „frohes Fest“, wie immer, oder ein herzliches „Bleibt gesund“.

Meine Missstimmung hatte ich so auf Twitter geäußert – das liest eh niemand, interessiert niemanden, der sich nur für sich interessiert, da gibt es auch keine Reaktionen und „verstehen tun“ tut es auch niemand 😉

Dabei könnten wir so viel „machen „.

Die Welt verbessern – in den Flüchtlingslagern mit „gescheiter“ Organisation müssten angesichts der Spendenbereitschaft längst humane Verhältnisse herrschen.

Corona eindämmen – aber z. B. die Schweiz konnte ja nicht auf  ausländische Skitouristen verzichten, die arme, arme Schweiz.

Die Klimakrise beeinflussen – aber selbst ein Sektor, der alle direkt betrifft, die Ernährung, wird in der Hinsicht ignoriert, oder „die Mühlen der Agrarpolitik mahlen langsam“. Sehr langsam, und auch mal rückwärts, wenn jetzt bienenmordende Pestizide wieder zugelassen werden, weil die Blatttlasu der Zuckerrübe  ein Virus einpflanzen kann?

Ich habe mal „Lebensmittelverschwendung eindämmen, Ressourcen nutzen, Reste/Überflussware verwenden“ mit „Semmelknödeln“ und Anklängen an „arme Ritter“ zusammengedacht:

 

Das kamm man essen!  Zusammengesetzt aus verschiedenen (dunklen Körner-) Brötchen und Mischbrot, dick bepinselt mit einer Tunke aus Ei, Rote-Beete-Saft, Ricotta, Knoblauch, Kräutern, Salz, mit schichtweise eingefügtem gehoobeltem Käse, energiesparend „gebacken“ im Dampfdrucktopf bzw. Muilticooker – ich denke mal, das ist tatsächlich etwas Neues.

Solche „Käsesemmeln aus dem Dampf“ sind zwar nicht gänzlich unbekannt, aber wenig verbreitet. Das liegt auch an unseren „Multiplikatoren“, an den Meinungsmachern, die sich eher an das Herkömmliche halten, oder an die gerade herrschende Mode.  Deshalb stehen unzählige verschenkte Schnellkochtöpfe sinnlos herum, zum Teil noch in der Originalverpackung.
Sie kennen keinen „Multicooker„, haben aber von diesen klapprigen asiatischen oder persischen Reiskochern mal etwas gehört: „Etwas für andere Kulturen“.

Bei den Herstellern würden sie zwar „sogar“ Rezepte finden, diese aber nicht unbedingt nachvollziehen können: Da wird öfters mit der heißen Gabel gestrickt und geschludert, zudem ist die Bedienung der „Cooking-Devices“ von Modell zu Modell unterschiedlich, und sich endlich für ein Gerät zu entscheiden, fällt schwer.

 

„Ich kann nicht anders, ich muss nörgeln“

Das ist „Originalton“  Marcel Reich-Ranitzky, so geht es mir auch, aber ich muss mich bremsen. Über einen Erfolgsschriftsteller hat er, so eine Zitate-Sammlung, respektlos angemerkt:

Es gibt deutsche Schriftsteller, wenn die kompletten Schwachsinn ihrem Verlag liefern, dann hat der Verlag zwei Möglichkeiten: zu drucken oder abzulehnen. Lehnt er ab, dann geht dieser prominente Schriftsteller zu einem anderen Verlag. Zwölf andere Verlage sind glücklich, wenn sie Handke bekommen. Ob ein Buch gut oder schlecht ist, ist für einen Verleger eine sekundäre Überlegung. Das Entscheidende ist: Bringt es Geld oder bringt es Geld nicht? (24.8.1995)

Bei Kochbüchern gibt es vielleicht noch eine breite Zwischenzone, doch auch das „Top oder Flop“. Würde sich etwas ändern, wenn es auch mal zur Besprechung im „literarischen Quartett“ käme?

Dass Kochbücher manchmal so wichtig sind wie die Bibel, dabei selbst bei ihren 10 Geboten weniger einheitlich, führt zu dem Gedanken, sie auch mal im neuen, digitalen Mitmachformat „Neue Literarische Quartette“ zu thematisieren. Woher haben wir denn die Mahlzeiten-Formel „Fleischkomponente plus Sättigungsbeilage plus Gemüse-Zugabe“?

„… wenn die Fleischkomponente fehlt, fühlt man sich irgendwie, als wäre das nicht eine angemessene Mahlzeit gewesen, als könnte man sich … [nur, wenn Fleisch auf dem Teller ist, daran] laben und satt werden.“

Wenn ich „Kartoffelknödel mit Rotkraut“ nicht sonderlich attraktiv finde und mir dabei – früher – irgendwie etwas gefehlt hätte, liegt das wohl an der Macht der Gewohnheit, aber auch zutiefst biologische Faktoren mögen dazu beitragen, wann wir unter Idealbedingungen eine Mahlzeit als „rund“ oder ausgewogen  betrachten.

Merkwürdig sind Kochbücher, deren „Vegetarische Abteilung“ kleiner als das Kapitel über „Wildbret“ ist, allemal, und neue Rezepte brauchen Neugier, Entwicklung und Fürsprecher.

Bei Sean Moxie ist die vegane Paella mit Curcuma gefärbt, die tomatenbasierte der New York Times braucht echten Safran, ist aber ansonsten radikal einfach und so unkompliziert, dass man sie auch „automatisch“, ohne viel Zutun und Rühren im Multicooker sich selbst überlassen könnte.

Ich hatte die New-Yorker Version mit Dosentomaten und getrockneten Pilzen gekocht, den Rest einen Tag später wieder aufgewärmt und mit Langzeit-marinierten Tofuwürfeln, weiteren Zwiebelwürfeln und Zuccini ergänzt auf kurz gedämpften Blättern des roten Chicorees zu Teller gebracht.  Bei den weißen Pünktchen, die in der Großdarstellung erkennbar sind, handelt es sich nicht um einen Fehler des Bildsensors, sondern um Salzkörnchen … 😉

 

In Brot-Backbüchern dürften wir künftig den Hinweis finden, dass neues Brot bis zu 20 Prozent (empfohlen) oder 50 Prozent (als möglich getestet) Altbrot enthalten kann. Wie Bäcker angesichts solcher Tricks auf einen Brotpreis um 5 Euro pro Kilo kommen können, verstehe ich ja nicht – damit wird „Bio-Qualität“ jedenfalls für einige Mitbürger unerschwinglich – gerade, wenn die „bedingungslose“ BioLebensmittelGrundversorgung nicht realisiert wird.

 

Das bayrische Kochbuch  – die „Kochbibel“ wird von solchen Überlegungen weitgehend frei sein; beim hier einst besprochenen Landkochbuch trifft das auch zu –

 

Es gibt Kochbücher „wie Sand am Meer“- von Jaques Pepins Simple and healty cooking hatte ich mir auch mehr versprochen, als dass es im Regal steht, doch gibt es von ihm im Internet auch die

Küchen-Grundlagen, das heißt drei Stunden und 17 Minuten geballtes Wissen, 60 Jahre Erfahrung, rund  70 Kurz-Lektionen:

Da gibt es immer noch viel zu ergänzen, aber so mancher „Ernährungsführerschein“, der hierzulande ausgestellt wird, dürfte, um im Bilde zu bleiben, eigentlich nur zum Führen von Fahrzeugen mit einer Höchstgeschwindigkeit „15“ berechtigen.

In his more than sixty years as a chef, Jacques Pépin has earned a reputation as a champion of simplicity. His recipes are classics. They find the shortest, surest route to flavor, avoiding complicated techniques. Jacques shines as a teacher, as he demonstrates all the techniques a cook needs to know. This truly is the essential Pépin. Bon Appétit!

Aus Platzgründen habe ich den größten Teil der beeindruckenden Inhaltsangabe weggekürzt:

0:00:00 Essential Pepin
0:01:01 Tying an apron and a towel
0:01:53 Sharpening a knife
0:03:33 Positioning and using a knife
0:07:06 Sautéing like a chef

0:35:25 Peeling tomatoes & Making tomato roses and balls
0:38:55 Cutting Potatoes
0:41:25 Peeling, coring, and slicing apples
0:43:37 Removing the seeds from a pomegranate
0:44:25 Peeling and julienning orange skin & Segmenting an orange
0:48:15 Cutting lemons
0:50:47 Separating eggs
0:52:27 Making mayonnaise
0:56:28 Cooked Eggs: Hard-cooked, mollet, and in the circulator

2:29:34 Forming and marking breads: baguette, gros pain, épi
2:34:42 Making melba toast
2:36:44 Making crêpes & Crêpes Suzette
2:44:13 Making, rolling, and forming pie dough
2:49:39 Making, rolling, and forming sweet dough
2:53:38 Making and working with puff pastry
3:03:37 Making and piping meringue
3:08:46 Cutting a genoise
3:10:14 Chocolate-covered leaves
3:11:41 Chocolate Balloons
3:13:36 Working with sugar: Making caramel cages and making angel hair
3:17:56 Happy Cooking from Jacques Pépin

Wir haben es hier „nur“ mit den „essentias“ zu tun, Ich finde die Frage, wie uns solche „Informationen“, solches Wissen beeinflussen, recht wichtig – und sehe diese Frage als geeignetes Thema für ein  kommendes „Literarisches Quartett – Kochbücher“.

Bei Rezepten aus dem Internet muss man sich vor dem „Overkill“ hüten und eine Auswahl treffen, von „irgendwo“ muss man sich trotzdem Inspiration holen, und manches ausprobieren, was man sich ausgedacht hat oder einem während des Kochens einfällt. Den „Linsentopf mit Haselnuss-Spätzle“ z. B. habe ich via Twitter gefunden.

 

Für solche Ravioli mit Überraschungseffekt braucht man kein Rezeptbuch – man nimmt einfach das, was vorhanden ist und was zusammenpasst 😉

 

Two fat Ladies

Bei der Wahl des Titels der „Kochsendung“ war die BBC vor 20 Jahren nicht allzu zimperlich, doch zimperlich sind die Protagonistinnen der Sendung auch nicht gewesen – wie selbstverständlich geht es mit Motorrad und Beiwagen vorbei am Verbotsschild an den Strand, Frische Austern werden gleich am Wasser auf dem Campingkocher zubereitet, und was auf Madeira Kartoffelanbau am Steilhang bedeutet, können wir uns jetzt auch vorstellen.

„Oh, we are sinking!“ – wenn das Hinterrad sich im Sand eingräbt. „Learning by doing“ ist eine bewährte Devise, und die beiden „Fat Ladies“ wissen offenbar, wie man Essen und Trinken zubereitet und genießt.

Was sie dabei vermitteln, ist zumindest vom Aspekt der Portionsgröße nicht unbedingt der neueste Stand der Wissenschaft. Die Wissenschaft wiederum verhilft der breiten Mehrheit auch nicht zu einem gesünderen Lebensstil – die Zahl der fast-food-„Restaurants“ nämlich nimmt zu,  und zwar unaufhaltsam, aus Bequemlichkeit, Zeit- und Geldmangel, aus Ignoranz gegenüber den Folgen und Rückwirkungen.

 

(Der Versuch, ) „Das Nahrhafte“ schick zu präsentieren, mag ein Tropfen auf den heißen Stein sein, doch viele stete Tropfen höhlen den Stein – sagt das Sprichwort 😉

 

 

 

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  • Sabrina: Schön, dass du bei der Bilanz dabei bist! Mit Spirulina und Algen zu experimentieren,...
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