Ein Pyrrhussieg, Flächenbrand, Solidaritätsimporte und Goldener Nudelsalat
Geschrieben am 22. September 2018 von KPBaumgardt
Ein Pyrrhussieg ist ein Sieg, den man sich nach dem Motto „Noch so ein Sieg, und wir sind verloren!“ nicht wirklich wünscht. Bei Diäten gibt es häufig das Phänomen, dass auf Abnehm-Ersterfolge der Jo-Jo-Effekt folgt.
In der Politik kann es passieren, dass Pseudo-Siege „errungen“ werden – für so einen Sieg kommt Andrea Nahles, die an der Sprachregelung
„Wir haben gesagt, dass Herr Maaßen als Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz nicht mehr tragbar ist. (…) Die SPD hat sich durchgesetzt. (…) Wie Herr Seehofer sein Ministerium besetzt, liegt in seiner Verantwortung.“
mitgestrickt hatte, ein Lorbeerkranz zu. Wähler zu gewinnen, indem ein Beamter zur Strafe befördert wird, halte ich für ausgeschlossen.

Aussagen zur („zweifelhaften“) Authentizität eines „Handy-Videos“, das in den Nachrichten eine bedeutende Rolle spielte, waren jedenfalls überflüssig – die Antwort „wahr oder gefälscht“ steht immer noch aus oder ist „untergegangen“, obwohl Prüfung und Abgleich mit polizeiinternen Aufzeichnungen wesentlich weniger Zeit brauchen.
Nahles Instinkt, „Mutti Merkel“, die vor laufender Kamera von existierenden Videobeweisen für „Hetzjagden“ geschwafelt hatte, schützen zu wollen, hat sich als politisch kontraproduktiv erwiesen. Semantische Klarheit wäre gewesen, „hetzjagdähnlich“ zu formulieren, nicht, von „Spitzfindigkeiten“ verwischend zu plaudern. Maassen zum Bauernopfer umzudeklarieren, würde demgegenüber auch nicht dem reinen Geist der Wahrheit entsprechen.
Wenn Sprache nicht zu verstehen ist, schwindet die Verbindlichkeit des Gesagten, weil sich niemand beim Wort nehmen lässt.

Unverbindlichkeit der Sprache
Eine Wahlkampf-Aussage wie „Wir sehen die Hersteller in der Verantwortung. Den Dieselfahrern darf kein Schaden entstehen“ bedeutet nicht „Wir nehmen die Hersteller in die Verantwortung“ – passiv zuschauen ist nicht „die Sache aktiv regeln“.
Um die semantischen Feinheiten eines Aussagen-Füllsels wie „den Dieselfahrern darf kein Schaden entstehen“ muss man sich wiederum wenig kümmern, solche Phrasen sind in der Politik so wichtig wie der Zuckerzusatz beim Marmelade-Kochen – ein billiger Füllstoff, der die Konsistenz verbessert und den Aufstrich süßt.
Dem „Publikum“ wird so erfolgreich Sand in die Augen gestreut; wo es sich zu schützen weiß, bleibt dennoch die Überzeugung „Die da oben machen, was sie wollen“ oder der Glauben, auf der Autobahn sei jenseits der Richtgeschwindigkeiten die Freiheit zu finden.

Der umstrittene Staatsbeamte, der sein politisches Ego in der Bild-Zeitung abgedruckt haben wollte, gab Anlass zu Assoziationen rund um den Begriff „Verfassungsschutz“ und ja, so wurde geraunt, dass durchaus „…hauptberuflich gegen Antidemokraten gekämpft werden müsste“, aber augenscheinlich nicht werde.

Ach, das ist nur eine authentisch-ungeprüfte, mögliche Meinung. Die Spannung im Lande ist hoch, die Meinungen sind „geteilt“, gespalten: „Deutschland, uneinig Vaterland“.
Was fair, was unfair ist, und was mit gelber oder roter Karte, Aufenthalt am Spielfeldrand oder Elfmeter – mit sofortiger Wirkung – geahndet wird, bestimmt beim Fußball der Mann (ggf. die Frau) im schwarzen Trikot. Fairness in der Politik bleibt Gefühlssache.
Faktenbasierte Politik würde sich an Fakten und Daten orientieren, im Bereich „Umwelt“ leugnen manche „Führungspersönlichkeiten“ wissenschaftlich belegte Trends – und die Leugnung in einem Bereich „macht Schule“, nimmt einen fortschreitenden Verlauf:
Ist CO₂ wirklich ein Klimakiller?
Auf „Klimareporter.de“ erklärt Volker Quaschning, wie Treibhauseffekt und Erderwärmung zusammenhängen. Man kann das alles bestreiten und verleugnen, sollte das aber nicht im Bundestag tun, weil hier Weichen gestellt werden – möglichst nach den Grundsätzen „Fahrplan“, „Zukunftsorientiertheit“ und „Sicherheit“, also „durchgerechnet“, abgestimmt und koordiniert, nicht gegen alle Erkenntnisse der Wissenschaft:
Für die AfD ist Kohlendioxid nur „ein ausgezeichneter Pflanzendünger“ – ein Treibhausgas sei es nicht, der Klimawandel sei nicht bewiesen, behauptet die Partei. Dabei handelt es sich um ganz einfache Physik, die jeder mit ein paar Versuchen zu Hause nachprüfen kann.

Geradezu entspannend und konfliktarm sollte demgegenüber eine Maischberger-Sendung zu Plastik-Verpackungen von Konsumgütern sein – eine schöne, entspannte Runde, in der sich alle erzählten, was eh alle wissen.
Keine Verpackung von Bananen, die schon in der Schale daherkommen, kein Wort von den Schadstoffen, die „angereichertes“ Mikroplastik in die Körper einschleusen könte. Ein Recycling-Wissenstestest, bei dem der Eimer in den Restmüll kommt, weil er nicht vom dualen System lizensiert ist. Auf die Idee, dass ein Emaille-Eimer die bessere Alternative sein kann, oder beim Wäschekorb etwas Geflochtenes aus nachwachsender Weide vollständig kompostierbar ist, ist niemand gekommen. Von der Absurdität der verpackten Fertigprodukte wurde erst gar nicht geredet, die Konsequenz von möglichen Verboten verschwindet unter einer dicken Schicht Weichspüler.
Solidarität – irgendwie exotisch…

Es hapert hierzulande sogar bei der Solidarität, also importieren wir sie – das hat man einst „kulturellen Imperialismus“ genannt. Mehr Solidarität im eigenen Heimat-Land würde mehr bewegen als Solidaritätstourismus und Tourismustourismus zusammen, und wenn global die Lebensbedingungen in Ordnung sind, zerbröselt auch der Asyltourismus wie ein Keks beim Skifahren. Auch das hilft, den Planeten vor Überhitzung zu bewahren 😉
Dem selben Ziel könnte auch eine Eindämmung des Polittourismus, bei dem neuerdings gilt: „Einem geschenkten Jumbo-Jet schaut man nicht ins Cockpit“, dienen.

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