Klöckner-Krise, Junk-Food und Streit unter Geschwistern

Jetzt, wo Andrea Nahles zurückgetreten und kein Nachwuchs-Hoffnungsträger in Sicht ist, ist doch die Gelegenheit für einen nostalgischen Blick zurück günstig:  Gehen wir drei Jahre zurück und lauschen einer Bundestags-Rede „Artenvielfalt + Ernährung von Jugendlichen“, die Ursula Schulte im September 2016 hielt:

„… Herr Minister, Sie haben in den Haushalt 2016 zwei Mil­lionen Euro für eine Nationale Strategie zur Reduktion von Zucker, Fett und Salz eingestellt, und ich bin richtig gespannt auf die Ergebnisse, weil es da dringenden Hand­lungsbedarf gibt; denn Deutschland ist beim Zuckerver­brauch Europameister.

Das ist bemerkenswert und selten, dass bei der Arbeiterpartei das süße Leben angesprochen wird. Der angesprochene Minister war der Ex-Landwirtschaftsminister Christian Schmidt, der entgegen der Koalitionsvereinbarung Glyphosat-affin entschieden hatte;  „Wir“ sind wahrscheinlich immer noch führend beim Zucker-Schlemmen, die angesprochenen Millionen – verpufft.
Das kommt vor, regelhaft in der Gastronomie, gelegentlich bei Instandhaltungsreparaturen von Schulungsschiffen, vielleicht auch einfach, weil zu viele Prospekte gedruckt und Reden geschwungen werden.

Da hilft es auch nicht, wenn Sie … auf die freiwillige Selbstverpflich­tung der Industrie setzen. Sie können die Verantwortung … nicht immer nur bei den Konsumenten abladen, Herr Minister.

Der folgende Zwischenruf zeigte eigentlich recht deutlich, wie wenig grün sich schwarz und rot schon damals waren:

(Katharina Landgraf [CDU/CSU]: Doch! Aber klar!)

Katharina Landgraf: Expertin für flegelhafte Störung der Rede, negativen Respekt vor der Redefreiheit
 
 

Mittlerweile  soll der ganzheitliche Ansatz greifen, den Bundesernährungsministerin Julia Klöckner kundtut:

„Die Strategie ist auch für Europa einmalig. … wir haben einen ganzheitlichen Ansatz gewählt: Wir schauen nicht nur auf einzelne Facetten, wie Zucker, sondern nehmen die gesamte Ernährung in den Blick.“

Diese visuelle, strategische Ganzheitlichkeit ist vom  „global-holistischen Ansatz (Approach)“ zu unterscheiden 😉

Pflaume-Kefir_Labne-Yoghurt-Zitronensorbet mit Roter Beete oder die Empfehlung, doch aus kleinen Schälchen zu essen und den Zuckergehalt in Eigenverantwortung festzulegen. Das Sorbet gefriert schneller, wenn die Früchte schon zerkleinert und gefroren gemixt werden.
 
 

Landgraf hatte es fertiggebracht, in einer „Neujahrsansprache“ die Empfehlung, von kleineren Tellern zu essen, in den Bundestag einzubringen und erhoffte sich anderer Stelle  „… durch die Weitergabe der entsprechenden Informationen … etwas mehr Einsicht, was Kochen und Ernährung angeht.“ Das könnte professionelle Fürsoglichkeit sein, muss inzwischen doch revidiert werden:

Das Neueste, was wissenschaftlich belegt, gesagt werden kann, noch mal kompakt:

Junk-food macht dick und krank! Und Junk bleibt Junk, auch im ganzheitlichsten Lichte freiwillig selbstverpflichtet geschönt.

 

Frikadellen im Glas – eingekocht mit dem „Reiskocher“.  So etwas hilft, wenn Ware nicht gleich verbraucht werden soll oder kann, und wenn man nicht viel kochen, braten oder auftauen will, wenn es schnell gehen soll. Ist vielleicht auch beim food-sharing zu gebrauchen, oder ein interessanter Artikel für eine Nachbarschafts-Gemeinschafts-Lebensmittelmanufaktur.

 

Dass Junk-food schadet, ist eine einfache „Basiswahrheit“, jetzt erst wissenschaftlich belegt und publiziert – muss nur noch auf die Praxis bezogen, umgesetzt werden.

Im Internet-Zeitalter digitaler „Information“ wird das  alte „Wissen ist Macht“ von der Unmenge widersprüchlichen Informationsmülls ausgehebelt: Eigentlich reicht es, zu wissen, was krank macht und das Krankmachende zu vermeiden. Junk-Food zu erkennen, ist doch gar nicht soo schwer!

Insofern trifft die oppositionelle Kritik auch nicht so ganz den Problemkern:

Was die Ernährungsministerin tun könnte: 

  • Nährwertampel einführen
  • konkrete Zucker-, Fett- & Salzreduktionsziele bestimmen
  • klare Regeln für Lebensmittelwerbung, die sich an Kinder richtet, festlegen

Was die Ernährungsministerin tut: 

  • Werbevideo für Nestle drehen

Das ist zwar schändlich, lädt immerhin zur Suche nach besseren Alternativen ein.

 

Immerhin setzt die aktuelle „Ernährungsministerin“ sich für die Resteverwertung ein – es könnte allerdings sein, dass die Kampagne sich an ein Klientel wendet, das ohnehin sparsam mit Lebensmitteln umgeht. Beweis: Dieser Gurkensalat mit aufgewärmten Resten…

 

Ich nehme mal an, dass einer grünen Ernährungsministerinnen-Anwärterin das Konzept der  10 revolutionären Ernährungsrichtlinien aus Brasilien unbekannt ist – Frau Künast hat damals nichts auch nur andeutungsweise Ähnliches vorgelegt.
Die besten Ernährungsrichtlinien der Welt sind auf jeden Fall mehr Beachtung wert! Ihr Grundprinzip:

„Eating is a natural part of social life“

Hierzulande wäre aus dieser Feststellung zunächst die Forderung „Das Essen soll zum Sozialleben gehören“ abzuleiten – das führt, weil dem häufig nicht so ist, zum häufig tabuisierten Stichwort „Vereinsamung“. Diese Plage der modernen „Zivilisation“ zu bekämpfen, haben PolitikerInnen höchst individuelle, persönliche  Strategien entwickelt…

Und nein, das ist keine Aufforderung, jetzt erst mal alle Interessierten zu „Fachkonferenzen“ nach Brasilien und zurück zu fliegen!

Was eine wahre Ernährungsministerin tun kann:
  • Die bedingungslose Bio-Lebensmittel-Grundversorgung einführen
  • Soziale Gaststätten fördern – Gemeinschaft statt Frostkost
  • Starthilfen für Landwirtschafts-Einsteiger verfügbar machen
  • Ausmisten bei Lebensmittel-Zusatzstoffen, Geschmacksverstärkern und so weiter
  • Verbot der Massentierhaltung

Das „Werbevideo“ hat zu einer Protestwelle geführt. Wenn die Frankfurter Allgemeine Zeitung kommentiert:

„… Die Ministerin betreibt Industrielobbyismus mit Bundesmitteln und hat nicht erkannt, dass die Zeiten andere geworden sind. Sie … liefert nicht nur den Grünen, sondern auch dem arg zerzausten Koalitionspartner eine Steilvorlage: Endlich kann sich die SPD wieder über einen Blödsinn aufregen, der nicht aus den eigenen Reihen stammt.

– Jetzt kann die Kritik aus den eigenen Reihen nicht mehr weit sein. Nestle sorgt nicht nur wegen der umweltbelastenden Kaffeekapseln ein Nase-Rümpfen, es gibt da noch die Wasser-Politik und vieles mehr.

 

Nudelsalat kann ausgesprochener „Junk“ sein – muss aber nicht. Vollkornnudeln, Spargel, hartgekochtes Ei, Zwiebel. Der schaurige Eindruck ergibt sich aus der Färbekraft der Roten Beete, die, zart gedünstet, ihr süßliches Aroma entwickelt.

 

Diese Wellen von Gleichgültigkeit, verlottertem Ernährungswissen, Vernachlässigung, die im ultraverarbeiteten „Fertig-Menschenfutter“ – Junk food – ihren Ausdruck finden, bleiben uns zunächst erhalten.
Mehr Polit-Kompetenz in Ernährungsfragen findet sich auch im Anspruch auf Parteien- „Entgiftung“. Der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ sagte Gabriel, die herrschende SPD-Egozentrik müsse heraus aus der Partei-Routine:

 … Erst wenn sich die SPD wieder viel mehr für die Menschen außerhalb der SPD interessiere als für die inneren Machtintrigen, gebe es Besserung,

Das wäre zu beweisen. Dumm aber auch, dass die Versuchspersonen kein Interesse daran haben, an dem Test teilzunehmen – das könnte ja dazu führen, dass sie mitmenschliches Interesse (wieder) lernen.

 

Geräuchertes Makrelenfilet mit Zwiebel, Knoblauch, Tomatensauce zu Penne – da ist der geriebene Käse eigentlich auch überflüssig.

 

Die „innerparteilichen Querelen“ halten die „Brüdergemeinschaft, die [einst] der Solidarität verpflichtet war“, auf Trab. „Führer“ oder neudeutsch „Leader“, oder „Erster unter Gleichen“ zu sein, gilt als Bruch mit dem Prinzip der  Gleichheit der Brüder – und im Fall einer Wahlniederlage steht die Schuld auch gleich fest.

Ein „Oberbruder“ oder eine „Oberschwester“ wird nicht akzeptiert, eine Vater/Mutterfigur ist nicht in Sicht und könnte ohnehin nie das Brandt-Bronze-Monument überragen.

Die Geschwister in der ehemaligen „Arbeiterklasse“, die lange schon in geringfügig (un-)beschäftigt und mit Tarifvertrag abgesichert gespalten ist, sind nicht wirklich solidarisch.

Für die halbe „Arbeiterklasse“ setzt die SPD sich immer noch ein, zur anderen Hälfte gehören Journalisten, die sich als Werbetexter durchschlagen, promovierte Soziologen, die selbsständig auf E-Bay eigene China-Importe verticken, Geographie-Lehrer, die in einer Weinhandlung „unterkommen“ – aber auch Analpabeten, die wenn überhaupt nur noch am Rand der Gesellschaft ein nasskaltes Plätzchen bekommen – diese marginalisierten Menschen sind auch nicht in der Grundrente-Berechung für Niedrigverdiener, die 35 Jahre ihres Lebens… .

 

Wer jetzt meint, beim Rohkost-Salat mit Möhre, Apfel, Sellerie, Zitronenschalenabrieb und Essig-Öl-Gemüsebrühenvinaigrette ginge es um „Zero-Carb“, der irrt sich: Die Frikadelle, eben noch in einer Art sterilem Vakuum im Glas, enthält schließlich nach deutscher Tradition viel Brötchen (und der Apfel bringt natürlichen Fruchtzucker ein)  😉
 
 

Es gibt kein passendes Deutsches Wort für das, was unsere Unterpriviligierten  bräuchten:

Mit Empowerment (von englisch empowerment „Ermächtigung, Übertragung von Verantwortung“) bezeichnet man Strategien und Maßnahmen, die den Grad an Autonomie und Selbstbestimmung im Leben von Menschen oder Gemeinschaften erhöhen sollen und es ihnen ermöglichen, ihre Interessen (wieder) eigenmächtig, selbstverantwortlich …

Doch mit diesem „Empowerment“ haben wir es nicht so – letztlich wohl, weil die komplette Gesellschaft ziemlich ent-powert ist. Wir schieben einen Berg ungelöster Probleme vor uns her.

 

Kein Eintopf, sondern frisch zubereitete Nudeln, im Reiskocher eingekochtes Gulasch, das mit frisch hinzugefügter Möhre, Chamignons und einem Restchen Spargel gestreckt worden ist.

 

 

Außerdem:

Reisen:

Ungefähr passend zum hiesigen Artikel „Auf Schienen zum Ballermann„:

https://www.transform-magazin.de/auf-diesem-weg-kommst-du-ohne-flugzeug-in-den-urlaub

  • Alternative Reiseportale wie omio, trainline, rail.cc oder fromAtoB nutzen, um die besten Preise und Routen mit der Bahn oder dem Bus zu erfahren. Der Vorteil gegenüber bahn.de: du siehst auch alle Preise und Routen ausländischer Züge und Busse.

Blogs mit Bezug „Nachhaltige Ernährung“:

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