Gesunde Diät mit fünf EURO täglich ist machbar, laut Gerichtsbeschluss – auch bei Diabetes
Geschrieben am 26. Mai 2010 von KPBaumgardt
Eine 45-jährige Frau, die an Diabetes leidet, hatte sich mit der Bitte um eine Zulage zu ihrem Grund-Hartz IV an die Agentur für Arbeit gewendet. Diätnahrung, oder Diätkost bedeute einen Mehraufwand…
Sie könne nicht mit den fünf Euro täglich für Nahrung – das ist der Satz, den die Agentur zahlt – durchkommen. Sie müsse drei Mahlzeiten täglich einnehmen. Wenn sie nur Billignahrung kaufe, drohe ihr Gefahr für den Körper.
Wir kennen die genauen Verhältnisse, in denen diese Frau lebt, natürlich nicht. Ihre Angst, Billignahrung könne zur Gefahr werden, müssen wir allerdings teilen.
Ihr Facharzt meinte, es bestehe keine Notwendigkeit für eine diabetische Ernährung.
Nun fragt sich, ob der Facharzt die Ernährungsfrage wirklich erklärt hat. Vielleicht hat die Frau ja gedacht, sie müsste immer die Nahrungsmittel kaufen, auf denen “für Diabetiker geeignet” steht.
Die Agentur lehnte ab und so wandte sich die Frau an das Sozialgericht Reutlingen, das ihren Fall jüngst in Rottweil verhandelte. Hier hatte sie auch keine Chance, zu ihrer Zulage zu kommen.
Es hätte jemand erkunden sollen, welche Diät jene Diabetikerin sich vorgestellt hatte – aber das erfahren wir in dem Bericht des Südkurier leider nicht.
Nach den neuen Empfehlungen des deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge haben neuere medizinische Erkenntnisse und eine wissenschaftliche Studie der deutschen Gesellschaft für Ernährung ergeben, dass eine besondere Diät nicht notwendig sei.
So ähnlich findet sich die Argumentation auch bei Wikipedia:
Der Deutsche Verein hat 2008 neue "Empfehlungen zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe" gegeben, die die früheren Empfehlungen aus dem Jahr 1997 ersetzen und teilweise kontrovers diskutiert wurden. …
Die Empfehlungen kommen auf diesen Grundlagen zu dem Schluss, dass bei Diabetes, erhöhten Fettwerten und weiteren `Volkskrankheiten´ nach dem heutigen Stand der Wissenschaft keine Diät erforderlich und eine gesunde Ernährung ausreichend sei. Aus diesem Grund seien zusätzliche finanzielle Leistungen nicht erforderlich. … Die Kosten für eine gesunde Ernährung seien mit dem normalen Regelsatz zu decken, "wenn äußerst sparsam gewirtschaftet wird." Bei anderen Krankheiten wie z. B. Zöliakie wird ein Mehrbedarf weiterhin bejaht.…. Die Empfehlungen wurden von der Bundesagentur für Arbeit im Kerngehalt in deren „fachliche Hinweise“ zu § 21 Abs. 5 SGB II übernommen. Die Rechtsprechung folgt den Empfehlungen.
So gesehen, war der Ausgang schon von Anbeginn klar, und:
„Bei Diabetes, erhöhten Fettwerten und weiteren Volkskrankheiten ist nach dem heutigen Stand der Wissenschaft keine Diät erforderlich, eine gesunde Ernährung ist ausreichend. Zusätzliche finanzielle Leistungen sind deshalb nicht erforderlich.“ So das Fazit aus der Studie.
Wenn die Experten gar noch Glutamat für unbedenklich halten, darf an deren wissenschaftlich-neutralen “Urteil” doch gezweifelt werden. Gerade im Sektor “abnehmen” hat noch kein DGE-Ratschlag so ganz und gar gefruchtet.
Der eigentliche Witz an dem Fall kommt zum Schluss:
„An diesen Wissenstand müssen wir uns halten“, meinte der Richter zu der Klägerin, was sie aber nicht akzeptierte. „Essen Sie mal täglich Diät für fünf Euro“, meinte sie wutschnaubend zum Gericht. Aber auch diese Aufforderung an das Gericht nutzte nichts. Die Klage wurde abgewiesen.
Es scheint, Richter und Klägerin haben aneinander vorbei geredet. Das eigentliche Problem ist doch, was unter “gesunder Ernährung” zu verstehen ist. Ohne den Richter zu kennen, traue ich ihm jedenfalls nicht zu, dass er drei gesunde Mahlzeiten zum “Regelpreis” auf den Tisch stellt – und die Klägerin wird sich Mühe geben müssen: Kompromisslos gesunde Mahlzeiten – das dürfte in dem Rahmen doch nicht gehen.
Andererseits: Schon unsere Vorfahren haben sich ihre Nahrung in der Natur gesammelt; mit einigen Kenntnissen kann man also beispielsweise Pilze ganz kostenlos bekommen…
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bio geht jedenfalls auch mit 4,50€:
http://www.taz.de/1/zukunft/konsum/artikel/1/100-prozent-bio-trotz-hartz-iv/