Selbstachtung und positive Affirmationen
Geschrieben am 8. Juli 2009 von KPBaumgardt
Was beim autogenen Training gut funktionieren kann – dass man sich etwas vorstellt, das dann auch eintritt – ist zwar wunderbar, aber kein Wunder.
Wenn ich jetzt zum Fenster hinausschaue, wäre es jedenfalls Unfug, mir einzureden, dass die Sonne scheint und ich deshalb gute Laune bekomme: Es ist grau in Grau, und das im Juli!!!
Mit “positiven Affirmationen” soll der guten Laune aufgeholfen werden, so ein moderner Glaube, der – wahrscheinlich allzuoft – gerne verbreitet wird.
Kaum zu glauben – auch das Abnehmen soll per Selbstsuggestion funktionieren. “Abnehmen mit Affirmationen” heißt deshalb auch ein Fressnet-Artikel, in dem genau dies ausprobiert worden ist, für Leute mit einem Zielgewicht von 78 Kilogramm, und bis heute hat noch niemand bestätigt, dass es funktioniert.
Bei BBC News ist man diesem Problem auch nachgegangen, mit diesem Ergebnis:
Repeating positive self-statements may benefit certain people, such as individuals with high self-esteem, but backfire for the very people who need them the most
Joanne Wood
University of Waterloo
Anders gesagt: Die positive Selbst-Affirmation kann auch zum Schuss, der nach hinten losgeht, werden, und zwar vor allem in Notsituationen.
Mit ein wenig Suchen fand sich auch das Folgende:
Günter Scheich: Positives Denken macht krank. Frankfurt / Main: Eichborn, 2001
"Positives Denken" wird jener bizarre Irrweg in der Entwicklungsgeschichte des modernen Menschen (Homo sapiens sapiens) genannt, in dem Mensch gewordene Affen in schlimmer Realitätsverkennung beim Blick in den Spiegel brüllen: "Ich kann alles. Ich bin ein Adler." Und wie Ikarus – abstürzen. Der, so die alte griechische Sage, wurde übermütig und flog zu hoch. Mit Flügeln aus Federn und Wachs kam er der Sonne zu nahe, das Wachs schmolz und die Flügel zerfielen.
Nun, das ist ein gehässiger Vergleich, und vergessen wir nicht, dass es bei Daedalus, Ikarus’ Vater, ja ganz gut geklappt hat mit dem Fliegen: Die Ikarus-Geschichte dient aber zu Recht als Warnung.
Affirmationen müssen nun einmal richtig passen, und das kann nur funktionieren, wenn sie quasi maßgeschneidert, auf die jeweiligen Bedürfnisse angepasst sind, wie das folgende Beispiel zeigt:
“Ich wiege 62 Kilogramm, und alles ist gut”
Halbwegs aufmerksame LeserInnen dieses und anderer Gesundheitsblogs wissen sicherlich, zu wem sie gehört 😉
Mit Selbst-Hypnose und Quasi-Esoterik werden ähnlich gute Geschäfte gemacht, wie mit Diät-Pülverchen und –Mittelchen: Es wirkt immer nur, wenn es eigentlich auch gar nicht notwendig ist. Unter dem BBC-Artikel sind dann Anzeigen zu Themen wie:
- Selbst-Hypnose-Software
- Numerologie – Zukunftsschau
- Selbst-Bewusstsein-Test & Coaching
erschienen – frei von jedem Anspruch auf Wissenschaftlichkeit. Da kann es vorkommen, dass von “New age” gesprochen wird von Leuten, die noch nichts von dem momentanen Zeitalter verstanden haben: Schlechte Voraussetzungen also…
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