Hybrid-Pilze, Hollywood-Tempeh

„Bloggen macht Freude“, sagt eine Trainerin für erfolgreiche Artikel, die die Blogger*In in ihrem Marktsegment positionieren und ihre Kompetenz belegen und für die haltlose Nachfrage ihrer Deinstleistungen sorgen will und wird:

„Mein lieber Sohn du tust mir leid, dir mangelts an Enthaltsamkeit! Enthaltsamkeit ist das Vergnügen, an Sachen, welche wir nicht kriegen! Drum lebe mässig, denke klug, wer nichts gebraucht, der hat genug!“

sagt Willhelm Busch.

Mit Freude einem Bauchgefühl folgen und Wilhelm Busch an den Anfang eines Artikels stellen, bei dem es nichts zu verkaufen gibt, weil alles verschenkt wird, ist halt ein Blogger-Privileg; Warum so wenige sich das herausnehmen, wisst Ihr wohl ganz genau.

Unsere Enthaltsamkeit wird gebraucht: Jedenfalls beim Fleischverzehr;

„“Würden die Deutschen nur so viel tierische Produkte zu sich nehmen, wie es den gesundheitlichen Empfehlungen entspricht, wären rund 75 Prozent Soja schlicht überflüssig.“ Rund 36 Millionen Tonnen Soja importieren EU-Länder jedes Jahr, um Kühe, Schweine und Hühner mit ausreichend Eiweiß zu versorgen.“

Was in der Tiernahrung den Eiweißschub bringt, kann auch  unsere Spezies  nähren, und es muss sich nicht um Soja handeln; Vorteile hat auch die „Saubohne„, oder die Bohne allgemein. 2016 haben die Hülsenfrüchte (Leguminosen) sich noch feiern lassen, morgen müssen sie sich fermentieren lassen:

Beim gelungenen Tempeh ist zwischen den Bohnen ein Edelschimmel gewachsen und gediehen, ist Pilz entstanden, wo vorher keiner war. Pilze enthalten Eiweiß (100 Gramm Pilze enthalten durchschnittlich 3,3 Gramm Eiweiß und damit mehr als die meisten Gemüsesorten), zehren es aber nicht auf, wachsen notfalls auch auf Stroh, Waldboden oder Kaffeesatz. Die „essentiellen B-Vitaminen Riboflavin (B2), Niacin (B3), Pantothensäure (B5) und Biotin (B7)“ sind in Pilzen „reichlich“ vorhanden, so die Webseite „gesunde-Pilze“, und aus eigener Beobachtung kann ich anfügen, dass die Tempeh-Fermentatation der Bohnen die Bohnen verändert: Das Tempeh erzeugt im Laufe der Fermentation Wärme, die das Mycel wohl nur aus „verbrannten“  Kohlenhydraten gewinnen kann – vermutlich ein Grund, dem Tempeh nachzusagen, dass es besser verdaulich als der unfermentierte Ausgangsstoff sei.

So ein Tempeh-„Kuchen“ muss verarbeitet werden – es kommt darauf an, wie und zu was – auch warum und wozu. Das ist also Neuland, und die „veganen Starköche“ der jüngeren Vergangenheit haben zum Thema „Tempeh“ nicht viel zu sagen, aber ihr Pulver verschossen, und einer verbreitet  Verschwörungstheorien, die die WELT druckt, verbreitet wie zuvor schon das Motto „So isst Du Dich erfolgreich Fit, schlank und erfolgreich“ – bei solchen Buchtiteln finden die Medien nichts auszusetzen, ermittelt keine Investigativ-Sondertruppe. Die Talkshow, in der Hildmann Tofu mit Majoran als Leberwurst-ähnlich präsentierte und von dem Moderatorenpaar hochgelobt wurde war jedenfalls sehr nach neun.
 

Nicht nur bei Tempeh, Tofu, Fisch und Fleisch müssen die Menschen sich entscheiden, was wirklich wichtig ist für sie, doch was auf welchen Teller kommt, hat zentrale Bedeutung. Die Klimaeffekte der Nahrungsproduktion sind nicht weniger bedeutsam als die Auswirkungen einer milliarden-forcierten künftigen Wasserstoffproduktion, während der Domino-Effekt von Kipppunkten zunehmend eher reales End-Szenario als bloße „negative Utopie“ zu werden scheint.

Wenn wir uns jetzt bei „Wirtschaftsförderung“ (z. B. Lufthansa; Flieger abwracken & Stewardessen freisetzen) an das Denken in  gigantischen, Milliardendimensionen gewöhnen, verlieren wir den Blick aufs Detail und vergessen, dass nicht nur der Große „Wumms“, sondern auch ein (letzter) Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt, den Unterschied ausmacht. So viel also zum Einfluss der Einzelentscheidungen und  von Flug- und Essensgewissen auf das Wohl des Ganzen.

Kartoffel-Rote-Beete-Gnocci in Kokossahne-Gemüsesauce, mit viermal geschnittener Tomate und zweierlei Käse überbacken. 
 

Ein „Pilzprodukt“ ist dieser Teller sicher nicht; mit Blauschimmelkäse wäre das anders, mit einem Tempeh-haltigen Rezept auch.

Baba-Ganoush, Grissini, Kichererbsentempeh-Hummus, Salz, Paprika, Schalotten, Salat; am Bildrand selbstgemachter Rosé-Essig und Olivenöl: Polynesisch-nahöstlicher Gemüse/Salatteller der pflanzlichen Art.
 

Weil bei Pilzen unser Interesse sich vorwiegend auf den sichtbaren „Pilzkopf“ (eigentlich „Pilzkörper“) richtet und das stofflich gleiche Geflecht, das Mycel, unterirdisch-unsichtbar wächst, fehlt uns das Bewusstsein für die Verwertbarkeit dieses „Materials“.

Stars aus dem Showgeschäft haben schon manchen „Diätpulverhersteller*innen“ geholfen, den Reibach ihres Lebens zu machen – für die Kultivierung von Pilzprodukten samt „veganem Eiweiß“ müsste sich mal die Hollywood-Prominenz einsetzen – aber sogar unsere Polit-Prominenz könnte viel bewegen, wenn nur jede zehnte ihrer Werbeeinblendungen in den sozialen Netzwerken Solches in der einen oder anderen Form thematisierte.

 

Noch ein unkompliziertes Beispiel für Kichererbsentempeh-Bratlinge mit frischen Beilagen:

Man kann so ein „Gericht“ auch unter ökonomischen Aspekten betrachten, muss aber nicht, denn „Armut gibt es in der Coronakrise nicht„.  
 

Rein betriebswirtschaftlich interessiert hier vor allem die Kalkulation der Kosten und der möglichen Preisspanne, dabei besonders der Wert der „wirkenden Arbeitskraft“ – rechnet man die nicht ein, wie es bei der somit Attraktivität verlierenden Hausabeit üblich ist, bleiben eher bescheidener Wareneinsatz (und Hülsenfrüchte erhöhen, indem sie Wasser aufnehmen, recht preiswert ihr Gewicht), Energiekosten, Abschreibung des Küchengeräts und die anteilige „Küchenmiete“, Energie sowie Kosten der Materialbeschaffung.

Bei der Vermarktung kommen noch ganz andere Kosten und Risiken hinzu: Es ist zunächst gar nicht möglich,  sondern verboten, selbst gemachtes Tempeh  etwa „unverpackt“ in Verkehr zu bringen und zu handeln.
Die Trägheit der Herzen, Hirne und Mägen sowie die mehr und mehr verinnerlichte Distanz und Feindseligkeit dem „Nächsten“ gegenüber verunmöglichen auch eine Mund-zu-Mund-Propaganda. Ein „Start-up“ müsste größere Summen ins Bekanntmachen des Unbekannten, nach dem niemand von sich aus fragt, investieren.

Der Werberamsch, mit dem die Handels“monopole“ unerbeten unsere Briefkästen überfüttern, würde dabei wirksam die Wahrnehmung des „Neuen Pflänzchens“ verhindern, bestenfalls nur ein kleines Weilchen lang.

Hummus kann helfen, Blutzuckerschwankungen vorzubeugen – gerade in Belastzungssituationen die Arbeitsfähigkeit aufrechtzuerhalten ist wichtig, doch muss aus der Erkenntnis auch ein Imbiss, ein „vernünftiger“, verzehrbarer Snack entstehen – der am Ende zu zuckerhaltige „Energieriegel“ ist eher aus der Schublade genommen, der versiegelnden Verpackung entrissen als zwei Tomaten aufgeschnitten und gefüllt sind…

 

Einflusreiche Leitmedien mischen sich immer wieder in die Ernährung ihrer Leser, Zuhörer und Zuschauer ein und stellen Rezepte mit „gesunden“ Zutaten vor. Beim endlos propagierten Lachs handelt es sich um ein in Massenhaltung gemästetes, fehlernährtes Tier, das mit künstlichem Farbstoff dahin getrimmt wird, vom Anschein und der Optik her unseren Erwartungen zu entsprechen.

Die „samtige Gemüsesuppe“  wird nicht bei der BBC, sondern an anderer Stelle tatsächlich mit „Grilltempeh“ serviert. Bemerkenswert ist, dass selbst einflussreiche, reichweitenstarke Medien Teile ihres Werbeetats an Facebook „verschenken“, statt Werbeverträge mit Medienunternehmen, die solche Einnahmen nötiger haben, auf eine transparente Weise abzuschließen.

„Putting pigs in the shade: the radical farming system banking on trees“ – Bäume beschatten das Land, Schweine lockern den Boden und düngen ihn: Beispiel aus Portugal, angesichts des Klimawandels vielleicht die einzige Möglichkeit, in heißen, trockenen Regionen überhaupt noch traditionelle Landwirtschaft zu betreiben.
 

Das Wort, das „harte, einschneidende Veränderungen“ bezeichnet, heißt Disruption. Es kommt etwas Neues, und Altes wird verdrängt. Die einst umsatzstarke, unentbehrliche Firma Kodak wird in dem Zusammenhang immer wieder genannt: Die Bevölkerung hatte ihr Interesse an der Photographie entdeckt, und musste immer wieder ihre Negativ- oder Dia-Filme nachkaufen – der Umsatz war garantiert.

Und der Traum vom „immer so weiter“ war recht schnell ausgeträumt; mittlerweile ist auch das Aus für all die schönen Fotofachgeschäfte gekommen, denn die Ex-Kunden meinen: „Ich kann doch auch mit dem Handy (vortreffliche Selfies machen)“.

 

 

Nun könnten solche umwälzenden Veränderungen auch durch den Willen zur Veränderung, durch Einsicht in die Notwendigkeit von Veränderungen oder – noch brutaler – durch steigende Wasserspiegel ausgelöst werden – die Pegel steigen ja tatsächlich und z.B. Hamburg ist nicht auf hydraulischen Stützen gebaut, die man einfach auf Knopfdruck hochfahren könnte.

Das „große Aus“ für Massentourismus inklusive Kreuzfahrt-Schiffbau, Ballermann, Pyramiden-Innenschau ist schon da. Viele Monokulturen in der Landwirtschaft werden am „Wetter“ scheitern – und wenn wir die Klimakrise (an der kein einziger Einzelner schuld ist, sondern alle – irgendwie jeweils, denn auch das „Nichttun“ ist seltsam) so ernst nehmen, wie wir müssen, wird die Landwirtschaft der Natur auch wieder Fläche überlassen müssen.

Neben ethischen Gründen, die wir haben sollten, aber zu wenig pflegen, können wir uns Fleischkonsum im üblich gewordenen Format aus vielen Gründen nicht leisten. Von den Folgen der Überproduktion wird im Wesentlichen  erst die Folgegeneration richtig betroffen…

 

Salat aus der Rubrik „kohnenhydratarm“, aber auch „fleischarm“. So etwas gibt es schon fertig eingedost, dabei kann kein differenzierter Geschmack gewährleistet werden, weil das Aroma sich durch die ganze „Charge“ verteilt. Die auf Maiskorngröße würfelig zerkleinerten, gesalzen und leicht gebuttert gedämpften Champignons sind das eigentliche „Highlight“ dieses aus „Thunfischsalat“ abgeleiteten Sattmachers, der auch mit hartgekochtem Ei oder gebratenem Tempeh „funktioniert“.

 

Wie wäre es, neben der rein Nährstoff-bezogenen Lebensmittelampel eine „Ampel“ einzuführen, die sich auf die ökologische Verträglichkeit bezieht? Ein „Grün“ gäbe es dann nur bei „Regional produziert, biologisch angebaut/erzeugt, leistbar“.

Wem solche „Ampeleien“ zu symbolisch, zu unkonkret sind, der möge sich doch für die („bedingungslose“) #BioLebensmittelgrundversorgung einsetzen, nebenbei auch für die starke Verminderung  von“food-waste“, sowie für eine neuartige-kooperative- leckere-moderne Lebensmittelzubereitung, für „kulinarische Fort- und Weiterbildung“, zu der auch Erfahrungen im gärtnerischen Kräuter- und Gemüseanbau, notfalls auf Mini-Flächen, gehören.

Oder wie machen wir die Ernährungswende?

 

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  • Sabrina: Schön, dass du bei der Bilanz dabei bist! Mit Spirulina und Algen zu experimentieren,...
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  • Julia: Da hast du recht, was das Fermentieren angeht, bin ich Spätzünderin 😂
  • Ulrike: Nachhaltigkeit und Produkte aus der Umgebung sind wichtig, da bin ich ganz bei dir. Alles...
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