Anti-intuitive Diät, Kompetenz, Verschwörer, Supermond-Kenntnisse

Am „Tag der Diät“ (oder war es der Anti-Diät-Tag?) musste die ZEIT noch einmal den ausführlichen Artikel einer jungen Freischaffenden aufwärmen, deren Fazit und abschließende Empfehlung „intuitive Diät“ lautet. Was das ist, und wie das geht: Vom Bauchgefühl gesteuert Kalorien einsparen – das zu erklären ergibt natürlich ein eigentlich unendliches Geschwurbel, mit einem Sinnanteil nahe Null.

„Intuitives Essen geht davon aus, dass unser Körper genau weiß, was und wie er essen will. Aber macht es wirklich keinen Unterschied, ob man einen Donut isst oder einen Apfel? Zum heutigen Anti-Diät-Tag empfehlen wir noch einmal diesen Text.“

Das war ein langer Text. Vor der Intuition kam bei Emilia Smechowski alles dran, was man (frau) falsch machen kann:

Mein persönlicher Tiefpunkt: eine dreitägige Saftkur. Ich war im Ausland und kreuzunglücklich. Ich haute mir den Kühlschrank voll mit schönen, bunten Flaschen, viel Gemüse, wenig Obst, kalt gepresst, sauteuer. Eineinhalb Tage hielt ich durch. Ich hatte so unfassbar großen Hunger, fast hätte ich mein Kind gegessen.

Das sollte uns eine Lehre sein – Dogmen aller Art können für eine Diät tödlich sein, anders gesagt: Dogmatische Diäten scheitern. Deshalb ist „Nur Low-Carb“ auch Quatsch – aber wenn Nudeln, dann mit Maß…

„Gemelli“ heißen diese Italiener, die zusammen mit ein wenig Restspargel in einer Hühner-Gemüsebrühe gut acht Minuten geköchelt haben.
„Scharfe Zucchinisuppe mit in Olivenöl geröstete Gewürzen, Ingwer, Salz, Pfeffer, Chili, püriert, mit gerösteten Walnüssen und gerösteten Zucchiniwürfel und Kürbiskernöl serviert. Keine weiteren Zutaten.“
Das habe ich neulich so als Tipp in einem Forum gefunden und mal notiert – für alle Fälle…
 

Die Diätindustrie ist wie ein Virus. Sie geht mit der Zeit, sie passt sich an. Heute heißen Diäten schön euphemistisch Programm, Wellness oder Entgiftung. Die No-Diet-Diet ist ganz ähnlich wie der No-Make-up-Look: Man betreibt viel Aufwand, aber die Mühe soll man nicht sehen. Was die Sache nur perfider macht.

Dementsprechend finde ich den Kommentar von „Anna Q“

„Unter Intuition versteht man die Fähigkeit gewisser Leute, eine Lage in Sekundenschnelle falsch zu beurteilen.

Friedrich Dürrenmatt“

doch recht passend. Zum allgemeinen Diätgeschwafel passend auch dieses Statement in den Twitter-Kommentaren:

„Muss sagen seit ich intervalfasten mache spricht 8 std essen und 16 std nix essen habe ich in 4 Wochen über 10 Kilo abgenommen“

Ja, das musste gesagt werden 😉 .

 

Gefüllte Paprika ist ein Klassiker in der Küche welchen Landes? Wer will, wer kann das beantworten? Vor allem lenkt die Frage von der Frage „Womit gefüllt?“ ab, doch da gibt es zum Glück keine Vorschriften. Die Füllung machen wir dann intuitiv, nur um dabei zu bemerken, dass Intuition ganz eng mit Erfahrung zusammenhängt 😉

 

Ich empfehle – als Geheimtipp – die Diät des Dr. Münchhausen, mit der ein signifikantes Körperfett-Minus zuverlässig in unter 500 Stunden zu erzielen ist – ohne Hunger, bei bester Laune und völlig ohne Nachdenken.

Diese Diät ist damit dem „Intuitiven Fasten“ wie dem Intervallfasten klar überlegen! Die Pfunde schmelzen nur so dahin, also hinweg. Sie ist wie der Ritt auf der Kanonenkugel: In bedingungsloser Selbstakzeptanz sich anzunehmen, wie man ist, und nicht dem „wie-ich-gerne-wäre-Phantom“ unterjocht.

 

Derweil will das Bundeszentrum für Ernährung mit Medienkompetenz gegen Übergewicht erfolgreich sein:

„Lebensmittelwerbung im TV oder Internet kann als ein Faktor zu Übergewicht beitragen. Wenn Eltern mit ihren Kindern eine Medienkompetenz entwickeln, greifen Jungen und Mädchen häufiger zu Obst und Gemüse“

Ein richtiger, ordentlicher Professor und Volkswirtschaftler hatte heute gemeint, jeder kurvenmäßige Anstieg gehe von selbst auch wieder nach unten, so dass keine gezielten Corona-Eindämmungsmaßnahmen nötig wären. Weder ein Virus noch ein Tweet würde jemals die Gesamtbevölkerung infizieren können. In dieser schrägen These (seit heute vergleichen wir Äpfel und Birnen, als wären sie je dasselbe???) hat der gute öffentliche besoldete vieleicht seine „geheime Motivation“ indirekt verraten, und zur Diskussion wenig beigetragen. 
Er bekam viele, viele Antworten, und einhergehend Aufmerksamkeit, die sein Quatsch gar nicht verdient.
Diese Kurve hier – zur Co2-Konzentration – könnten, sollten wir uns zu Herzen nehmen. Sie enthält die Elemente „exponetielles Wachstum“ und (gerundet/geschätzt) „Verdoppelung“.
 
 

„Wenn … Medienkompetenz …“
Das ist doch wohl wenig mehr als ein frommer Wunsch. Wenn die Eltern eine vorbildlich-entspannte Haltung zu gesundem Essen haben und Werbung sich nicht mehr (gezielt) an Kinder wendet, müssen wir uns über das

„Wie sollen die Mitglieder gestresster (Teil/Patchwork/Rest-Groß-) Familien eine mächtige Medienkompetenz entwickeln, gibt es da eine Impfung?“

keine großen Gedanken mehr machen. Wenn wir aber Übergewicht und Adipositas als ernst zu nehmendes, zunehmendes globales Gesundheitsproblem erkennen können, haben wir das Problem, dass es mit „weiter wie gehabt“ und „halb so schlimm, wird von selbst wieder gut“ noch tiefer in die Gesundheits/Zivilisationskrise geht.
Wenn Zucker-Limos teurer werden, bekommen die Kids vielleicht mehr Wasser oder Tee. Oder wenn die Werbung für Süßgetränke abgeschaltet wird – notfalls „unfreiwillig“. Unwahrscheinlich ist, dass den Textern einfach so das Wort „Medienkompetenz“ so gut gefallen hat, dass sie   mal wieder ins Spiel gebracht haben – als Sache der Eltern.
Im „Kleingedruckten“ findet sich der Hinweis auf eine US-Studie:

Das vorrangige Ziel [einer Schulung] war, Werbebotschaften zu erkennen und bewusst „gesunde“ Produkte auszuwählen. Die Probanden wurden zu Versuchsbeginn und -ende befragt und die Ergebnisse mit einer Kontrollgruppe verglichen, die nicht an dem Programm teilgenommen hatte.

„Nach dem speziellen Training zur Medienkompetenz nutzten die Eltern die Nährwertkennzeichnung zur gezielteren Auswahl von Lebensmitteln und hatten ein besseres Verhältnis von „gesunden“ zu „ungesunden“ Produkten im Haus. Die Kinder griffen nach eigenen Angaben häufiger zu Obst und Gemüse. Nebenbei verbesserte sich auch die Kommunikation in der Familie: Die Eltern regten ihren Nachwuchs an, Werbebotschaften für Lebensmittel kritisch zu hinterfragen. Andererseits zeigten aber auch die Jugendlichen Interesse und diskutierten von sich aus über das Thema.“

„Zu viel Zucker“ – „Zu viel Fett“:  Warnung vor der Nahrung, wie in Chile.

 

Vermutlich kann ein „Problembewältigungs-Training“, das natürlich auch ein Bewusstsein für das Problem schärft, verbunden mit einem zweimaligen (ausführlichen?) Interview den Teilnehmern vermitteln: „Ihr seid wichtig, Ihr seid interessant, Ihr macht das richtig und besser, weil Ihr das könnt“.

„Lebensmittelwerbung ist allgegenwärtig, erklären die Wissenschaftler in der Zeitschrift „Childhood Obesity“. Daher reicht es zur Vorbeugung von Übergewicht und Adipositas nicht aus, zu Hause den Zugang zu Fernseher und Computer einzuschränken. …“

Damit ist dann genug gewarnt – dass die Käufer auch gesündere Alternativen zum Junk brauchen und das Geld, sich Frisches zu kaufen, wäre noch eine dringendere Warnung!

 

Bekanntlich gibt es in US-amerikanischen Städten große „Zonen“, in denen es unmöglich ist, frische Lebensmittel zu beschaffen – weil die Geschäfte lieber Dosenfutter anbieten, das weniger Arbeit macht. Wenn gleichzeitig die Massenarbeitslosigkeit, verbunden mit wegen Corona-bedingt ausfallender Schulspeisung, für echte Armut sorgt, ist der „gestrichene“  Zugang zum Fernsehgerät tatsächlich nicht die erste Adipositas-Präventionsmaßnahme der Wahl. Vielleicht sind auch die Fachartikel selbst nur eine Art Kosmetik, im  No-Make-up-Look?

 

 
Bratlinge aus Kichererbsentempeh mit Broccoli und Gemüse-Kokossauce. Das Gemüse wurde hier, wie auch schon die  gefüllten Paprika, im Multicooker zubereitet.

 

Spargel auf die schlichte Art, und fleischlos aus gegebenem Anlass: Die Arbeits- und Wohnbedingungen in den Schlachtereien sind/waren der Virusverbreitung allzu förderlich. Die mangelhafte Ausstattung der Lebensmittelüberwachung hat eine jahrzehntelange Tradition.

Wenn die Leiharbeiter jetzt in Quarantäne sind, könnten (das ist ein Konjunktiv, ich will damit sagen: „Stellen wir uns das doch mal vor“) sie doch zumindest einigen der Virus-Verleugner, die jetzt tumb und besinnungslos „wider die Beschränkung ihrer bürgerlichen Freiheiten“ demonstrieren und die Gesellschaft unsicher machen, ihre Gastfreundschaft anbieten. Beim gemeinsamen Grillen massenhaft Fleisch essen, dazu Vodka und Bier, und die „veganen Gäste“ legen Gemüse-Tofu-Spieße auf den Holzkohlengrill.

 

Die Verschwörungstheoretiker haben einen erstaunlich großen Zulauf – kein Wunder, wenn doch schon katholische Bischöfe wirres Zeug verbreiten. Der Zustand von Notre Dame lässt die Aussage: „Die haben einen Dachschaden“ uneingeschränkt zu.

„Attila Klaus-Peter Hildmann – ICH habe die Welt gerettet“ oder „Der Samurei und die Polizei“ – lassen wir uns überraschen, was der Bestsellerautor sich wieder einfallen lässt. Dass nach dem Motto „Nomen est omen“ es mit einem doppelten Vornamen schwierig ist, gleichzeitig den Klaus-Eigenschaften („Nikolaus“, das freundliche Wesen) und den Peter-Eigenschaften (Petrus, der Fels in der Brandung) zu entsprechen, dafür kann ich mich verbürgen. Sollte ich noch zusätzlich mich mit den Eigenschaften eines Hunnen-Königs identifizieren, hätte ich ein Problem.

 

Der Kampf gegen „Die da oben“ hat ewas abstruses; wenn semi-prominente Rattenfänger ihre Gefolgschaft finden und ab/verführen, entspricht das allerdings einem altbekannten Muster.

Und bei altbekannten Mustern meinen wir, alles zu wissen, weil wir das Muster kennen: Auf die Zunahme folgt wieder die Abnahme. Doch die Frage „Wann kommt der nächste Supermond?“ ist nur für Experten zu lösen. Auch ein Kemmerich meint zu wissen, dass er jetzt im Pulk spazieren kann – ohne Schutz vor aktiver oder passiver Infektion. Jedoch weiß er längst nicht genug, tappt ständig in die Fallen des Unmöglichen und ist für sein schlechtes Beispiel und seinen liberalen Leichtsinn ausdrücklich zu tadeln. Mehr kann ich nicht für ihn tun.

 

 

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  • Sabrina: Schön, dass du bei der Bilanz dabei bist! Mit Spirulina und Algen zu experimentieren,...
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