Ernährung: Du musst nicht perfekt kochen – Dein Essen ist gut genug!
Geschrieben am 19. November 2018 von KPBaumgardt
Kochbücher sind wie empfindliches Gemüse: Die haben eine begrenzte Haltbarkeit – das haben sie gemein mit Fernsehsendungen, die das perfekte Dinner – gern auch mit viel Prominenz – zelebrieren oder in der Küche eine Schlacht veranstalten, wo der Endsieger eine gar nicht so kleine Prämie aus dem Topf der „Rundfunkbeiträge“ absahnt – das Verfahren bestärkt den Glauben an eine Elite der Könner, eine Hierarchie der Begabungen bei gleichen Chancen.
An Vorbildern herrscht also kein Mangel – eher an den Mittel, da mitzuhalten. Bei „getrüffelter Angus-Kalbslende mit pochiertem Wachteleier-Edelschmarrn“ kann ich jedenfalls nicht übend mit-halten und -absahnen.
Nudelsalat mit Schwarzwurzel, Erbsen & Möhren, Lauch und Huhn – hier kommt es auf die Marinade an: Kräuteressig, Senf, Olivenöl, Gemüsebrühe. Vom schwarzen Senf stammen die „Pünktchen“ auf dem Gemüse.Die Kochkunst gerät gegenüber der Kunst der Sebstdarstellung schon mal in den Hintergrund und wird gleichzeitig überschätzt, denn „handwerklich gut“ sollte gut genug sein – es wird schon niemand seine Pizza rahmen lassen und an die Wand hängen 😉
Wer nur sein Inneres nach außen tragen und in narzisstischer Weise vor allem sich selbst darstellen will, wem sein eigenes kleines Ich wichtiger ist als die Arbeit an der Kunst, die Gestaltung eines Werks, der ist – nur ein „Künstler“.
(Wie man zwischen Zwischen „Künstler“ und Künstler unterscheiden kann, wäre die Unterscheidung per Anführungszeichen auch bei „Köchin/Koch“ und Köchin/Koch machbar?)
Das Zitat bezieht sich auf eine Erkenntnis des Schriftstellers, Professors und ersten Herausgebers einer psychologischen Fachzeitschrift in Deutschland („Magazin zur Erfahrungsseelenkunde“ 1783 bis 1793) Karl Philipp Moritz. Dessen Roman „Anton Reiser“ – eine Innenschau mit autobiographischem Charakter (auch zum Zuhören (> 6 h) verfügbar) wird dringend zum Lesen empfohlen, denn ‚so reichlich wuchern die genialen Bücher in unserem Deutschland wahrlich nicht‘.
Erwähnt sei deshalb auch die illustrierte „Internet-Zusammenfassung“ von Yvonne Kuschel.
Sellerie, angedickte Gemüsebrühe, Kefir und Curcuma, Salz und Pfeffer – die kaum weichgekochten Selleriewürfel auch nicht perfekt-fein-püriert, geschweige passiert; darauf in Würfel geschnittenes Roggenbrötchen vom Vor-Vortag, gebräunt in reichlich Olivenöl und gehackte Petersilie.Bei serienmäßig 150 Rezepten kann man sich das Nachdenken sparen: Die sind in einem Wunderwerk namens cook 4 me abrufbar – die Zutaten vorzubereiten, hinzuzufügen, das Bestätigen der Arbeitsschritte findet traditionell von Hand statt. Unschön finde ich hier, dass der Innentopf „antihaftbeschichtet“ ist und deshalb vermutlich nicht allzu lange hält, günstiger ist ein wahrscheinlich chinesisches Schnellkochtopf-Modell mit Edelstahlausstattung, ohne rezeptspezifische Programmierung. Spätestens, wenn die Braunkohlebefeuerung der Kraftwerke eingestellt und die Atomkraft ausgelaufen ist, müssen wir auch in der Küche Energie sparen – mal sehen, ob es hierzu Subventionen, Steuererleichterungen und Umtauschprämien wie im politisch heißgeliebten Auto-Bereich gibt 😉
Bohnen-Süßkartoffel-Tomaten-Karotten-Chili mit Spezialsauce: Schmeckt dank hausgemachter Gemüsebrühe und fermentiertem „Ketchup“ besser als gut&teuer.So ein halbautomatischer Dampfdrucktopf wäre gerade bei Bohnen sinnvoll: Das Schnellkochen erspart das Dosen-Öffnen, mithin viel Abfall, der ja nachhaltig eingespart werden soll. Wenn Umwelt- und Wirtschaftsministerium im Rahmen einer konzertierten Aktion aktiv würden…
Fermentierter Chinakohl zum leicht scharfen Chili-Quark zum Butterbrot – fermentiert ist auch das Knoblauchscheibchen, die Zwiebel roh – und der Schnittlauch von der Fensterbank (Innenseite) ist hellgrün, wegen Lichtmangel, saisonal bedingtem.
Das „Sauerkraut“ stammt übrigens aus einem kompakten Drahtbügelglas – so ist der Luftabschluss für die milchsaure Vergärung gewährleistet; wer sich (ein paar) mal an Kimchi versucht hat, kommt auch damit zurecht 😉
Auf dem Stück Pappe, das der Schnäpper fixiert, kann zum Beispiel das Herstellungsdatum notiert werden – dieses Kraut hat eine Woche gegärt, bis es ins Kalte kam, wo der „Zersetzungsprozess“ annähernd gestoppt ist – Chinakohl wird recht weich. Beim Korea-Kimchi werden ganze Köpfe eingelegt, bei denen eine rote Paste zwischen die Blätter geschmiert wird: „Andere Länder, andere Sitten“, sagt man.
Gesund – voller Genuss – nachhaltig und interessant soll unsere Ernährung sein- wenn wir uns darauf einigen, einigen wir uns auf eine Norm, die niemand garantiert einhalten kann, also auf Stress.
- Weil es 1000 Varianten für gesundes Essen gibt und keine allgemeingültige Definition, wird die Angst vor dem ungesunden Essen geschürt.
- „Verwöhnten Kids“ kann man es nie recht machen, je mehr man sich bemüht, desto weniger, und die Industrie designt zehntelcentorientiert am gewohnten Geschmack entlang und prägt somit Geschmäcker.
- Nachhaltige Ernährung braucht Zeit, Geld, Wissen und Toleranz – ziemlich viel jeweils. Könnte man die Millionen, die in die Werbeetats für Zuckerkram hinein – und herausfließen, für anständige Informationskampagnen investieren, finge der Spaß an: Wer bestimmt, was ordentliche Ernährungsinformation ist – und ist die auch motivierend und wirksam?
- Die Macht der Gewohnheit und der Geiz sind unerschütterlich. Niedere Instimkte zwingen die Konsumenten, pappiges Toastbrot aus dem Regal zu klauben und zu glauben, wenn sie etwas frisch toasten, sei das auch frisch.
Wir sollten froh sein, dass es zum Beispiel noch Bäcker gibt, die ihr Wissen ums Brotbacken ohne Chemie noch weitervermittel können – das sollte ihnen auch im großen Maßstab ermöglicht werden.
Zum Stichwort „Stress“ mit der Ernährung:
Der Wunsch nach dem „besten Essen“ beinhaltet Risiken und Nebenwirkungen, kann in die eine oder andere Richtung ausstrahlen, kann überzogen sein und überbewertet zu Leid führen, kann sinnvoll sein, gemildert als Anspruch auf ein Essen, das gut genug, zumindest ausreichend sein sollte.
Man kann die Speiseplangestaltung routinieren und rationalisieren, und/oder neugierig-experimentierfreudig an die Sache herangehen, auch die gesellschaftlich-sozialen „Verwicklungen“ und die Dynamik der naturbedingten Bedürfnisse einbeziehen.
Fernsehclowns haben ja den Job, auf ungelöste Probleme und Widersprüche hinzuweisen, machen aber etwas völlig Anderes; die Diagnose „Abschlusstournee der Volksparteien“ ist ja eigentlich gar nicht überspitzt.
Die Anspielung „Trachtenkostüm – heiter auf volkstümliche Weise auftreten“ war der ach so ulkigen Heute-Show misslungen – wahr ist andererseits, dass Politik und Medienleute mit der Aufgabe, die Gesellschaft an die „neuen“ ökologischen Bedingungen per Systemwechsel anzupassen, „dumm dastehen wie der Ochs vor dem neuen Scheunentor“ – volkstümlich gesagt.
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