Der demokratische Krampf ums Wunschgewicht

Anlässlich der Nationalverzehrsstudie ein Rückblick: Das Übergewicht einer ganzen (bzw. halben) Nation macht krank und kommt teuer, das wissen auch unsere Volksvertreter, die Regierungsprogramme abhaken sollen; Große gedankliche Anstrengungen zur Überwindung des Übergewichts im Parlament:

Uda Carmen Freia Heller (CDU/CSU) befürwortet die Einführung von Schulgärten, obwohl die gerade in den Sommerferien verwildern und vertrocknen:

Wer miterlebt, wie viel Mühe die Aufzucht eines Pflänzchens macht, der weiß auch den Genuss eines frischen Salatkopfes mehr zu schätzen.

Von Karin Binder wurde der Forderungskatalog der LINKEN aufgestellt:

Statt Milchschnitte und Schokoriegel brauchen wir ein gesundes Frühstücksbuffet in Kitas und Kindergärten – natürlich von Vater Staat finanziert.

Wir brauchen natürlich gemeinsames Kochen und Ernährungserziehung. Wir brauchen mehr Schulsport, zum Beispiel eine dritte Sportstunde in der Woche.

Wir brauchen natürlich mehr Förderung für die Betreuerinnen und Betreuer sowie die Jugendleiterinnen und Jugendleiter in Sportvereinen. Natürlich kostet das alles Geld. Aber sind Ihnen das unsere Kinder nicht wert?

Bei soviel Bedarf – in drei Sätzen kommt das Wort „brauchen“ vier mal vor – ergibt sich natürlich gleich die Sorge, etwas zu verpassen:

Und wenn meine Kinder zu Hause essen? Bekomme ich das erstattet?

Diese ernste Sorge äußerte Hans-Michael Goldmann (FDP).

Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) macht einen revolutionären Vorschlag zur Verschlankung der Volksvertreter:

Herr Präsident, ich komme zum Schluss. Für uns als Abgeordnete des Deutschen Bundestages hätte ich zum Schluss eine kleine Idee. Wir sollten vielleicht einmal über eine Mittagspause nachdenken

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

und möglicherweise auch über Duschen in den Büroräumen, damit man zwischendurch einmal Joggen gehen kann.

Wir machen einen kleinen Zeitsprung:

Hans-Georg Joost, Direktor des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung in Potsdam, ist nicht frustriert wegen der schlechten Ernährung. Immerhin macht die Wissenschaft Fortschritte; das Problem der Magersucht allerdings, aus ernährungswissenschaftlicher Sicht, ist doch eher schwierig.

Horst Seehofer bringt seine Gedanken ein:

Auf die Frage, was denn nun eigentlich gesunde Ernährung ausmache, zögert Seehofer nur kurz. Seiner Erfahrung nach sei es wichtig, dass man sich „abwechslungsreich und in Maßen ernährt und ausreichend bewegt“, sagt er. Sein Idealgewicht habe er „zumindest immer in Sichtweite“. Und der persönliche Tipp des Ministers: „Kaufen Sie niemals hungrig ein!“

In England wird derweil schon ordentlich Geld ausgegeben für die Volksgesundheit; vgl. Markus‚ Diät-Blog.

Einer konzertierten Aktion würde ich mich, im Ernst, anschließen.

Und über politische Diätbemühungen sollte ich überhaupt nicht mehr bloggen. So etwas führt nur zur Politik-Verdrossenheit – interessiert niemanden; die Abgeordneten haben zwar eine e-mail-Adresse, aber wenn man sie anschreibt, haben sie ja so viel zu tun, dass das Büro mit einem vorfabriziertem Textbaustein antwortet.

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2 Kommentare zu “Der demokratische Krampf ums Wunschgewicht”

  1. […] Ziemlich zeitgleich mit der Bundesernährungsstudie, die uns eine Gewichtszunahme attestiert, ist eine Studie zum Lustverlust erschienen, nach der mehr Lustgewinn und/oder eine Sex-Diät eigentlich geboten sind: […]

  2. […] Auch die “Kinderhilfe” ist um klare Worte bemüht und kommt zur Diagnose “Fettsuchtepidemie“. Armut macht dick – so war einst in der Presse zu lesen – und was tun wir dagegen? Hatte doch schon mal eine Volksvertreterin gefordert, Schulgärten einzurichten, weil die Kleinen beim Fernsehen nur das Still-sitzen lernen, praktisches Lernen geschieht mit Herz und Hand. […]

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