Zu viel Gefühl, zu empfindsam, zu empathisch, zu schwer?
Geschrieben am 6. Februar 2011 von KPBaumgardt
Skurrile Erklärungen, warum “die Dicken” dick sind, gibt es immer wieder, je skurriler, desto eher passen sie als Erklärung zu einigen Einzelfällen, enthalten also “notgedrungen” ein Körnchen Wahrheit.
Hier haben wir ein schönes Beispiel solch einer Halbwahrheit:
Die Thesen bei “Abnehmen für Leute, die zu viel fühlen” :
- Wer sehr empathisch ist, fühlt nicht nur die eigenen Gefühle, sondern die der Welt
- Negative Gefühle wie Angst und Wut werden als Angriff (von innen) erlebt, obwohl sie anderen Personen zugehörig sind
- Wer zu “feine Antennen” hat, fühlt das “Gewicht der Welt”
- Der Körper reagiert mehr auf Gefühle, als auf das Essen
- Es ist wichtiger, sich auf die Gefühle, als auf das Essen auszurichten
- Anzeichen:
- überwältigt von (überschwemmt mit) Gefühlen
- Orientierungslosigkeit, Planlosigkeit bei familiären Auseinanderstzungen und Streit
- Verwendung von Essen als Trost, Beruhigung, Flucht…
- Essen bringt Dich wieder auf den Boden zurück, gibt ein Gefühl der Sicherheit, und sei es nur für Sekunden
- Häufige Kombination von “Komfort-Essen” wie Sahnetorten, Cookies, Pommes…
- Die Entscheidu8ng, mit diesem Essen aufzuhören, wird imer wieder herausgeschoben
- Gewichtszunahme auch ohne Essen (in Stresszeiten) 😉
- Ängstlichkeit und massloses Essen kommen zusammen
- Du nimmst zu, wenn Du bloß an Diäten denkst 😉
- Gefühl der Kraftlosigkeit während einer Fressphase und der Kraft während einer beherrschten Phase
- Das Liebesleben leidet unter Deiner Beziehung zum Essen
Wir wissen nicht, was genau Colette Baron Reid in ihrem Fernkurs vermittelt – kann sein, die Lösung ist das kurz eingeblendete “Fall in love with yourself all over again”.
“Verlieb’ Dich doch mal wieder in Dich selbst – mit Haut und Haar” – das ist natürlich ein zweischneidiges Schwert, denn auf die überzogene Selbstliebe könnte die Selbstzerstörung folgen, so jedenfalls im Mythos von Narzziss….
Nicht unberechtigt ist auch die Kritik, die sich bei YouTube in den Kommentaren findet:
So ein Angebot, das darauf hinausläuft, Leuten, die es sich nicht leisten können, nicht zu helfen, macht ja nur depressiv.
Aber die Kommentatorin ist sicherlich schon vorher depressiv gewesen, und nur zu träge, sich den nötigen Betrag für den Kurs zusammenzuverdienen; und: Streng genommen, ist der Kurs wohl auch gar nicht nötig, sondern nur teuer eingekaufte, heiße Luft.
Die Idee, dass der eigene “Hunger” letztlich “von außen” kommt, ist jedoch gar nicht so abwegig:
Allzu oft schon habe ich es erlebt, dass auf die eigenen Bedürfnisse keine Rücksicht genommen worden ist, und ich entweder subtil dazu gedrängt wurde, mehr zu essen, oder, fast noch schlimmer, wegen dem Bemühen, mich zurückzuhalten, verspottet wurde.
Hinzu kommt, dass man sich – wie jedermann – auch mit “den Anderen” identifizieren will, und dass Selbstbild und (vermeintliches) Fremdbild eng zusammenhängen.
Gut gefallen hat mir bei Colette Baron Reid wiederum ein Beitrag in ihrem Blog:
Love’s Endurance: The Legend of Cupid and Psyche
“Amor Vincit Omina“
Dieser Quintessenz von Amor und Psyche kann man doch wohl nur zustimmen?
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Irgendwie ziemlich wirr was die Dame da schreibt und an Thesen zusammenfasst.
Einige der Beobachtungen sind in anderer Form durchaus zu bedenken, ist es ja unter anderem das Streßhormon Cortisol, das Übergewicht (vor allem dicker Bauch) produziert.
Hier sind auch Menschen vorzufinden, die Feinfühlig sind, denn dies geht in vielen Fällen auch mit viel Streß einher. Solche Personen nehmen in aller Regel viel ab durch Sport (Schneller Cortisolabbau), tendieren ganz normal zu einer fettreichen Ernährung (alternativer Cortisolabbau braucht Fette).
Hier könnte man auch die Ängstlichkeit einreihen, die sich ebenfalls als Streß bemerkbar macht.
Essen kann eine Menge sein, es kann auch Betäubungsmittel sein. Große Essensmengen verwenden viel Energie für die Verdauung, Gelassenheit tritt ein, Müdigkeit. Jetzt kann man Zeit im Schlaf totschlagen, man braucht sich nicht mehr beschäftigen.
Vieles weitere mehr.
Es ist aber nicht so wie es in den Thesen rüberkommt, das die Gefühlswelten das Problem seien, sondern die fehlende Fähigkeit mit diesen Gefühlen umzugehen, ihnen Ausdruck zu verleihen und oft auch sich von diesen Gefühlen abzugrenzen, was die Dame ja indirekt auch andeutet.
Klar wird: Neue Lösungsstrategien und Handlungskompetenzen müssen her. Für den einen oder anderen mag diese Weiterbildung bei der Frau helfen, hoffen wirs.
Zumeist bringt so ein geschwaller nichts. Den meisten Menschen fehlen die Erkenntnisse, die AHA-Erlebnisse um sich der Zusammenhänge bewußt zu werden. Dafür wäre auch eine entsprechende Therapie nötig, oder zumindest eine qualifizierte Führung mit entsprechendem Schulungsmaterial Zumal zu hoffen ist, das jemand der solche Thesen aufstellt und solche Angebote unterbreitet nicht einfach ein Ernährungspapst, DGE Meinungs-Prüfling oder selbstherrlicher Trend-Coach ist. Eine Therapeutische Ausbildung sollte vorhanden sein und damit ist ebenfalls kein bescheuertes NLP Zertifikat gemeint.
MFG