Die Wirkung der Stimme auf die seelische Verfassung
Geschrieben am 13. Mai 2010 von KPBaumgardt
Wer etwas beweisen will, macht heutzutage eine passende Studie, mit der passenden Fragestellung und möglichst ein paar Laboruntersuchungen – eine Studie lebt heutzutage von Zahlen und Messwerten. Anschließend ist die Präsentation der Ergebnisse das Wichtigste:
Die Stimme wirkt eine Umarmung
… konnte auf diesem Wege Focus titeln und in der Rubrik “Psychologie” ausführen:
Eine Berührung ist nicht notwendig, damit der Körper von Stress auf Wohlfühlen umschaltet. Schon die Stimme der Mutter am Telefon beruhigt strapazierte Nerven.
In diesen drei Zeilen ist das ganze Dilemma schon enthalten: Im Sinne uralter Rollenklischees geht es um die Mutter-Tochter Beziehung, nicht um Vater-Sohn, Mutter-Sohn oder Vater-Tochter-Beziehung, schon gar nicht um die Wirkung des erwachsenen Dialogs, und die beruhigende Wirkung der mütterlichen Stimme auf das gestresste Kind ist belegt.
Dass neben den klanglichen Qualitäten auch der Inhalt, das Einfühlungsvermögen, eine Rolle spielt, hat sich wohl nicht erfassen lassen.
Oder sind die Bilder, die eine Erzählung hervorrufen kann, ausschlaggebend?
Vorlesen entspannt beide Partner, zudem wird eine besondere Intimität hervorgerufen, die die Partner verbindet. Durch den weicheren Klang der Stimme des Partners würden sich die Frauen automatisch entspannen, sagte die britische Verhaltensexpertin Judi James.
Das hatte neulich die Apotheken-Umschau zu berichten gewusst; auch ohne Oxytocin-Messung.
Offenbar leben wir in Zeiten, in denen wir uns von dem menschlichen Kommunikationsbedürfnis im eigentlichen Sinne schon sehr weit entfremdet haben, wenn die wohltuende Wirkung des zwischenmenschlichen Kontakts schon durch “wissenschaftliche Studien” verifiziert werden muss.
Indiskrete Frage an die Leserinnen und Leser: Lest Ihr euch (noch) gegenseitig vor, und, zugespitzt: Redet ihr noch miteinander?
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