Babies als Ware: Wird RTL gestoppt?

Für Anfang Juni ist bei RTL die Ausstrahlung einer Sendereihe geplant, die auf heftige Widerstände stößt: 

 

Erst kommt die Quote, dann die Moral: … Säuglinge werden verschoben, als seien sie leblose Puppen, …  Mit der Reihe »Eltern auf Probe« erreicht RTL nicht etwa nur den Gipfel der Geschmacklosigkeit. Vielmehr wird man fragen dürfen, ob hier nicht bereits das Strafrecht greift: Wenn Säuglinge mutwillig in ihrer Entwicklung behindert werden, wenn Babys aus Geldgier in Stresssituationen gebracht werden, dann ist das ein Fall für den Staatsanwalt. Anklage: Kindesmissbrauch. Was den Beobachter so entsetzt, ist nicht nur der skrupellose Umgang mit dem Menschen als Ware. … Babys als Geldeinnahmequelle? Tiefer kann man nicht sinken.

Die Ankündigung von RTL:

Jedes Paar zieht während des Experiments in das erste eigene Haus in einer kleinen, ruhigen Vorstadtsiedlung. In direkter Nachbarschaft wohnen die übrigen drei Paare. … Dann überlassen vier Familien aus ganz Deutschland für vier Tage den Teenagern … ihre Babys. Nun erleben die Teenager erstmals am eigenen Leib, was es bedeutet, einen Säugling rund um die Uhr zu versorgen. … Die leiblichen Eltern können … das Experiment jederzeit abbrechen. Zusätzlich sorgen erfahrene Erzieherinnen Tag und Nacht in jedem Haus für die absolute Sicherheit der Kinder. Eine Kinderpsychologin und eine Ärztin sind ebenfalls vor Ort und für den Notfall gibt es Hilfe von Expertin Katja Kessler. Sie beobachtet die Teenager auch und entscheidet, ob sie reif genug sind, sich um ein kleines Kind zu kümmern. Außerdem gibt sie den Paaren Tipps und Hilfen bei ihren neuen Aufgaben.

Der unter „Big-Brother-Bedingungen“ gedrehte Film ist bereits im Kasten, aber vor der Ausstrahlung hagelt es Proteste (siehe oben), und auch die Kinderkommission fordert, die Sendung nicht auszustrahlen.

Ist meistens nur von „Säuglingen und Kleinkindern“ die Rede, finden wir bei SPON eine Altersangabe, wobei leider unklar bleibt, ob die sich auf das in der Sendung verwendete „Material“ bezieht…

„Erwachsen auf Probe“ ist laut RTL von der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) geprüft worden, die dem Format eine „positive pädagogische Absicht“ attestiere. Nach Einschätzung des Kinderschutzbundes dagegen sind Kinder im Alter von 9 bis 14 Monaten in einer hochsensiblen Phase und reagieren entwicklungsbedingt mit Angst und Abwehr auf fremde Personen.

Eine (subjektiv) positive Absicht ist ja noch lange kein Grund, jemandem zu vertrauen.
Die „Einschätzung“ des Kinderschutzbundes ist zudem Stand der Wissenschaft, und RTL dürfte den Bock zum Gärtner gemacht haben, statt sorgfältig zu recherchieren und gleich die Fachleute zu fragen.
Im übrigen bringt eine simple Internet-Recherche nach „Eltern zur Probe“ etliche Ergebnisse, die ein viertägiges Experiment, bei dem Schüler den Umgang mit Säuglingen anhand von Puppen simulieren können, zutage.

Die „Expertin“ Katja Kessler ist – nach ihrem eigenem Bekunden – mehr oder weniger als publicitysüchtig einzustufen: „…Schreiben macht einfach irrsinnig Spaß. Ich bin süchtig.“
Dabei bleibt für nüchterne Überlegung wenig Raum: „In alles, was ich tue, investiere ich Herzblut. Käme ich nicht aus dem zugeknöpften Norddeutschland, könnte ich auch sagen, feurige lodernde Leidenschaft.“
Und Ironie ist in der Pädagogik kontrainduziert:

VANITYFAIR.DE

Seit fünf Jahren sind Sie mit dem „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann verheiratet, einem der mächtigsten Medienmenschen Deutschlands. Ist dieser Umstand für Sie als Buchautorin ein Vorteil oder Nachteil? Halten sich die Kollegen aus Angst mit Kritik zurück, oder dreschen sie extra drauf?

Katja Kessler

O Gott, gleich zwei Fragen auf einmal! In diesem Interview wird man ja ganz schön intellektuell gefordert. …

Beim Spiegel schiebt man den schwarzen Peter den Eltern zu:

Wer hier mitmacht, riskiert, dass sein Kind Schaden nimmt – oder hat womöglich selbst einen.

Aber Mitläufer waren die Deutschen doch „schon immer“! Und jetzt sollen schon wieder die Mitläufer die Schuldigen sein?

Aus der Sozialpsychologie („Milgram-Experimente“) ist doch bekannt, dass Durchschnittsbürger sehr viel mitmachen, wenn es nur ein „Experte“, ein „Weißkittel“ anordnet. Und RTL hat auch „nur“ zu einem Experiment eingeladen…

Das war allerdings nicht ethisch korrekt, ethisch korrekt wäre eine Ausstrahlung auch nicht, vielleicht lässt sich das ja auch noch verhindern.

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