Ernährungssouveränität, #Lieblingsgerichte und politische Agonie

Was die politischen Verhältnisse betrifft, finden sich meist irgendwelche Mehrheiten, und es kann weitergehen, nach der Wahl.

Beim Thema „Übergewicht“ wissen wir nicht, ob wir eine Wahl haben; die Normalgewichtigen sind tatsächlich in der Minderheit; die Mehrheit der Bevölkerung ist übergewichtig, und wie es damit weitergehen soll: Da haben wir einfach keine Konzepte.

Dabei erfahren Übergewichtige Stigmatisierung von außen (sogar von Ärzten und Therapeuten), als Selbststigmatisierung auch „von innen“, und das alles, weil der Stoffwechsel aus dem Ruder gelaufen ist?

 

Früher war alles besser, gesünder, maßvoller

Auf der Insel Nauru leben heute die „fettesten Menschen der Welt“, dabei liegt die Betonung auf „heute“, denn heute gehen sie Lebensmittel einkaufen, und zwar das, was  dem westlichen Lebensstil, eingedost und vorbereitet, entspricht – inklusive zuckriger Limonade.

Ich habe allerdings den Verdacht, dass der Fotograph vor der Aufnahme die jungen Männer erst mal zum Frisör geschickt hatte – man weiß ja nie, welche Einflüsse ausschlaggebend sind bei der Entwicklung des „Körper-Selbst“…
Frischer Fisch wird heute an die Touristen verkauft, die Einheimischen bekommen Thunfisch- und Corned-Beaf-Konserven…

In der „Vorzeit“ konnten sie nicht viel an Lebensmittelvorräten anhäufen, Obst und Fisch verderben – also hat man sie zuvor an Alle verteilt.
Geld ist „haltbar“ und verdirbt nicht,  damit kann man jederzeit Lebensmittel  erwerben – so ändern sich die Sitten.

 

Zurück ins Hier und Jetzt: Hat der „Übergewichts-Zug“ erst einmal Fahrt aufgenommen,  nutzen Ernährungstherapie, Verhaltenstherapie und „Sporttherapie“ wenig, weil der Hunger als nagendes Gefühl dazwischenfunkt.

Dabei geht es zwar um rationale Ernährungsentscheidungen – jedoch nur „einerseits“. „Andererseits“ bevorzugen wir doch mehrheitlich die ansprechend verpackten und unwiderstehlich gewürzten, leicht fettigen Kartoffelchips gegenüber der gemeinen Pellkartoffel mit Quark: Augen und Ohren essen mit, der Naschindustrie ist das nicht nur recht, sondern sie fördert noch die „unnatürlichen“ Bedürfnisse. Es ist allzu menschlich, solchen Angeboten nicht widerstehen zu können, und perfide, wenn man ihnen ständig ausgesetzt ist.

 

Während die westliche „Zivilisierung“ bedingt, dass ein Großteil der Bevölkerung hefekloßähnlich aufgeht, dichtet die Disney-Kultur polynesische Religionsgeschichte um:

Maui, ein alter polynesischer Gott, wird bei den Disney-Studios eher „degeneriert“ verzeichnet dargestellt, obwohl er im Mythos eigentlich eine heldenhafte, starke, großartige göttliche Figur ist.
Wir können das auch so deuten: Innerhalb der herrschenden Kultur wird eher die Adipositas ferner Kulturen wahrgenommen, als das Elend im eigenen (noramerikanischen) Land; es reicht nicht, die Bodenschätze der fremden Kultur billig zu exportieren, man raubt auch ihre Überlieferung.

“This depiction of Maui being obese is typical American stereotyping. Obesity is a new phenomena because of the first world food that’s been stuffed down our throat.”

Vor der Kolonialisierung gab es jedenfalls keine Nahrung, mit der die Menschen sich höchstselbst  bis zur Adipositas gestopft hätten, als wären sie Mastgänse.

 

 

Wenn Rubens den Gott der Weintrinker als fett dargestellt hat, mag das als grenzwertig noch durchgehen, schließlich hat diese Darstellung auch ihre hellsichtigen Aspekte…

– den „Disneys“ dieser Illusionswelt könnte aber noch einfallen, sich am alten oder neuen Testament zu vergreifen: Dass eine Kanzlerin-Kandidatin kein „Moses“ sein kann, meinte  eine politische Werbeagentur in „D“ tatsächlich, „beweisen“ zu müssen.

 

Als „Klassiker der Meinungsbeeinflussung“ gelten Edward Bernays und Le Bon – inwieweit aus deren Taktik der Massenpsychologie auch die Werbung, die Kinderwünsche manipuliert, zu erklären ist, oder ob ganz einfach die Vorspiegelung idealer Illusionen im Werbefernsehen und auf beispielsweise der Müslipackung reicht, wäre noch zu klären.

Bereits mit dem Firmenlogo, dem Markenzeichen, ist über die wiederholte, gewohnte Wahrnehmung eine gewisse Produkt-Vertrautheit herzustellen:

Auch für Kinder ist hier klar: Es geht ums Füttern und gefüttert-werden. Dass sich das ändert, wenn die Kleinen flügge werden, ist in der Natur normal;  bei den Menschen kann der passive Wunsch, versorgt zu werden, lebenslang weiterbestehen…

Die Bemühungen „unserer“ Industrie, globaled Profite zu erwirtschaften, stellt eine Dokumentation zur Diskussion –

Dick, dicker, fettes Geld | Doku Reupload | ARTE

– und wer seine Kenntnbisse über  hyperverarbeitete Nahrung auffrischen möchte, bucht den BBC-Schnellkurs „Wie Du in 30 Tagen mit einem 80-%-Anteil Superverarbeiteter Nahrung  jede Menge Gewicht zulegst und Deinen Stoffwechsel ruinierst“.

 

Eine Erfahrung aus dem Experiment besagt, frei übersetzt:

„Diese industrielle Schnellverpflegung kann derart perfekt abgeschmeckt und zubereitet sein, dass es unmöglich werden kann, rechtzeitig aufzuhören, und Du bekommst schneller wieder Hunger, als Du denkst, bist also ständig am Naschen und das bereitet Kopfschmerzen, eine schlechtere körperliche Verfassung, und – definitiv – entwickelst Du Übergewicht.“

Diesen Effekt könnte man auch mit „rein pflanzlicher Fertigernährung“ erzielen, doch wird nur das ökonomische Potential des Veggie-Marktes beäugt, statt die richtigen Fragen zu stellen.

 

Wie war das mit der „Ernährungssouveränität“, wird die in die Wiege gelegt, bekommt man sie in einem Initiationsritus – nach schweren Prüfungen – feierlich beurkundet, kann man die kaufen, und wenn ja, wo?

 

Wir sehen etwas in der Art von Grießschnitten, jedoch aus einem „Quark“ auf Basis von Hafermilch, mit Apfelkompott aus dem Glas und selbst hergestelltem Kefir. Die reine Ernährungssouvernätiät ist das ja nicht, aber doch ein Schritt auf dem Weg.

 

Gedämpfte,  Erdnussbutter-Semmelbröselgefüllte Paprika mit Sauce und Beilagen

Es wäre doch mal ein Heidenspass, so etwas in einer Kochshow vorzuführen: 10 min fürs Zubereiten, dann 20 min auf den Dampf-Multicooker warten, in der Zwischenzeit das Sößchen anrühren. Natürlich in der Rubrik #Lieblingsgerichte.

Die Kritik des/der Juror*innen würde sich unter Umständen an der „vergammelten“ Petersilie entzünden, selbst wenn es eigentlich ein normaler Vorgang ist, auch getrocknete Kräuter zu verwenden.

 

Diese „Sticks“ aus Tempura-frittiertem Tempeh sind übrigens  ein idealer „Snack“ für unterwegs: Leicht transportabel, in wiederbefüllbarer Verpackung mitzuführen, relativ energiereich, pflanzlich, frei von allem Möglichen…

 

Kinder, die einen Schulbauernhof besuchen, können sie vielleicht auf einem Ausflug mitnehmen. Das Wichtigste ist jedoch: Sie können  mit ihren Lehrer:innen im Team Ställe ausmisten, Tiere versorgen, sie können gärtnern, ernten, kochen und gemeinsam fürs Leben lernen.

Da passt es, dass auch das Schwimmen, der Schwimmunterricht immer mehr reduziert wird. Wenn wir immer mehr Fähigkeiten und Fertigkeiten irgendwelchen „Apps“ zur „Vermitttlung“ überlassen, geht es uns noch wie den alten Römern, und das „europäische Reich“ geht unter…

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  • Sabrina: Schön, dass du bei der Bilanz dabei bist! Mit Spirulina und Algen zu experimentieren,...
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