Wir Klimasünder – Warenfetischisten, Tiefkühlhelden

Wenn es um die  Energieeffizienz geht, glauben viele, mit dem Label am Gerät (etwa A+++)  sei alles gesagt – hier wird eine „Klasse“ genannt, was sich bei Kühlgeräten  auf den Verbrauch pro Liter „Stauraum“ bezieht, so dass die „Energieeffizienzklasse“ zweier Geräte mit gleichem Jahresstromverbrauch, aber unterschiedlichem Volumen auseinanderliegen werden.

Gerne wird zur Geräteanschaffung geraten, das Teil „so klein wie möglich, so groß wie nötig“ zu kaufen, ganz, wie man früher auch Jeans angepasst hatte.
Während Jeans ausbleichen, gasen Kühlgeräte aus, halten die Kälte nach ein paar Jahren nicht mehr so gut wie zu Beginn, weil die isolierenden Schäume der Außenwände chemisch nicht stabil sind – „… dann kaufen Sie halt in ein paar Jahren einen neuen… “ könnte der Kühlschrank-Kundenberater sagen und darauf hinweisen, dass man so stets technisch auf der Höhe der Zeit ist.

Gefriergeräte waren in den 60-er Jahren „der letzte Schrei“ – da konnte man eine halbe Sau aus der Hausschlachtung und die Ernte aus dem Hausgarten frischhalten („in den Kälteschlaf versetzen“), musste nur noch daran denken, das geplante Essen rechtzeitig aufzutauen – und überhaupt: Aufzubrauchen ist auch wichtig, denn die nächste Ernte muss  auch wieder eingefroren werden, der Platz, Lebensmittel zu horten und hamstern ist begrenzt.

Im Bekanntenkreis und vor der eigenen Nasenspitze kommt es schon mal vor, dass in den Tiefen des Tiefkühlgeräts Lebensmittel jahrelang gebunkert  werden, vorzugsweise solche, die aus der Supermarkttiefkühlung erstanden wurden – „… da hatte ich mal Lust auf Pommes-Frites, hatte eine relativ große, aber günstige Packung gekauft und den Rest natürlich eingefroren – so hatte ich auch immer Pommes zur Verfügung – diese Packung mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum aus dem Vorjahr ist aber noch zu gebrauchen – hm – ich mache eigentlich nie Pommes…“.
In den Haushalten werden also Lebensmittel dauer-kältekonserviert für den Fall, dass man spontan „Lust“ darauf bekommt, damit man im Bedarfsfall eine Auswahl hat, zum Beispiel zwischen Thunfisch- und Vier-Jahreszeiten-Pizza (“ …die waren gerade im Sonderangebot, da habe ich mal fünf gekauft…“) wählen kann.

Ein Leben ohne Tiefkühlgerät ist – wie das Pizza-Beispiel zeigt – also möglich, die Pizza-Versorgung ist nur eine Frage des Timings (der zeitlichen Abstimmung), für selbst Gebackenes gilt das auch.

Nun finden wir unter den Kundenberater*innen eher die Verkaufstalente, weniger das Gegenstück, die Berater, die helfen, Tiefkühlgeräte abzuschaffen, weil die Geräte ja eigentlich nicht wirklich gebraucht werden. Für diese Kundenberater gibt es noch nicht einmal das passende Wort – nehmen wir also „Entkaufsberater“ in unseren Wortschatz auf?

 

Wenn zum Beispiel der auf Gleichberechtigung pochende Hobbykoch, um stets seine Lieblingspizza mit Pilzen ausstatten zu können, der Meinung ist, er bräuchte eine „Tiefkühlmöglichkeit“ für Champignons (und in den Geschäften sieht man ja am Warenangebot, dass es einen Bedarf für Pilze, die kälter als eiskalt sind, gibt), gilt es, seinen Wunsch zu respektieren und nach dem eigentlichen Wunsch zu forschen: Das ist hier einfach, es geht ums Pizza-Belegen mit möglichst schmackhaften Pilzen, und die früher oft verwendeteten „Pilze, geschnitten, Handelsklasse xy“ aus dem Glas waren nicht zu Unrecht als „gummiartig“ verschrieen.

In Frage kommen gut abgeschmeckte, selbst eingekochte Champignons:

Hier kann man den Pilzen im Glas schon vor dem Einkochen Kräuter und Gewürze beifügen – das Aroma zieht garantiert durch und macht den Inahlt lecker – auch die Kombination mit  anderem Gemüse der jeweiligen Saison ist kein Problem und hilft, das Glas ordentlich zu füllen.

 

Wir sehen, das individuelle Tiefkühlgerät ist eigentlich entbehrlich – völlig ausreichend ist es, wenn man sich im Sommer ein paar Eiswürfel zubereiten kann – das empfindet heute kaum noch jemand als übertriebenen Luxus; dass es doch ein (sogar entbehrlicher) Luxus ist, spürt man auf einem Wanderurlaub mit Rucksack oder einer Camping-Tour mit dem Fahrrad.

 

Lassen wir die Frage nach dem Bedarf an „Tiefkühlung“ also unbeantwortet und fragen die freundlichen Verkäufer*Innen lieber nach dem Preis, den das Ganze verursacht, fragen also nicht nach der Energieffizienz, sondern nach der ökonomischen Effizienz. Hier sind natürlich auch die Kosten, die alleine der Stellplatz des Geräts verursacht, einzubeziehen; Wohnraum wird nach Euro pro Quatdratmeter und Monat berechnet, wir hätten die Auskunft gerne in Euro pro Jahr: Stromkosten, Abnutzung (Abschreibung), Stellfläche, umgerechnet auf das Volumen, das hineinpasst, also Euro/Liter/Jahr.

Dann können wir uns das noch mal überlegen, überschlafen, und dann versuchen, die beste Entscheidung zu treffen.

Ein unabhängiger Verkäufer wird natürlich fragen, was wir denn wollen – etwa ein von den Maßen her genormtes Standardmodell?  Freistehend oder integriert?

Weil es noch keine kugeligen oder Ei-förmigen Kühlschränke gibt, gibt es würfelige oder quaderförmige – die zeichnen sich durch sechs Außenwände aus und das Volumen ergibt sich aus Kantenlänge mal Kantenlänge  mal Kantenlänge – also ein Volumen „1“ bei einer Würfel-Kantenlänge „1“. Die Außenfläche, da das Teil sechs Seiten hat, = 6.

„Das ist soweit nachvollziehbar, doch das gewünschte Innenvolumen ist doch das „Gesamtvolumen“ minus Isolations-Volumen, was ja besonders gut gedämmte Schränkchen auch vom Nutzinhalt verkleinert“ – käme hier sicherlich als Einwand – doch dem Verkäufer geht es darum, einen Effekt im Verhältnis Außenfläche zu Rauminhalt zu demonstrieren.
Das ist ein riskanter Moment des Ver- oder Entkaufsgesprächs, denn wenn wir entscheiden, dass dieser Mensch demonstrieren kann, was und wofür er will, aber nicht uns irgendetwas mit Legosteinen – dann war es das.

„Machen wir es kurz: beim Rauminhalt „2“ haben wir hier eine Außenfläche von 2×6-1, also nicht das Doppelte des Obigen, sondern 11. Der Volumen:Fläche-Koeffizient („VFK“) ist, statt  1:6 (0,1667) 2:11, also 0,182.

 

Ob das jetzt sonderlich bedeutsam ist, erschließt sich mir nicht – ob dieser „VFK“ sonderlich relevant ist, auch nicht.

„Man kann durch die Art der Geräteaufstellung – in Verbindung mit der Anzahl der beteiligten Geräte (hier also acht Kühlschränke, die Anordnung der Türen müssen Sie sich selbst denken) – natürlich einen deutlich besseren VFK erzielen – wenn Sie mal schauen möchten“:
Wir hätten hier bei V= 8,5 und F= 32 den VFK 0.27 – das ist schon ein deutlicher Unterschied! Das Loch in der Mitte der Anordnung wird übrigens für die Systemversorgung gebraucht – Wärmeabfuhr und Kältezufuhr, sowie Strom für die Innenbeleuchtung der Geräte – die schaltet sich wie gewohnt beim Öffnen der Tür ein und beim Schließen auch aus. Der Einzelschrank hat keinen eigenen Kompressor – die Kälteerzeugung erfolgt sozusagen zentral, die „Abwärme“ wird fürs Wäschewaschen zur Verfügung gestellt – auch das ein energetischer und ökonomischer Faktor, den wir aber in unserer kleinen Modellrechung außen vorlassen.
Das wäre schon eine Anordnung für größere Mehrfamilienhäuser, das hat es aber auch schon „auf dem Dorf“ gegeben innerhalb des Gemeindekühlhauses, „halt wenn die Dorfgemeinschaft intakt war“.

Die Großversion schichtet drei Lagen Kühlschränke übereinander – hier gibt es eine dreistufige Treppenleiter dazu, sie ist in der Höhe nicht zu erweitern, wohl aber in der Länge oder Breite. Wir haben hier ein Volumen von 25,5 bei 24 Kühleinheiten,  insgesamt F=62, VFK=0,392…
Der VFK rangiert also in unserer Modellrechnung zwischen 1:6 und 25,5:62, also umgerechnet und gerundet von 1 bis 0,4, die „Außenhaut“ bei 24 Einzelgeräten wäre – über den Daumen geschätzt rund 30-mal so groß wie bei unserer Großversion!
 
 

Dass ein Liter Wasser in einem Würfel mit 10 cm Kantenlänge oder in 1000 Würfeln mit je 1 cm aufbewahrt werden könnte, mit einem „Verpackungsbedarf“ von 10  hoch zwei x6  gegenüber 6000 Quadratzentimeter bei den einzelnen Würfelchen, lernen bayrische Kinder schon im Kindergarten und wird beim Bremer Abitur vorausgesetzt, ist also relativ bekannt, nur nicht immer bewusst 😉

Die Frage ist, welche Auswirkungen (Konsequemnzen“ sich hieraus auf die Effektivität welchen Ressourceneinsatzes ergeben. Man kann, wie gezeigt, die Tiefkühlung im privaten Bereich völlig weglassen und könnte, wenn es von der Kommune betriebene „Frostzentren“ gäbe, wo man sich ein Tiefkühlfach mietet, so ein Angebot nutzen. Allerdings betrachten die wenigsten Gemeinden es als ihre Aufgabe, so etwas zu betreiben: Das liegt am Mangel an Gemeinsinn und den Scheuklappen der Bürokratie, im Prinzip nicht an der Demokratie.

So eine Statistik liefert immer nur die Zahlen, die man gerade nicht sucht – der Anteil des Energieverbrauchs für „Tiefkühlung“ wird hier nicht ausgeworfen. Die einzig verlässliche Zahl ist „100“: 100 Prozent der Stromrechnung muss man bezahlen, und zwar nicht zu knapp und immer mehr; etwas davon kann man einsparen, aber wo und wieviel?
Diese Statistik zeigt auch, dass der größte „Einsatz“ zum Energiesparen bei der kleinsten erfassten Größe getrieben wird – ohne Werte fürs Kühlen/Tiefkühlen lassen sich Prognosen hinsichtlich möglicher Einspar-Größenordnung nicht so gut stellen…

 

Was die Elektrizität betrifft, gilt:

Mit fossilen Brennstoffen muss bald Schluss sein, und Ökostrom ist zwar unerschöpflich – hat aber auch seine Schattenseiten.
Es gibt  kein  konfliktreies Energiekonzept: Wer Wind ernten will, wird Vögel erschlagen. Steigender Verbrauch, und zu erwartender Bedarf bei „der Elekromobilität“ legen diese Einschätzung nahe:

Wir produzieren nicht zu wenig Grünstrom – sondern verbrauchen zu viel elektrische Energie: zehn Prozent mehr als im Jahr 1990.“

Das Beispiel des hessischen Reinhardswalds, der mit hoher Wahrscheinlichkeit den „schwarz-rot-grünen“ Mega-Windanlagen zum Opfer fallen wird, will man gar nicht wahrnehmen: Wenn sich fast überall nur noch  Windräder vor den Augen drehen, wird der sanfte Tourismus in Deutschlands naturnahen Regionen unmöglich, dreht man durch und empfindet Nebel als wohltuende Wetterlage – und so eine Stimmungslage macht depressiv.

Da hilft es vielleicht, einmal zu sagen, dass diese Gesellschaft sich auf dem Holzweg befindet – die arbeitet mit Lösungen von Problemen, die längst überwunden sind oder sein könnten, und schafft neue Probleme, die sie nicht wahrhaben will:

Wenn der bayrische Ministerpräsident den Exit in den Weltraum, in die „Södersphäre“ propagiert, lenkt die kommödiantische Einlage von Problemen im Nahbereich ab, mindert die Achtung der Wähler gegenüber den „Altparteien“ und fördert einen besonderen Strukturwandel mit unklarem Ziel.

Das ist nützlich für jene, die geheime Ziele verdeckt verfolgen:

„Mir wurde immer gesagt: Es gibt Sachen, die schreibt man nicht ins Parteiprogramm, die tut man, wenn die historische Stunde gekommen ist.“

Man hätte in letzter Zeit – gefühlte – 34 Stunden am Tag damit verbringen können, irgendwelche Diskussionen über Dieselmotoren und „Fahrverbote“ (falsch parken wird gnadenlos bestraft und dürfte teurer werden als die „Fahr-Verbote“ zu missachten) zu verfolgen, als sei die „Automobilität“ und deren Fortbestand „unser“ dringlichstes Problem, bei dem die Bedürfnisse der  „autofreien Gesellschaftsmitglieder“ behandelt werden, als seien sie Aussätzige, die nicht interessieren. Der Aspekt der Effizienz wird bei diesen „Diskussionen“ schon gar nicht berücksichtigt.

Unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten wäre der Gedanke, „ein Maximum an Glück mit einem Minimum an Konsum zu erreichen“ eine wünschenswerte Optimierung oder zumindest ein Anfang, denn das gewohnt-gewollte-gewöhnte Waren-Konsumieren ist ineffizient, schädigt die Natur, gefährdet das Überleben Aller und bringt der menschlichen Seite des (Mit-)Menschen, der Seele, mehr Schaden als Nutzen.

Der seelische Schaden ist durchaus wahrnehmbar, nicht aber direkt messbar. Die Schadwirkung der „fossilen Energiegewinnung“ wird „munter“ verdrängt – seitenlange Listen über Anschaffungspreis und „Energieeffizienz“ von Kühlgeräten sind kein wirklicher Verbraucherschutz, sondern das Ergebnis fleißiger Bediensteter, deren Aufgabe das Erstellen von Listen ist. Das zu machen prägt den Charakter, zu dessen funktionaler Grundausstattung die Scheuklappen gehören. Dadurch kann man eine Arbeit, die hauptsächlich dem „Weiter, wie gehabt“ dient, auch „freiwillig“ als alternativlos und sinnvoll empfinden.

Stellen wir doch nur einmal im Bereich Tiefkühlung die Grundsatzfrage: „Was machen wir da eigentlich – brauchen wir das wirklich, richten wir damit vielleicht mehr Schaden an, als als wir Nutzen schaffen? Wie stellen wir bereit, was wir brauchen? Welche Werte haben frühere Gemeinschaften noch gelebt, warum sind so viele Bestandteile der Solidarität weggefallen, und haben wir davon einen Gewinn?“

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