„Witzig, wie der untergegangen ist – aber ich hätte mir das spannender vorgestellt“
Geschrieben am 23. Juli 2017 von KPBaumgardt
Was soll man hinterher auch sagen, wenn man nicht eingreift, wenn die Gruppe („Masse“, Horde, „Bande“) beschlossen hat, in einem Notfall nicht zu helfen?
Was fünf „Kids“ im Alter von 14-18 Jahren schwätzen, haben sie nebenbei aufgenommen, als sie vom Ufer aus gefilmt haben, was in dem Teich vor ihnen geschene ist:
„Es wird dir keiner zu Hilfe kommen, du dummes Miststück. Du hättest da nicht hineingehen sollen.“ (Quelle)
Oder auch in der Originalversion:
Someone tells him not to expect any assistance: “Ain’t nobody going to help you, you dumb bitch. You shouldn’t have got in there,” he says.
Ist der Schwächste (Außenstehende) einmal identifiziert, kann es losgehen…
Der einzige „Trost“ bei dem Vorfall ist, dass der Tod des Ertrinkenden, dem diese „Barbaren“ beigewohnt hatten, einigermaßen schnell eingetreten sein dürfte – lang war das Video, das die Jugendlichen bei Facebook posten „mussten“, nicht.
„Der Amerikaner“ liebt ja Horrorfilme, und der Schrecken etwa beim „weißen Hai“ baut sich gründlicher auf, war besser inszeniert, größer – das Handyvideo war dafür zwar Realität, aber doch auch nur ein Video. So unwirklich wie ein gelöschtes Selfie, vielleicht. Aber man ist ja zuhause auf den sozialen Medien, dort finden die Lebensäußerungen statt, was nicht gepostet wird, ist nicht wirklich?
So gesehen, passiert auf den „sozialen Medien“ auch nur ein bisschen Kino, und jeder darf mal ran, Likes und Views sammeln, sich darstellen, zur Not als Kommentator aus dem Off. Die Spirale der Unterhaltungsindustrie dreht sich.
Wütend macht mich, dass dem Ertrinkenden sicher hätte geholfen werden können; wenn man nicht selbst helfen kann, kann man wenigstens Hilfe herbeirufen.
Zum Einen wird es darum gehen, ob das breite Publikum dieses Verhalten ächten wird – also zumindest den mitleidlosen Jugendlichen die gewünschten „Likes“ verweigert: So eine geile Rettungsaktion wäre doch viel dramatischer geworden, Bitch!
Zum Anderen stelle ich mir die Frage, ob sie in irgendeiner Form (und wie genau???) zur Mitleidlosigkeit erzogen worden sind, und ob das noch einmal „repariert“ werden kann.
Halbwegs gesichert ist dabei, dass die Kids Langeweile hatten und Drogen (dort siehe Leserbriefe) im Spiel waren.
Rechtlich gesehen, durften sie untätig bleiben – die Verfassungseltern in Florida hatten die Sache mit der unterlassenen Hilfeleistung nicht mit „eingepflegt“ – vergessen oder als so selbstverständlich empfunden, dass man es nicht extra aufschreiben muss? Aber wozu dann all die anderen Artikel und „Gebote“?
Oder kann man so „liberal“ sein und darf den, der sich umbringen will, nicht in seiner Freiheit das zu tun, „beschneiden“? Was, wenn es da auch einen Hilferuf gegeben hat, als „Argument“ noch bodenloser wird …
Mitleidlos zuschauen – ein struktureller Fehler
„Unser“ größtes Massengrab ist im Moment das Mittelmeer, der Tod durch Ertrinken ist dort schon unerträglich lange Alltag. Wir schauen zu, wie Menschen gerettet werden, und die Rede, dass „die“ sich doch selbst in Gefahr begeben, „… und wer dann hilft, Schiffe schickt, zieht ja nur noch mehr Flüchtlinge an und aufs Wasser“ ist ein deutlich zu vernehmender Kommentar.
Wir sehen Schlauchboote, die kentern, überfüllte Rettungsschiffe, leere Boote, die wenigsten Leichen dann am Strand.
Wir haben den allumfassenden Begriff „Krisengebiete“ und ahnen, dass diese Krisen nicht aus dem Nichts kommen, ahnen auch, dass es sich um eine Riesenkrise (genauer: Viele Riesenkrisen) handelt und treuen unseren Ohren nicht, wenn hiesige Spitzenpolitiker etwas von Ursachenbekämpfung im Ursprungsland äußern – denn wenn den Worten keine Taten folgen ist es, als hätte „die Politik“ geschwiegen.
Oder, als hätte die Politik gelogen, denn „wir“ schüren Umwelt- und Wirtschaftskrisen; deutsche Agrarsubventionen haben schon afrikanische Märkte „zerschossen“, weil die Einheimischen nicht mit den deutschen, unterpreisigen Agrarprodukten mithalten konnten – preislich, nicht qualitativ.
Als wäre die Sache mit der „assistance“ so schwierig, als könnte eine g’scheite Hilfestellung nicht auch zu einer win-win-Situation führen…
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