Megatrend Veganismus – Minitrend Lebensmittelvernunft?

Essen und Trinken ist kein Lebensinhalt, es sei denn, man isst vegan und hat keine anderen Sorgen mehr als „Wie entgehe ich dem tierischen Protein“. Eine andere Ess-Neurose geht aber auch, Stichwort „Orthorexie“, verwandt mit „Was darf ich essen bei Abnehmwunsch?“ – das wäre die anorektische Zwangsneurose…

Der „Spiegel“ jedenfalls hatte neulich über unsere „Ernährungskulte“ geschrieben, dabei den Veganismus zu einer Massenbewegung erhoben („Megatrend„), während niemand genaue Zahlen hat und großzügige Schätzungen auf 1,2 Prozent „Fleisch, Ei- und Milchfreiheit“ bei der Ernährung kommen – eine Splittergruppe wird also hofiert, die Journalisten, die  Abwechslung auf ihrem Teller lieben, geben nur wieder, was sie in ihrem Schcki-Micki-Möchtegernöko-Umfeldd durch die Presse-Brille mit den speziellen Wirklichkeitsfiltern sehen – um mal einen Artikel von Jan-Philipp Hein zusammenzufassen.

„Denn kaum etwas ist den Deutschen so heilig wie ihr Essen – oder besser gesagt: wie das, was sie nicht essen“, heißt es in dem Titelstück [des Spiegel], das sich mit Glutenverweigerern und Laktoseintoleranten beschäftigt, mit der religiösen Dimension des Essens ebenso wie mit seiner Funktion als soziales Abgrenzungsmerkmal.

Was die soziale Funktion betrifft, hatten die Steinzeitmenschen wahrscheinlich gerechter geteilt als die mittelalterliche Adelsgesellschaft, oder gar Sklavenhaltergesellschaften, wo die niederen Ränge über Reste und Abfälle froh sein sollten und mussten.

Die soziale Abgrenzung funktioniert heute mit Hilfe von Statussymbolen, und das Essen ist nur ein Statusmerkmal unter vielen; Auto, Wohnung/Haus, Einkommen, „Dienstrang“ und so weiter.

In der Natur gibt es keinen Kult ums Essen, wohl aber die genetisch festgelegte Veranlagung, sich durchzufressen, wie bei der „Raupe Nimmersatt“.

Mit der Pflanzen-fressenden Vorstufe zum Schmetterling haben wir Menschen als Allesfresser aber wenig zu tun – und wenn, möchten wir wenigstens ein schillerndes Flattertier sein oder werden 😉

 

Irgendwann nach der Eiablage beginnt der Kreislauf von Sich-Durchfressen und  Metamorphose wieder von vorn – was die Metamorphose betrifft: Die gibt es auch vielfältig beim Menschen – Verwandlungen in Tiere und Pflanzen, aber das ist Mythologie.

Wie viel Geld wir ausgeben- das wiederum ist Ökonomie, und wenn wir Geld verbrennen, auch. Etwa für Lebensmittel, die im Müll landen, kommt pro Haushalt schnell  ein vierstelliger Betrag zusammen, schreibt die Schweizer Bauernzeitung.

Vor dem Einkauf empfiehlt sich, eine Liste zu erstellen, damit nicht Gluscht und Bauch über den Inhalt des Einkaufskorbs bestimmen. Lebensmittel gehören richtig aufbewahrt. Es ist von Vorteil, wenn man den Unterschied von «Verfallsdatum» und «Mindesthaltbarkeitsdatum» kennt. Ansonsten ist der gesunde Menschenverstand bei Beurteilung von Lebensmitteln gefragt, bevor man anhand des aufgedruckten Datums etwas wegwirft. Die Portionen sollten zur Anzahl der zu verpflegenden Personen passen.

Das mit den Portionen – „In Portionen denken“ empfehle ich ja auch immer, und dieses „Rad“ ist uralt, muss niemand mehr erfinden – deshalb habe ich den „Trick“ mal hervorgehoben.

Unsere Politik krebst sich ja auch durch Abfallvermeidungsstrategien, will dazu gar die Initiative von unten mit einem Ideen- und Projekt-Wettbewerb forcieren, prämiert nolens volens immer den Schein vor dem Sein, und die simple alte Botschaft eben nicht:

… aktiv werden, sollten wir wohl alle selber. Eine Revolution von unten sozusagen. Die bäuerliche Bevölkerung …  weiss noch, wann Lebensmittel Saison haben, deshalb gut schmecken und so nicht nach dem ersten Biss mangels Geschmack im Abfall landen. Sie weiss noch, wie Obst und Gemüse verarbeitet werden, auch wenn sie in Aussehen und Grösse nicht ganz der Norm entsprechen. Sie weiss, wie Essensreste, Nahrung kurz vor dem Verderben und Ernteüberfluss verwertet werden, da das Wissen um Zubereitung von Lebensmitteln und Einmachen noch vorhanden ist.

Vielleicht sollte der Detailhandel die Lebensmittel einfach viel teurer anbieten. Auch Bäuerinnen und Bauern könnten ihre Preise in den Hofläden gerne etwas nach oben korrigieren. Denn «was nichts kostet, ist nichts wert» und wird folglich schnell mal fortgeworfen. Oder der Gesetzgeber könnte eine vorgezogene Entsorgungsgebühr auf Nahrung vorschreiben. Denn das Umdenken kommt wahrscheinlich erst, wenn es mächtig schmerzt im Geldbeutel. Das ist alles nicht ganz so einfach, da der Preisdruck aus dem Ausland gross ist. Dort sind Lebensmittel billig, billiger am billigsten. Und die Schweizer Autoschlangen an den Grenzübergängen sprechen Bände für sich.

Neben dem Wissen um den Umgang mit dem Essen geht es hier um die politischen Rahmenbedingungen, und zwar international.

Wobei das uralte Bauernwissen, wie ma z.B. welken Salat noch sinnvoll verwertet, heute auch nicht mehr viel nutzt. Warum? Wer es weiß und im Kommentar mitteilt, bekommt einen Sonderpreis…

Um jetzt noch den Bogen zu schließen, von Veganismus zu Lebensmittelabfallvermeidung: Etwas Schwund gibt es immer, Essensreste müssen aber eigentlich nicht auf den Müll: So manches eierlegende Haustier würde sich glücklich schätzen, noch die übrigen Kartoffeln und Anderes aufpicken zu dürfen. Daneben sind Schweine eigentlich sehr gute Resteverwerter.

Auch die Essigherstellung kann im kleinen Rahmen, als Resteverwertung organisiert, Millionenbeträge „aus dem Nichts“ erwirtschaften.

Solche nachhaltigen Klein- und Nah-Projekte können allerdings selten mit den ‚“großen“ Playern konkurrieren. Da braucht es die passenden politischen Rahmenbedingungen und tapfere Verbraucher, Kunden, die mal über ihren eigenen „Ich-bezhal-doch-nicht-mehr-als-es-beim-Aldi-kostet“ Schatten springen.

Vieles ist hier eine Frage des Wissens, des Könnens und des Wollens. Es könnte natürlich sein, dass aus Schülern, die schon in der Schulkantine bei der Lebensmittelherstellung beteiligt werden, einmal qualitätsbewusste, „enthusiatische“ Verbraucher werden, die in der Lage sind, kooperativ zu denken und zu handeln, die zum Beispiel nicht hilflos dastehen, wenn ihnen die Aufgabe, einen schmackhaften Senf oder ein zuckerarmes Ketchup herzustellen, gestellt wird:

Das wird ein schöner Mega-Trend 😉

 

 

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