Schöne Strategien der Sinnlichkeit

„Die intime Verbindung des Liebesaktes mit dem Akt des Essens war auch der unschuldigsten Seele seit langem klar. Seit Jahrhunderten hatten festliche Gelage als Auftakt und Einstimmung zu sexueller Schwelgerei gedient; die erotischen Dimensionen der von Platon beschriebenen Arbeitsessen … waren unverkennbar. … Noch mehr als die Musik ist die Speise die Speise der Liebe.“
Wir zitieren hier aus Peter Gay: Die zarte Leidenschaft – Liebe im bürgerlichen Zeitalter, München 1987, S. 277 f.. Peter sah einen „Einklang von oraler und genitaler Befriedigung“, der im allgemeinen Sprachschatz mit kulinarischen Metaphern „für den geliebten Menschen, wie „honey“, „zum Anbeißen“ oder „Zuckerpüppchen“ sich wiederfindet. Liebende haben sich „zum Fressen gern“ und meinen das nicht nur, sondern beißen sich tatsächlich; sich den Partner einverleiben zu wollen, ist Regression auf „jene infantile Stufe, da die libidinösen und die aggressiven Treibe noch nicht hinreichend voneinander geschieden waren.“

Das war wohl etwas ungeschickt formuliert, der „Liebesbiss“ ist lieb und aggressiv gleichzeitig, und harmlos, solange er nur blaue Flecken, und keine tiefen Wunden hinterlässt.

Das Essen hat – psychologisch gesehen – jedenfalls mehrere Bedeutungen gleichzeitig; „Gefräßigkeit ist wahrscheinlich eher ein Symptom für das Fehlen von Liebe als für ihr Vorhandensein. Darüber hinaus war das zeremonielle bürgerliche Essen im 19. Jahrhundert – das große Bankett mit endloser Speisenfolge in endlosen Quantitäten – nicht so sehr ein Anreiz zur sexuellen Betätigung als deren Ersatz. … Doch ob Sublimierung von Liebesgelüsten oder deren Anreiz: Die erotischen Wurzeln guten Essens waren immer stark ausgeprägt und meist ziemlich offensichtlich.“

Sei kein Kannibale

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