Alles verändert sich, sowieso
Geschrieben am 10. Januar 2011 von KPBaumgardt
Dass das einzig Konstante im Leben die Veränderung ist: Einerseits hinlänglich bekannt, so sehr, dass es wie eine Binsenweisheit anmutet – Andererseits wollen Viele es gar nicht wahrhaben.
- Also können auch Lieder sich verändern, nicht allerdings, wenn sie als digitale Konserve vorliegen. Rio Reisers Assoziation zum damals 14 Jahre alten Lied: ~”Es ist jetzt in die Pubertät gekommen” weckt recht eigentlich die Neugier, wie das Lied von der Veränderung sich im reiferen Erwachsenenalter anhören würde.
Es gibt keine Liebe
Wenn wir sie nicht wollen
Es gibt keine Sonne
Wenn wir sie nicht sehen
Es gibt keine Wahrheit
Wenn wir sie nicht suchen
Es gibt keinen Frieden
Wenn wir ihn nicht wollenAlles verändert sich
Wenn du es veränderst
Doch du kannst nicht gewinnen
Solange du allein bistEin Baum kann nicht blühn
Wenn keine Sonne scheint
Es gibt keinen Fluß
Wenn kein Regen fällt
Es gibt keine Wahrheit
Wenn wir sie nicht suchen
Es gibt keine Freiheit
Wenn wir sie nicht nehmenAlles verändert sich
Wenn du es veränderst
Doch du kannst nicht gewinnen
Solange du allein bist
gefunden beim Blog “Futurologischer Kongress”
Dass Rio die Flasche auf die Bühne mitgenommen hatte, ist schade. Dadurch wirkt das Lied weniger seriös, als es ist.
“Alles verändert sich” – und zwar manchmal auch auf verblüffende Weise. Ein Mann kann sich in einen Esel verwandeln, und im günstigen Fall zurück. Das ist wohl auch eine Binsenweisheit 😉
Leider wird oft nicht verstanden, wie wahr der Kern solcher Fabeln, die in der römischen Literatur mit dem Titel “Metamorphosen” auf das Wesen der vielfältigen Verwandlungen im Menschenleben hinwiesen, ist.
Was Apuleius, in dessen Metamorphosen auch die Sage von Amor und Psyche erzählt wird, uns damit sagen wollte, müssen wir schon selbst ahnen. Ein Hinweis liegt wohl darin, dass Lucius, der Romanheld, dem (“matriarchalischen”) Isis-Kult beitritt.
Psyche wiederum ist bei OVIDs Metamorphosen selbst gar nicht vertreten, wohl aber deren Tochter Voluptas (“Wollust”) – in seiner “Liebeskunst”:
Versöhnung ist immer möglich.
Wollust siegt über Rachsucht. [Quelle]
Lebenszyklen als Metamorphosen?
Wir können auch den “vollständigen Lebenszyklus nach Erik H. Erikson” mit den Phasen
- Säuglingsalter,
- Kleinkindalter,
- Spielalter,
- Schulalter,
- Adoleszenz,
- Frühes Erwachsenenalter,
- Erwachsenenalter und
- Alter
als Auflistung von Metamorphosen interpretieren.
Immerhin geht es hier um psychosoziale Krisen des menschlichen Lebens, die Entwicklung von
- Urvertrauen/Urmisstrauen,
- Autonomie/Scham und Zweifel,
- Initiative/Schuldgefühl,
- Regsamkeit/Minderwertigkeit,
- Identität/Identitätsdiffusion,
- Intimität/Isolierung,
- Generativität/Stagnation
- Integrität/Verzweiflung.
“Alles verändert sich”, besonders, wenn wir es verändern.
Oder, wenn wir uns verändern. Einerseits sowieso, durch den Alterungsprozess, andererseits in der Selbst- und Fremdwahrnehmung: Wer will schon “für immer” RebellIn, Prinzessin oder Prinz bleiben?
Krankheit und Überwindung von Krankheit, Liebe oder Trennung, Verluste und Gewinne können den Beginn neuer Lebensphasen bedingen oder unsere Position in den Krisensituationen. Alles verändert sich – und zwar innerhalb des sozialen Zusammenhangs, innerhalb des “WIR”.
Related posts:
- Meditation zu Wollust, Unzucht, Sex-Diät und Treue
- Narzissmus: Isolation, Befreiung und Dialog
- Original-Familienrezept, Rezept Schlicht Und Einfach, Lebensgefärliche Fertig-Lebensmittel, Lob Des Gemeinsinns
- Schöner durchs Abnehmen?
- Kannibalismus, Aufmerksamkeitsoekonomie und Neosexualitaeten
Abgelegt unter: Psyche | 4 Kommentare »
Hermann Hesse hat in seinem Gedicht „Stufen“ das Wunder der Metamorphose beschrieben wie es schöner nicht sein kann. Ein Auszug daraus:
„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.
Wir sollten heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf‘ um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung zu sich entraffen.“
In Bezug auf das zitierte Lied noch eine kurze Anmerkung: Natürlich kann man auch alleine „gewinnen“! Nur aus der eigenen Kraft heraus wird man wirklich reüssieren – ganz besonders im Hinblick auf Veränderungen.
[…] brauchen ehemals übergewichtige Menschen, was macht die “vollständige Verwandlung” (Metamorphose) […]
[…] Alles verändert sich, sowieso […]
[…] vielleicht ein allseits überwiegendes Misstrauen. Misstrauen – Missmut- Unmut – Aversion? Alles verändert sich, sowieso, und es muss besser […]